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Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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wenn er dich in derart schäbigen Kleidern herumlaufen ...«
    »Nein«, entfuhr es Lottie unwillkürlich. »Das wäre ungerecht, denn er hat mir erlaubt, alles zu kaufen, was mein Herz begehrt.«
    »Dann lass mich dafür sorgen, dass dein Herz das Richtige begehrt, und gestatte mir, ein paar Sachen für dich auszusuchen«, versuchte Sophia sie zu überreden.
    Lottie nickte. Wahrscheinlich war sie ohnehin viel zu vorsichtig und musste lernen, anderen Menschen zu vertrauen. »Ich begebe mich in deine Hände«, meinte sie resigniert, »und werde tragen, was immer du für richtig hältst.«
    Sophia wirkte höchst zufrieden. »Ausgezeichnet!« Sie hob sich ein Buch mit Schnittmustern auf den Schoß und markierte die Seiten, die ihr besonders gefielen, mit kleinen Papierstreifen. Das Licht spielte in ihrem dunkelgoldenen Haar und brachte die weizenfarbenen und honigblonden Strähnen zum Leuchten. Sie war eine außergewöhnlich schöne Frau, die zarten, dabei aber klar geschnittenen Züge ein weibliches Pendant zu Nicks ausdrucksstarkem Gesicht. Ab und an warf sie Lottie einen abschätzenden Blick zu, nickte entweder oder schüttelte kurz den Kopf.
    Lottie saß ruhig da und trank von dem Tee, den ein Schneidergehilfe ihnen gebracht hatte. Draußen regnete es in Strömen, und der Nachmittag war grau und kalt,' doch das Zimmer, in dem sie sich befanden, war warm und behaglich. Überall lagen raffinierte weibliche Dinge verstreut: kostbare Spitze, Bänder aus Samt oder Seide und wunderhübsche künstliche Blumen, auf deren Blütenblättern Kristallperlen angebracht waren, um den Anschein von Tautropfen zu erwecken.
    Sophias Stimme schreckte Lottie aus ihren Träumereien auf. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie ich mich gefreut habe, als Nick schrieb, er würde heiraten.«
    Kritisch musterte Sophia zwei Stoffe, um zu sehen, wie sich das Licht in ihnen brach. »Sag, was an meinem Bruder hat dich zuerst angezogen?«
    »Er ist ein gut aussehender Mann«, sagte Lottie vorsichtig. »Mir entgingen natürlich seine Augen nicht, das dunkle Haar, und ... und er war außerdem sehr charmant und ...« Sie hielt inne und kehrte in Gedanken an das Kusstor nahe des Waldes zurück ... wie unendlich müde und trostbedürftig er gewirkt hatte. »Verlassen«, flüsterte sie kaum hörbar. »Ich fragte mich, wie solch ein außergewöhnlicher Mann der einsamste Mensch sein konnte, dem ich jemals begegnet war.«
    »Oh, Lottie«, meinte Sophia sanft. »Ich frage mich, wie du das in ihm sehen konntest, wo doch jeder ihn sonst für unverletzlich hält.« Sie lehnte sich vor und hielt Lottie kurz ein Stück bernsteinfarbene Seide ans Kinn, um den Farbton mit ihrem Teint abzustimmen. »Den größten Teil seines Lebens musste Nick ums Überleben kämpfen. Er war jung, als unsere Eltern starben ... und danach wurde er so rebellisch ...« Sie schüttelte rasch den Kopf, als wolle sie sich von dem plötzlichen Einbruch schmerzlicher Erinnerungen freimachen. »Und dann lief er weg, nach London, und ich hörte nichts mehr von ihm, bis ich eines Tages erfuhr, dass er wegen irgendeines kleinen Verbrechens verurteilt und auf eine Strafgaleere geschickt worden war. Ein paar Monate später wurde mir gesagt, dass er an Bord an einer Krankheit gestorben sei. Ich trauerte Jahre um ihn.«
    »Warum kam er nicht zu dir? Er hätte dir zumindest einen Brief senden können, um dir den unnötigen Kummer zu ersparen.«
    »Ich denke, er hat sich nach allem, was geschehen war, zu sehr geschämt. Er versuchte zu vergessen, dass John,
    Lord Sydney, je existiert hatte. Es war leichter, alles abzublocken und sich ein neues Leben als Nick Gentry aufzubauen.«
    »Nach allem, was geschehen war?«, fragte Lottie verwirrt. »Sprichst du von seiner Gefängnisstrafe?«
    Sophias dunkelblaue Augen sahen sie forschend an. Anscheinend kam sie zu dem Schluss, dass Lottie in etwas Bedeutsames nicht eingeweiht war, und wurde mit einem Mal vorsichtig. »Ja, seine Gefangenschaft«, meinte sie vage, und Lottie ahnte, dass Sophia ihren Bruder auf geheimnisvolle Weise schützte.
    »Wie hast du erfahren, dass er noch am Leben war?«
    »Ich kam nach London«, erwiderte Sophia, »um mich an dem Mann zu rächen, der ihn damals ins Gefängnis gebracht hatte und dem ich die Schuld für den Tod meines Bruders gab. Doch zu meiner Bestürzung musste ich bald feststellen, dass ich mich in den Mann verliebt hatte.«
    »Sir Ross?« Lottie starrte sie verblüfft an. »Kein Wunder, dass Nick ihn so ver...«

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