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Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition)

Titel: Im Zeichen des weißen Delfins (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Lewis
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zieht einen weißen Umschlag hervor und hält ihn in der Hand. »Auf dem Memorystick war noch etwas«, sagt er. »Dad hat’s sich angesehen und mit ein paar Leuten Kontakt aufgenommen.«
    »Was, Felix?«
    Felix steht vor mir und drückt mir den Umschlag in die Hand. »Versteck das. Mein Dad darf das nicht mitbekommen.«
    Mein Herz pocht heftig. »Warum hast du mir das nicht früher gesagt?«
    »Vielleicht kann es dir ja helfen zu verstehen. Nichts weiter.«
    Der Wagen hält neben uns an und Mr Andersen steigt aus. »Kommt schon, ihr zwei.«
    Ich stecke den Umschlag unter den Pulli und schlüpfe neben Felix auf den Rücksitz. »Was zu verstehen?«, flüstere ich.
    Felix’ Dad dreht sich um. »Worüber sprecht ihr beiden denn?«, fragt er.
    »Nichts Besonderes«, sagt Felix, zieht die Stirn in Falten und wendet sich ab.
    Schweigend sitzen wir nebeneinander, während der Wagen über den ausgefahrenen Feldweg holpert. Den Umschlag halte ich fest gegen die Brust gedrückt.
    Da ist was drin, das mit Mum zu tun hat.
    Vielleicht etwas, das Aufschluss darüber gibt, wo sie sich befindet.

Kapitel 34
    Zum hundertsten Mal starre ich auf das Foto. Der Schock, Mum darauf zu sehen, erschüttert mich aufs Neue. Sie ist neben ihrer Tauchausrüstung in die Hocke gegangen, das Haar hat sie sich hinter die Ohren gestreift und ihr Gesichtsausdruck ist hoch konzentriert. Ich habe sie schon dabei beobachtet, wie sie ihre Ausrüstung überprüft und im Kopf noch einmal die Liste mit den Sicherheitschecks durchgeht. Zwecklos, in einer solchen Situation mit ihr einfach so zu reden. Wenn sie sich in die Details ihrer Arbeit vertieft hat, dann kann sie die Welt um sich herum völlig ausblenden. Im Hintergrund reihen sich Palmen um einen unbekannten Hafen. Das Heck eines Containerschiffs füllt die linke Seite des Fotos aus und auf der rechten Seite sieht man geschäftiges Hafenleben, mit Schiffen und Kränen an den Kais, die sich bis zum Bildhorizont hin ausdehnen. Neben Mum stapeln sich Rucksäcke und Kisten. Ihr Rucksack ist auch dabei. Die Schatten sind lang und dunkel, also muss es früher Morgen sein oder später Abend – das kann ich nicht sagen. Fast bilde ich mir ein, sie würde den Kopf zur Seite drehen, um mich anzuschauen.
    »Kara!«
    Ich stopfe das Foto wieder unter mein Kissen. Die ganze Nacht habe ich auf dem Bild geschlafen. Ich will nicht, dass das irgendjemand erfährt. Ich bin den Morgen über in Daisys Zimmer geblieben und habe mich vor Tante Bev versteckt. Wie eine Wahnsinnige hat sie das Haus geputzt, die Schränke ausgeräumt und alle Betttücher ausgewechselt.
    »Kara!« Tante Bev ruft noch einmal. »Felix ist hier. Er will wissen, ob du zur Regatta gehst.«
    Ich steige die Treppe hinunter zur Küche. Aus dem Wohnzimmer plärren Zeichentrickfilme. Wahrscheinlich will auch Daisy ihrer Mutter aus dem Weg gehen.
    Tante Bev stützt sich, Schweißperlen auf der Stirn, auf den Schrubber. Alle Oberflächen sind abgeräumt und ordentlich sauber gemacht. Der Herd funkelt und glänzt. Sogar die Fenster sind gewienert.
    Auf Zehenspitzen schleiche ich über den sauberen Boden zu Felix, der auf der Fußmatte wartet, und ziehe ihn in den Hausflur. »Ich hätte nicht gedacht, dass du zur Regatta gehst«, sage ich. »Hast du nicht gehört, dass das Rennen wegen Sturmwarnung abgesagt wurde?«
    Felix zuckt mit den Schultern. »Ich weiß, aber ich dachte, ich schau mal, was in der Stadt los ist. Willst du mit?«
    Ich nicke. »Ich zieh mir nur die Schuhe an.«
    Tante Bev lehnt im Türrahmen und beobachtet mich. Sie streckt sich und reibt sich das Kreuz. »Nimm Daisy mit, Kara. Ich hab heut zu viel zu tun.« Sie holt etwas Geld ausder Büchse auf der Mikrowelle. »Hier sind zehn Pfund für einen Hotdog für jeden.«
    Ich stopfe das Geld in meine Tasche und wir gehen die Küstenstraße entlang. Daisy rennt voraus und scheucht Möwen auf.
    »Hast du’s angeschaut?«, fragt Felix.
    Ich nicke.
    »Das Foto wurde in Honiara gemacht«, sagt er, »das ist eine Hafenstadt auf der Salomon-Insel Guadalcanal. Es wurde kurz vor Sonnenuntergang aufgenommen, am Abend, an dem deine Mutter verschwunden ist.«
    Eine Weile gehen wir schweigend nebeneinanderher. Ich bin froh, dass mir Felix die Tatsachen ohne Umschweife mitteilt.
    »Wie bist du an das Bild gekommen?«, frage ich.
    »Auf dem Memorystick war ein Ordner mit dem Namen ›Honiara‹. Und darin lagen Adressenlisten von Hotels, Autovermietungen und Tauchzentren. Ein Kollege von Dad, der dort

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