Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Im Zeichen des Löwen: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
Vom Netzwerk:
befreundet?«
    Benjamin Grinde setzte sich anders hin und legte das linke Bein über das rechte.
    »Nein, das kann ich wirklich nicht behaupten. Im Laufe der Jahre hatten wir nur ganz sporadischen Kontakt. Das hat sich so ergeben, könnte man sagen, weil unsere Eltern weiterhin Nachbarn waren, auch als wir beide schon längst von zu Hause ausgezogen waren. Nein. Ich würde nicht sagen, daß wir befreundet sind. Befreundet waren, meine ich.«
    »Aber Sie duzen sich?«
    Grinde lächelte kurz.
    »Wenn man sich schon als Kinder gekannt hat, wirkt es doch etwas krampfhaft, auf das Sie umzusteigen. Auch wenn man zwischendurch den Kontakt verloren hat. Oder geht es Ihnen da anders?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Gut. Sie wollen wissen, warum ich bei ihr war. Das steht sicher in ihrem Terminkalender. Vielleicht kann auch ihre Sekretärin das bestätigen. Ich wollte über die Notwendigkeit sprechen, die Kommission, der ich vorstehe, mit zusätzlichen Mitteln auszustatten. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission.«
    »Die Grinde-Kommission, natürlich«, sagte Billy T. und legte abermals die Füße auf den Tisch.
    Benjamin Grinde starrte die Stiefelspitzen des Riesen auf der anderen Schreibtischseite an und fragte sich, ob hier ein Polizist seine Macht vorführen wollte, da er endlich einen der höchsten Richter des Landes in seiner Hand hatte.
    Billy T. lächelte. Seine Augen waren so intensiv eisblau wie die eines Husky, und der Richter schlug seine nieder und betrachtete seine Knie.
    »Halten Sie meine Füße bitte nicht für den Ausdruck mangelnden Respekts«, sagte Billy T. und schwenkte seine stahlbeschlagenen Stiefelspitzen. »Es ist einfach unbequem, wenn man lange Beine hat. Schauen Sie! Unter dem Tisch ist einfach nicht genug Platz.«
    Er führte das ausführlich vor und legte die Füße dann wieder auf den Tisch.
    »Sie wollten also über … zusätzliche Mittel sprechen?«
    Grinde nickte.
    »Warum haben Sie sich denn nicht an die Gesundheitsministerin gewandt? Wäre das nicht näherliegend gewesen?«
    Der Richter hob den Blick.
    »Im Grunde schon. Aber ich wußte, daß Birgitte unserer Arbeit ganz besonderes Interesse entgegenbrachte. Außerdem … außerdem wollte ich die Gelegenheit wahrnehmen, sie zu treffen. Wir hatten seit vielen Jahren nicht mehr miteinander gesprochen. Ich wollte ihr gratulieren. Zum neuen Job, meine ich.«
    »Warum wollten Sie mit Frau Volter darüber sprechen, daß Sie für Ihr Komitee mehr Geld brauchen?«
    »Kommission.«
    »Ist doch egal. Warum?«
    »Die Arbeit wird viel mehr Zeit in Anspruch nehmen, als wir anfangs angenommen hatten. Wir müssen ausführliche Gespräche mit fünfhundert Elternpaaren führen, die im Jahre 1965 ihr Baby verloren haben. Das ist eine ziemliche Arbeit. Und wir müssen … auch im Ausland müssen einige Untersuchungen angestellt werden.«
    Er schaute sich um, und sein Blick ruhte auf dem Fenster, das plötzlich vom pulsierenden Blaulicht eines Streifenwagens getroffen wurde. Dann erlosch das Licht wieder.
    »Wie lange waren Sie bei ihr?«
    Der Richter überlegte und starrte seine Armbanduhr an, als könne diese die Antwort wissen.
    »Schwer zu sagen. Ich nehme an, eine halbe Stunde. Ich war um Viertel vor fünf bei ihr. Nein, es war wohl ziemlich genau eine Dreiviertelstunde. Bis halb sechs. Dann bin ich gegangen. Das weiß ich, weil ich überlegt habe, ob ich eine bestimmte Straßenbahn erwischen könnte oder ob ich mir lieber ein Taxi nehmen sollte. Eine Dreiviertelstunde.«
    »Na gut.«
    Billy T. sprang auf.
    »Kaffee? Tee? Cola? Zigarette?«
    »Eine Tasse Kaffee, bitte. Nein, ich rauche nicht.«
    Billy T. ging zur Tür und öffnete sie. Leise sprach er mit einer Person, die offenbar direkt vor der Tür gestanden hatte. Dann schloß er die Tür und setzte sich wieder, diesmal auf die Fensterbank. Der Richter verspürte eine beginnende Gereiztheit.
    Es mochte noch angehen, daß dieser Mann sich den Kopf glattrasiert hatte und Jeans trug, deren beste Zeiten schon längst vorüber waren. Auch die beschlagenen Stiefel hätte er zur Not hinnehmen können, es war sicher schwer, für diese riesigen Füße das passende Schuhwerk zu finden. Das Petruskreuz jedoch war die pure Provokation, vor allem heutzutage, wo Rechtsextremisten und Satanisten fast täglich neue Verbrechen begingen. Und es mußte diesem Mann doch wohl möglich sein, während eines Verhörs ruhig sitzen zu bleiben.
    »Tut mir leid, wenn Sie finden, daß ich wie ein Nazischwein aussehe«,

Weitere Kostenlose Bücher