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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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hielten das Kännchen, überzeugten sich, dass das Getränk die richtige Temperatur hatte, und füllten ihm dann das Schälchen, das er ihr unwillkürlich entgegenhielt.
    Â»Wie heißt du?«, fragte er mit rauer Stimme.
    Sie senkte die schimmernden Wimpern. »Mein Name ist Ama no Uzume.«
    Gebannt starrte er sie an. Sie blinzelte schelmisch und barg das Gesicht hinter ihrem spinnwebfeinen Ärmel. Hastig hob Karas das Schälchen und trank. Sein Blut kreiste schneller. Ein Schatten bewegte sich auf der Wand. Die Königin erhob sich. Verließ den Saal. Karas folgte ihr mit den Augen. Ihr purpurnes Gewand erlosch wie Glut in der Nacht.
    Â»Nun, Fürst der Aiu-Utari«, sagte die spöttische Stimme des Königs. »Wie gefallen dir unsere Damen?«
    Der Reiswein benebelte Karas’ Sinne. Röte überflog sein Gesicht. »Die Damen hier«, antwortete er schwerfällig, »sind schön und unerreichbar wie der Mond.«
    Iri ließ ein Kichern hören. »Schön wie der Mond lasse ich gelten. Aber unerreichbar … darüber ließe sich streiten.«
    Das Gelächter, das seine Worte hervorrief, rauschte in Karas’ Ohren. Wieder schenkte ihm Ama no Uzume von dem Getränk ein; wieder stürzte er den Alkohol hinunter. Er spürte, wie seine Zunge sich lockerte. Iri hörte für ihn auf, der allmächtige Herrscher zu sein, dessen Prunk und Überheblichkeit ihn erdrückten; er wurde zum wohlwollenden, gesprächigen Gastgeber.
    Â»Was kann ein Mann tun«, lallte Karas, »um eine dieser Frauen für sich zu gewinnen?«
    Iri lächelte amüsiert. »Unsere Damen sind wählerisch.
    Der Mann muss über gute Manieren verfügen, sich im Fechten und Bogenschießen auszeichnen. Er muss wortgewandt sein und die Dichtkunst beherrschen. Er muss den Reiswein zu genießen wissen, ohne in grobes Geschrei auszubrechen oder sich in Trunkenheit am Boden zu wälzen. Alles Weitere …«, er neigte sich huldvoll zu Karas hinüber, »… ich bin Sujin, Seine Allerhöchste Majestät, und sehe die Sonne über die Weite meines Landes aufsteigen und wieder versinken. Jedoch … was die Beziehungen zwischen Mann und Frau anbetrifft, da mische ich mich nicht ein. Das ist eine höchst persönliche Angelegenheit.«
    Karas verstand die Worte nur halb, doch er nickte überzeugt. Er trank mehr, immer mehr. Bald verlor er seine letzten Hemmungen und schüttete den Reiswein ganz unbekümmert in sich hinein. Auf dem Rücken war sein Überwurf schweißgetränkt. Seine Blicke trübten sich. Das weiße Antlitz der Hofdame schien in Nebel zu schweben, es kam und ging - lieblich wie eine schaukelnde Blüte in dunstiger Frühe. Dann verschwand die Vision; grenzenlose Schwärze sank auf ihn hernieder. Das Schälchen entglitt seinen Händen und zerbrach. Karas sackte rülpsend und lallend in sich zusammen. Schließlich stürzte er rücklings zu Boden und lag still. Schadenfrohes Gelächter ertönte von allen Seiten.
    Iri grinste höhnisch. »Für heute ist mit ihm nichts mehr anzufangen!«
    Ama no Uzume holte tief Luft. Sie verneigte sich und sprach mit einer Stimme, in der Lachen und Empörung gleichsam mitschwangen.
    Â»Majestät möge mir gestatten, eine Bitte auszusprechen …«
    Â»Nun?«
    Â»Dieser fürchterliche Gestank! Ich kann ihn kaum noch ertragen!« Sie wischte sich mit matter Hand den Schweiß von der Stirn. »Ich flehe Euch an, lasst das Bärenfell entfernen. Sonst könnte ich meine Selbstbeherrschung und … verzeiht, Majestät … meine Würde verlieren!«
    Iri starrte sie an. Dann brach er in schallendes Gelächter aus. Als er sich wieder gefasst hatte, winkte er einige Diener herbei. »Schafft mir das Fell da aus den Augen! Bringt den Wilden ins Badehaus und sorgt dafür, dass er gewaschen wird und seine Kleider wechselt.«
    Die Diener verneigten sich tief, und einer fragte, indem er seinen Ekel überwand: »Sollen wir den Pelz vernichten?«
    Iri überlegte kurz. »Nein. Die Wilden glauben, dass ihnen das Bärenfell magische Kräfte verleiht. Ich will unseren Gast zähmen und nicht gegen uns aufhetzen. Legt das Fell in sein Gemach und lüftet es jeden Tag aus.« Er ließ seinen amüsierten Blick in die Runde schweifen. »Im Falle dass er noch einmal in seiner Stammestracht vor mir erscheint, erwarte ich

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