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Im Zweifel suedwaerts

Im Zweifel suedwaerts

Titel: Im Zweifel suedwaerts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Fischer
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fertig, viel zu tun bei der Arbeit …«
    Ja, ja, die Arbeit, dachte ich.
    »… und irgendwie ist es im Moment nicht wirklich erheiternd, Hannes um sich zu haben.«
    »Dann lass uns über etwas anderes reden, wenn das Hannes-Thema dich nervt. Ich muss auch nicht unbedingt über Hannes reden. Ich mach mir Sorgen um ihn, ja, aber ich telefonier ja nicht nur mit dir, um zu hören, wie es ihm geht.«
    Hätten wir uns also etwas anderes zu erzählen gehabt, wäre dies der perfekte Zeitpunkt gewesen. Aber wir schwiegen beide.
    Das Meer rauschte, die Leitung rauschte, in meinem Kopf rauschte es, während ich angestrengt nachdachte, mir aber einfach nichts einfiel, worüber ich mit Richard reden konnte. Oder wollte. Währenddessen kam aber auch von ihm nichts.
    »Tja. Sieht so aus, als hätten wir uns nichts zu sagen«, stellte er irgendwann trocken fest. In meinen Ohren klang das bloß wie ein weiterer Vorwurf. Als hätte ich versagt und nicht wir .
    Als Richard damals in New York lebte, hatte ich jeden Abend seinem Anruf entgegengefiebert. Manchmal telefonierten wir stundenlang. Ich wusste nicht mehr, womit wir all diese Stunden gefüllt hatten, mit welchen Themen, mit welchen Worten. Sonst hätte ich jetzt ein paar davon einfach wieder aufwärmen können. Wie einen Eintopf, der schmeckte ja auch immer besser, je öfter man das tat. Aber nichts, mein Kopf war leer. Streiten oder Schweigen, das waren jetzt, zwei Jahre später, die Optionen.
    »Was siehst du gerade?«, fragte er, und er bemühte sich hörbar, versöhnlich zu klingen.
    »Nicht viel«, antwortete ich, »es ist dunkel. Das Meer.«
    »Na gut«, sagte Richard schließlich. »Na dann.«
    »Tut mir leid.«
    »Ist in Ordnung.«
    Eben nicht. »Grüß Hannes von mir.«
    »Okay.« Er wartete.
    Ich wartete auch. Von ihm kam nichts mehr. »Ich liebe dich?« Ich ließ es wie eine Frage klingen, weil ich nicht lügen wollte.
    »Ja«, sagte Richard müde.
    Jeder Mensch hat etwas, das ihn aufheitert, wenn es ihm nicht gut geht, und das, wenn alles perfekt ist, das Leben noch schöner macht. Für Betty waren das dicke Nudeln mit Speck und Ei. Und genau die bereitete sie gerade auf dem kleinen Gasherd in unserem Bus zu. Es brutzelte und roch gut, selbst durch die geschlossene Schiebetür hindurch. Ich erhob mich von der Mauer, ging barfuß über den noch warmen Asphalt des Parkplatzes und zog am Türhebel.
    »Oh, wie hübsch!« Ich war ehrlich begeistert, aber ich merkte, ich klang traurig.
    Sie hatte den kleinen Klapptisch unter dem Fenster mit einem karierten Geschirrtuch, drei Tellern, Besteck und einer Kerze gedeckt, die in der Zugluft flackerte, und rührte mit einem Holzlöffel in der überladenen Pfanne. »Ist gleich fertig, du kannst Lucinda Bescheid sagen.« Eine Nudel fiel über den Rand, und sie nahm sie mit zwei Fingern, pustete drauf und steckte sie sich in den Mund.
    »Die sitzt mit Karol am Strand.« Meine Finger suchten unbewusst den Mückenstich an meinem Bein und kratzten daran herum.
    »Der kann ja mitessen, wir haben genug für alle.«
    Ich warf das Handy auf die Sitzbank, »Ich frag mal«, und ging zum Strand. Auf halbem Weg kam mir Lucy entgegen. Allein. »Wo ist Karol?«
    Sie zog sich ihre Strickjacke enger um den Körper. »Mit Viktor losgegangen.« Sie klang äußerst enttäuscht. »Er fühlt sich sonst vernachlässigt, sagt Karol.« Ihr war deutlich anzumerken, dass jetzt sie diejenige war, die sich vernachlässigt fühlte. Es war eben nicht leicht, seine Aufmerksamkeit gerecht aufzuteilen, besonders wenn man es mit einem so einnehmenden Menschen wie Lucy zu tun hatte. Sie war wie ein Kind. Sie hielt sich für das Zentrum der Welt und ging einfach davon aus, ihr stünde zu, dass jeder so viel Zeit mit ihr verbrachte, wie sie es wollte. Hannes hatte sich immer dementsprechend verhalten. Aber das erwähnte ich nicht. Stattdessen legte ich ihr einen Arm um die Schulter und schob sie zum Bus. »Betty hat Nudeln mit Speck gemacht, und wir möchten unbedingt mit dir zusammen essen. Weil wir uns nämlich auch ein bisschen vernachlässigt fühlen.«
    Nachdem gefühlte vier Tonnen Abendessen ihren Weg in unsere Mägen gefunden hatten, war die Kerze zur Hälfte heruntergebrannt, und Betty legte sich zufrieden schnaufend auf den Boden des Busses und zündete sich eine Zigarette an. »Wenn es nur eine Sache auf der Welt gäbe, die ich essen dürfte, dann sollten es Nudeln mit Speck sein.«
    »Was ist mit dem Meerschweinchen-Menü?«, fragte ich und machte es mir

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