Im Zauber des Highlanders
wird das Gold durch den Spiegel reichen und gehen«, protestierte sie ängstlich. »Du sagtest, er würde sich erst auf die Suche nach dem Dunklen Buch konzentrieren, bevor er zurückkommt und den Keltar den Spiegel streitig macht. Das ist doch der springende Punkt, oder nicht? Wir gewinnen ein bisschen Zeit. Richtig?«
Er sah sie lange nachdenklich an. »Dennoch rate ich dir dringend, ständig auf der Hut zu sein, Mädchen. Jeden Augenblick«, betonte er noch einmal. »Pass auf dich auf. Bleib jede Sekunde wachsam. Du weißt nicht, was in der nächsten geschieht. Vergiss das nie. Sei auf alles vorbereitet. Auf alles.«
»Du machst mir Angst. Was denkst du ...«
»Pst, Mädchen«, schnitt er ihr das Wort ab. »Ich muss gehen. Es ist nicht mehr viel Zeit, und wir wollen nicht, dass er mich sieht. Er denkt, dass du auf eigene Faust handelst. Und er muss in dem Glauben bleiben. Aber fürchte dich nicht, ich bleibe ganz in deiner Nähe.«
Auf dem Korridor drehte er sich noch einmal zu ihr um. » Ständige Wachsamkeit, Mädchen«, zischte er.
Jessi schluckte. Sie spannte ihr Handgelenk an und spürte das Gewicht des Dolches. »Ständige Wachsamkeit, Dageus«, wiederholte sie. »Versprochen.«
Noch zwanzig Minuten bis Mitternacht.
Jessi schauderte, als sie durch den Flur eilte. Vor fünf Tagen, als sie Cian versprochen hatte, ihm nicht beim Sterben zuzusehen, war sie fest entschlossen gewesen, hatte jedoch nur wenig Hoffnung gehabt.
Doch später, in derselben Nacht, hatten sich die Umstände dramatisch verändert.
Nachdem der Spiegel Cian zurückgerufen hatte, war sie in die Bibliothek gelaufen, um mit Lucan Verbindung aufzunehmen. Sie saß am Computer und öffnete ihre Mail-Box. Kurz bevor sie eine von Lucans Mails anklickte, trat Dageus hinter dem Vorhang hervor und hielt ihre Hand fest. Er erzählte ihr, dass er schon mehrere Nächte in der Bibliothek ausgeharrt hatte und wusste, dass sie Mails von Trevayne bekam.
Sie sah ihn aus schreckgeweiteten Augen an und rechnete fest damit, in irgendein Verlies gezerrt und bestraft zu werden, aber er schockierte sie noch mehr, indem er sie fragte: »Wie sehr wünschst du dir, dass er am Leben bleibt, Mädchen?«
In der Überzeugung , dass sie jetzt ohnehin nichts mehr zu verlieren hatte, antwortete sie, ohne zu zaudern: »Ich würde alles dafür tun. Selbst wenn er mich hinterher hasst.«
»Er wird dich nicht hassen, Mädchen«, beteuerte Dageus. »Wenn überhaupt, dann wird er mich hassen.«
Darauf baute sie - nicht darauf, dass er Dageus hasste, sondern dass er ihr vergeben würde, wenn sie seinem Feind half, den Tribut zu entrichten, damit er am Leben bleiben konnte.
»Hast du nicht immer wieder gesagt, dass es keine Möglichkeit gibt, ihn zu retten? Warum willst du das tun?«, wollte sie von Dageus wissen.
»Warum willst du es tun?«, fragte er zurück.
»Weil ich glaube, dass es einen Weg gibt, ihn aus diesem Kerker zu befreien, dass wir nur noch ein wenig Zeit brauchen, um diesen Weg zu finden.«
»Ich glaube das auch, Mädchen«, erwiderte Dageus nach kurzem Schweigen.
»Wirklich?« Ihr Herz machte einen Satz und schlug mit einem Mal viel schneller.
Es war eine Sache, wenn sie daran glaubte - sie war verzweifelt genug, um sich an jeden Strohhalm zu klammern. Aber wenn ein Keltar-Druide es auch für möglich hielt, dann war es vielleicht doch machbar. Nein, dann bestand Gewissheit. Weder Drustan noch Dageus würden jemals ein Risiko eingehen und zulassen, dass Trevayne das Dunkle Buch in die Hände bekam. Wenn Dageus ihr jetzt half, dann musste das heißen, dass er überzeugt war, Cian befreien zu können, und zwar möglichst schnell nach der Zahlung des Tributs.
Es war nahezu unmöglich gewesen, ihre zuversichtliche Stimmung vor Cian zu verbergen, besonders heute, an dem Tag, der eigentlich ihr letzter sein sollte, aber es war ihr gelungen. Dageus hatte sie beschworen, mit absolut niemandem über ihr Vorhaben zu sprechen; er drohte sogar, ihr nicht zu helfen, wenn sie Cian nicht überzeugen konnte, dass sie fest an seinen nahen Tod glaubte. »Er denkt, dass dies der einzige Weg ist, Mädchen«, erklärte Dageus. »Ich fürchte, er wird Schwierigkeiten machen, wenn er den Verdacht hegt, dass wir ihn zurückhalten könnten.«
Es hatte sie schier umgebracht, ihm etwas vorzumachen - Gott sei Dank musste sie die Qualen nicht wirklich durchstehen! -, aber sie wollte nicht die einzige Chance, ihn zu retten, gefährden und spielte ihre Rolle deshalb sehr
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