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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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Gegenteil eines Beachboys. Ich glaube, er ging nie schwimmen.
    »Ich muss noch meinen Bikini anziehen!« Lucy kletterte schnell in den Bus und zog die Tür hinter sich zu.
    Wir übrigen folgten Viktor.
    Ich ließ meine Kleidung im Sand liegen und rannte Betty hinterher, die schon bis zu den Knien im Wasser stand. Kleine Muschelreste piekten mich in die Fußsohlen, der Wind war noch frischer, als ich befürchtet hatte, und ich spürte, wie die Härchen auf meinen Armen sich aufstellten, und ich fröstelte. Das Wasser war kalt und wild, es spülte den Sand unter meinen Füßen weg, und ich konnte gar nicht anders, als kopfüber hineinzufallen. Ein kleiner Schrei entfuhr mir, und für einen Moment bekam ich keine Luft, so sehr war mein Körper damit beschäftigt, sich gegen die plötzliche Kälte zu wappnen.
    »Alles okay?«, fragte Karol, der plötzlich neben mir stand und mir eine Hand reichte, um mir beim Aufstehen zu helfen.
    Ich nahm sie nicht, ich rappelte mich selbst auf. »Ja, alles okay«, antwortete ich reservierter als gewollt und bemerkte, dass ich ihn nicht mochte, obwohl er mir nichts getan hatte. Aber ich fühlte mich wie Hannes’ Stellvertreter. Ich fühlte mich, als hätte Karol mir die Freundin ausgespannt. Ich fand ihn scheiße. »Betty?«, rief ich und sah mich um. Sie stand einige Meter entfernt bis zur Brust im Wasser und sprang mit jeder Welle, die auf sie zubrauste. »Betty!«
    Sie drehte sich zu mir um, griff in derselben Bewegung ihre Dreads, wrang sie ein bisschen aus und rief: »Das ist Urlaub, Schätzelein!« Die nächste Welle war stärker als sie und riss sie um.

10
    Der Teil, in dem Dinge ans Licht kommen
    DAPHNES MIXTAPE
    Belle & Sebastian – Ease Your Feet In The Sea
    »Hey! Wo bist du?«
    »Biarritz.« Die Sonne war untergegangen. Ich saß auf der Kaimauer und blickte auf das dunkle Meer und den leeren Strand. Auf dem Hügel hinter mir leuchteten die Lichter der Stadt. Meine Haare klebten vom Salzwasser, trotzdem fühlte ich mich auf eine besondere Art und Weise sauber. »Wir waren heute zum ersten Mal schwimmen.«
    »Und? War’s schön?«
    »Es war kalt. Aber ja. Schön.« Ich hatte Richard gegenüber ein schlechtes Gewissen, deswegen hatte ich ihn angerufen. Er war in Hamburg und dachte, alles wäre wie immer. Und auch, wenn es das nicht war, nicht für mich, hatte ich das Gefühl, ihn in dem Glauben lassen zu müssen. Eine Blase der Normalität schaffen. Er konnte ja sowieso nichts machen. Nichts besser. Nichts anders. »Und bei euch so?«
    »Alles wie immer.« Das war die Blase. »Wetter ist gut, Hannes hat sich ein bisschen gefangen.«
    »Hat er?«
    »Sollte er nicht?«
    »Richard, kann ich dir etwas erzählen, ohne dass du es Hannes weitersagst?«
    »Ich kann es mir schon denken …«
    »Wir haben vor drei Tagen diese Anhalter mitgenommen. Ich war von Anfang an dagegen, aber du kennst ja Betty.«
    »Und?«
    »Na ja, zwischen Lucy und dem einen, Karol heißt der, hat es wohl irgendwie gefunkt. Ich finde das alles sehr seltsam, der ist gerade mal neunzehn oder so, aber Lucy ist anscheinend total verknallt in ihn. Vorhin haben sie sich sogar geküsst, und jetzt sitzen sie da, am Strand und halten Händchen, ich weiß auch nicht …«
    Richard atmete am anderen Ende der Leitung schnaufend aus. »Das werde ich Hannes auf gar keinen Fall erzählen, der springt aus dem Fenster.«
    »So schlimm?«
    »Ja.«
    »Ich dachte, er hätte sich wieder gefangen?«
    »Daphne, in Hannes-Schritten bedeutet das, dass er zwischendurch auch mal die Wohnzimmervorhänge aufzieht und Tageslicht auf seine trauerumflorte Seele scheinen lässt.« Richard klang genervt, als würde er mir insgeheim vorwerfen, ihn mit unserem depressiven Freund zurückgelassen zu haben, während ich in den Urlaub fuhr. Aber das war ja keine Absicht gewesen. Sondern eine Aneinanderreihung von unglücklichen Umständen.
    »Musst du mich deswegen so anmachen?«, fragte ich und merkte, dass ich selbst meinen Ton auch nicht gut unter Kontrolle hatte. »Es tut mir ja leid, dass ich das nicht wusste, aber woher sollte ich auch. Ich bin ja nicht da.«
    Am anderen Ende der Leitung produzierte Richard ein zynisches Lachen. »Richtig. Gut für dich, was?«
    »Mann, was soll denn das?« Ich wollte mich nicht schon wieder am Telefon mit ihm in die Haare kriegen. Das war nicht nur nervig, langsam wurde es auch peinlich. Der genervte Seufzer kam wie von selbst. »Ich hab keine Lust auf Streit.«
    »Ich auch nicht. Aber ich bin ziemlich

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