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Im Zeichen der blauen Flamme

Titel: Im Zeichen der blauen Flamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Gewalt des Abschusses.
    Nachdem der Pfeil blitzartig vom Bogen abgeschwirrt war, verharrte Susanoo einen Augenblick in der Stellung, die er vor dem Abschuss eingenommen hatte, bis er nach langsamem Ausatmen wieder Luft holen musste.
    Dann erst ließ er die Arme sinken und trat zurück, während ein Diener auf die Strohwalze zulief, um den Pfeil herauszuziehen. Kubichi rührte sich nicht. Sie wusste, dass das Bogenschießen höchste Konzentration aller körperlichen und seelischen Kräfte erforderte. An seinem Blick merkte sie, dass Susanoo langsam wieder zu sich selbst fand, und trat aus dem Schatten der Pfosten. Er löste sein weißes Stirnband und schüttelte sein hüftlanges, dunkel glänzendes Haar. Die Kälte schien ihm nichts auszumachen: Er trug nur ein leichtes Übergewand und Beinkleider aus grob gewebter Seide.
    Kubichis Selbstbeherrschung täuschte ihn nicht: Er spürte sofort ihre heftige Erregung. Auf seinen fragenden Blick hin gab sie zur Antwort: »Ein Mann meines Volkes drang in die Festung ein. Er übermittelte mir eine Botschaft.«
    Susanoo runzelte die Brauen. »Die Wachen haben ihn durchgelassen?«
    Â»Der Mann kletterte die Mauer hinauf.«
    Susanoo starrte sie an. »Ohne von den Wachen bemerkt zu werden?«
    Sie hielt gelassen seinem Blick stand. »Die Kinder des Nordsterns kommen und gehen wie der Wind, weder Mauern noch Tore können sie aufhalten.«
    Susanoo ließ sie nicht aus den Augen. Plötzlich brach er in schallendes Gelächter aus und rief: »Ich werde die Wachen köpfen lassen!« Doch sie merkte, dass er scherzte. In knappen Worten berichtete sie ihm, was Wakarupa ihr mitgeteilt hatte.
    Susanoos Gesicht verfinsterte sich. »Seine sehr nervöse Majestät hat gewiss nichts Gutes im Sinn«, stimmte er Kubichi bei. »Das Ansinnen wurde geschickt ausgeklügelt. Die Aiu-Utari können eine Feldmaus in größerer Entfernung pfeifen hören als die Tungusen das Wiehern eines Pferdes, aber von Hofintrigen haben sie keine Ahnung. Seine Allerhöchste Majestät kennt keine Skrupel, wenn es ihm darum geht, seine Machtgier zu befriedigen.«
    Â»Die Köpfe der Aiu-Utari stecken voller Träume«, sagte Kubichi bitter. »Sie kennen weder Hinterlist noch Verrat.«
    Â»Ich glaube kaum«, meinte Susanoo, »dass Seine sehr eitle Majestät vorhat, Karas hinrichten oder in den Kerker sperren zu lassen. Er wird andere Pläne verfolgen …«
    Kubichis Augen glitzerten unter der blauen Tätowierung. »Ich werde Wakarupa den Auftrag geben, beim ersten Frühlingsvollmond den Rat der ›Ottena‹ 5 einzuberufen.Ich selbst werde dann zum Ikoma reiten und meinem Volk zur Seite stehen.«
    Er fühlte, wie er erschauerte, aber nicht vor Kälte. Eine plötzliche Angst schnürte ihm die Kehle zu. »Denk dabei an unser Kind«, sagte er mit rauer Stimme. »Die Reise könnte ihm schaden.«
    Jetzt war auf ihrer Wange ein Schatten, als lächelte sie. »Aber Herr!«, rief sie aus. »Ein Kind zu tragen, ist etwas ganz Natürliches für eine Frau. Ich bin nicht anders als sonst …« Dann wurden ihre Züge wieder ernst und stolz. »Ich bin die erstgeborene Tochter des ›Porunnesipa‹, des Häuptlings aller Häuptlinge. Meinem Bruder Karas wurde die Macht verliehen, unseren ›Kotan‹ zu leiten, aber er versteht nicht die Sprache der Bären. Wer kann die Gefahr bannen, wenn nicht ich?«
    Er fühlte, was sie ihm sagen wollte: Er hat nicht die Berufung dazu; und das machte ihn betroffen. Sie sah ihn an aus großen, ernsten Augen und er senkte als Erster den Blick. Er wusste, dass er ein Geschöpf der Wälder zu sich genommen hatte, und dass er dieses Geschöpf in der Festung, die durch achtfache Nebelwolken geschützt war, nicht gefangen halten konnte. Ihm kamen die uralten Worte eines »Norito« - eines Ritualgebetes - in den Sinn: »Der Atem des Windes wird die Wolken des Himmels auseinanderwehen, so wie die Morgennebel und die Abendnebel vom Morgenwind und Abendwind verweht werden, so wie ein großes Schiff, das im weiten Hafen liegt, seinen Bug frei macht, sein Heck frei macht und auf die hohe See hinaustreibt …«
    Und da er auch wusste, dass Liebe etwas Unmessbares ist und dass der Mensch, der einmal über die Grenzen stößt, niemals zurückkann, bezwang er den stechenden Schmerz in seiner Brust. Er

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