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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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sich seine Lippen.
    Â»Nicht schlecht gespielt, Majestät!«, brach es aus ihm heraus. »Aber ich werde Euch das heimzahlen!«
    Er trat vor die Zinnen und blickte auf das wilde graue Meer hinaus. Wie konnte die Göttin das nur zulassen?, dachte er verzweifelt. Er merkte nicht, dass Kubichi dem Wächter ein Zeichen gab, sich zu entfernen. Schweigend trat sie an den Herrscher von Izumo heran. Susanoo rührte sich nicht; er starrte auf das Meer, ohne es zu sehen. Halb wahnsinnig vor Wut, stand er da und bebte am ganzen Körper. In seinem Kopf schrie es: Dein Schwert ist für dich unerreichbar! Es hat dich im Stich gelassen. Nun bist du ohne deine Waffe!
    Schlagartig klärte sich sein Geist. Er hörte die Schreie der Möwen, bemerkte den Geruch nach Algen und Salz, sah Kubichi neben sich stehen und konnte wieder überlegen. Das Sternenschwert hatte er Toyo anvertraut. Er wusste, sie hätte die Waffe mit ihrem Leben verteidigt. Wie war Iri vorgegangen? Hatte er Menschen dazu überredet, sie durch Bestechung und Drohungen dazu gezwungen, den Frevel zu begehen? Die Göttin sei mir gnädig!, dachte er. Ohne mein Schwert bin ich machtlos. Wie kann ich Izumo verteidigen und den Aiu-Utari zur Seite stehen? Iris Heer wird sie vernichten …
    Er zwang sich zur Vernunft. Er wusste, dass an Vergeltung vorläufig nicht zu denken war und dass ihm die Wahrheit vermutlich für immer verborgen bleiben würde. Wie es auch geschehen sein mochte, er hatte sein Schwert für alle Zeiten verloren …
    Mit rauer Stimme sagte er: »Das Sternenschwert ist seiner Macht beraubt. Der König ließ es im Meer versenken …«
    Sie starrte ihn an mit weit aufgerissenen Augen. Ihre Lippen öffneten sich: »Das Schwert hat meinen Vater getötet …«
    Ihre Worte trafen ihn mit vernichtender Härte, doch er las in ihren Gedanken. Für sie - wie für alle Aiu-Utari - war das Sternenschwert mit Unheil behaftet. Und so bewahrte er die Fassung, als sie mit fast triumphierender Stimme hinzufügte: »Seine Klingen sind mit Blut befleckt! Der Ozean wird sie reinwaschen!«
    Eine Weile schwieg er. Nichts in seinem Gesicht verriet, dass Kubichis offene Worte eine Kränkung für ihn bedeuteten. Er sah den Dunst aus dem Ozean aufsteigen und die Festung wie Wolken umhüllen. Einer Luftspiegelung gleich, tauchten die Bilder der Vergangenheit vor ihm auf, doch er verscheuchte sie. Ein tiefer Atemzug hob seine Brust.
    Er sprach: »Ich tötete deinen Vater im ehrenhaften Kampf …«
    Sie senkte den Kopf; der Zorn war von ihr gewichen. Als sie antwortete, klang ihre Stimme tonlos. »Ja, ich weiß. Ich habe ihn mit angesehen.«
    Er stand regungslos da und sein Blick streifte über ihr klares, stolzes Gesicht. Ihr Körper war ihm so nahe, dass ihre Wärme durch die dichten Fuchsfelle zu ihm drang.
    Leise fuhr sie fort: »Ich bin die Tochter des Porunnesipa, des Häuptlings aller Häuptlinge. Nur ich vermag die heiligen Bären, die Beschützer unseres Volkes, in den Kampf zu führen, darum durfte ich mein Leben nicht aufs Spiel setzen. So blieb ich der Schlacht fern. Aber ich sah, wie mein Vater sich opferte, um den Zauber des Sternenschwertes zu brechen. Ich sah, wie die Klinge ihn durchbohrte und sein Blut die Gräser färbte …« Sie ballte ihre kleinen Fäuste. »Damals hasste ich dich und wünschte, die heiligen Bären würden dich zerfleischen. Am Abend sandte ich meinen Bruder Karas aus, um die sterbliche Hülle meines Vaters zu holen. Der König lehnte unsere Forderung ab; du aber hast ihn gezwungen, uns den Leichnam zurückzugeben. Da spürte ich etwas Seltsames: Es war, als ob sich in meinem Herz etwas bewegte. Damals konnte ich mir diese Gefühle nicht erklären. Ich wusste noch nicht, was Liebe war …«
    Ihr ihm zugewandtes Gesicht reichte ihm kaum bis an die Brust; ihre Augen leuchteten wie goldene Spiegel. Für einen Augenblick verdrängte ihr schlichtes, aufwühlendes Bekenntnis die Schatten, die ihn verfolgten. Doch die Dunkelheit wollte nicht von ihm weichen.
    Â»Es ist mir«, sprach er betrübt, »als ob ein Teil von mir selbst auf dem Grund des Ozeans ruhte. Mir ist, als sähe ich mich über mich selbst gebeugt. Meine eigene Stimme befiehlt mir: ›Komm zu dir! Erheb dich!‹, aber ich kann ihr nicht folgen, die Schatten lassen mich nicht durch.«
    Er fuhr sich mit der Hand

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