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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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in der Ecke neben dem Fenster gemütlich, indem ich meinen Kapuzenpulli zu seiner Rolle eindrehte und mir in den Nacken legte.
    »Dazu kann ich nichts sagen. Ich weiß ja noch gar nicht, wie die schmecken.«
    »Du willst wirklich Meerschweinchen essen?« Lucy machte ein entsetztes Gesicht. »Kleine, süße Meerschweinchen?«
    »Klaro.« Betty blies entspannt eine Rauchwolke aus.
    »Kleine, süße, flauschige Meerschweinchen?«
    »Ja, Lucinda.«
    »O Gott! Wie grausam!«
    »Das sagst du jetzt. Aber vielleicht ist es ja wichtig, dass ein Teil der Meerschweinchen gegessen wird. Für das Gleichgewicht, weißt du? Vielleicht würden sie sonst immer mehr und mehr werden und irgendwann die Weltherrschaft an sich reißen und die Menschen unterdrücken.« Betty zog an ihrer Zigarette und sah nachdenklich einem kleinen Rauchschwaden hinterher. »Wenn ich es mir genauer überlege, könnte das vielleicht die Rettung für unseren Planeten sein …«
    »Was wollen wir denn mit diesem angebrochenen Abend anfangen?«, versuchte ich einen Themenwechsel – Weltrettung durch Meerschweinchen, das war mir zu komplex und mein Magen für eine Diskussion darüber zu voll. Aus demselben Grund hatte ich auch keine große Lust, den Bus an diesem Abend noch einmal zu verlassen. Am liebsten wollte ich zum Klang der Wellen einschlafen, und das schnell, und ich hoffte, die anderen wären mit mir einer Meinung. Der Tag saß mir in den Knochen.
    Lucy lächelte schon wieder und betrachtete schüchtern ihre Hände in ihrem Schoß. »Ich hoffe, Karol kommt bald wieder.«
    »Langweilig!«, verkündete Betty und rappelte sich auf. Ein bisschen Asche fiel von der Spitze ihrer Zigarette. »Ich bin dafür, dass wir dieser Männerproblematik auf den Grund gehen. Ich glaube, wir hätten alle mehr Spaß, wenn wir das aus der Welt schaffen.«
    »Wenn wir was aus der Welt schaffen?«
    »Eure Fixination auf die Kerle. Auf Richard. Und Hannes …«
    »Ich bin nicht fixiert auf Hannes.« Lucy verzog ihren Mund zu einem Schmollen.
    Betty machte: »Ha!«
    »Abgesehen davon heißt es Fixierung.« Mein grammatikalisches Ablenkungsmanöver verpuffte in der frischen Abendluft der Biskaya.
    »Ich weiß, Schätzelein. Fixination ist eine Wortmischung aus Fixierung und Faszination. Cool, oder?«
    »Auf jeden Fall effizient.«
    »Es ist doch nun mal so: Wir sind hier im Urlaub. Wir fahren in den Süden. Wir übernachten direkt am Meer. Wir sind frei. Wir sollten Spaß haben. Und was macht ihr? Ihr jammert. Die ganze Zeit. Wegen irgendwelcher Männer.«
    »Also, ich jammer nicht!« Kaum war der Satz draußen, fiel Lucy offenbar die vergangene Nacht neben der Wanderdüne ein, und sie wurde still.
    »Merkste selber, nä?«
    »Ja.«
    »Gut.« Betty drückte die Zigarette auf ihrem leeren Teller aus. »Ihr geht mir auf die Nerven. Ich versteh einfach nicht, wie man einem Mann so viel Platz in seinem Leben einräumen kann, dass er einem den Spaß auch dann noch verdirbt, wenn er zweitausend Kilometer weit weg ist.«
    »Echt? Zweitausend Kilometer? So weit sind wir schon gefahren?«
    »Fast, Lucy.«
    »Wow.«
    »Es kommt mir vor, als wäre das alles, worum es euch geht. In eurem ganzen Leben. Männer, Beziehungen … Seid ihr wirklich so leer?«
    »Ich bin nicht leer. Ich hab eine Familienration Nudeln mit Speck in mir drin.« Ich rieb über meinen runden Bauch und wartete, dass Betty auf den Witz einstieg. Tat sie aber nicht, und ich dachte: Gut, wenn sie reden will, dann reden wir eben. Das war schließlich schon immer mein Spezialgebiet. »Dir geht es doch auch immer nur um Männer und Sex, Betty.«
    »Das ist was anderes. Sex ist zu meinem Vergnügen da. Da geht es um mich.«
    »Und dass meine Beziehung mit Richard gut läuft ist zu meinem Vergnügen da. Die ist mir mindestens so wichtig wie dir Sex. Und die hat mich schon beschäftigt, bevor ich losgefahren bin, das weißt du.«
    »Aber deswegen macht man doch Urlaub. Um mal wegzukommen von all dem.«
    »Davon kommt man nicht einfach so weg. Oder«, ich hob den Zeigefinger, »eben nur dann, wenn einem das alles nicht mehr wichtig ist. Aber dann ist die Sache eh klar. Dann ist da auch keine Liebe mehr und nichts …«
    »Aha!«
    Ich warf Betty einen irritierten Blick zu. »Was, aha?«
    »Vorhin hast du noch gesagt, du glaubst, dass du Richard nicht mehr liebst, und jetzt gibst du zu, dass du dir nur deswegen so ’nen Kopf machst, weil du ihn noch liebst.«
    »Das stimmt«, pflichtete Lucy ihr bei, froh fürs Erste aus der

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