Im Zwielicht der Gefühle (German Edition)
nach Atem ringend die Anhöhe erreichte, musste sie das Unfassbare mit ansehen: Malvens Pfeil löste sich vom Bogen und bohrte sich mitten in Ranulfs Brust.
„Nein!!“, schrie Valandra gellend auf. Ihr Herz wollte vor Qual zerbersten, als sie Ranulf wanken sah. Er fiel auf die Knie, und sie stürzte an seine Seite und schlang die Arme um ihn. Bittere Tränen versengten ihre Kehle.
„Du darfst nicht sterben! Bitte, verlass mich nicht“, flehte sie ihn schluchzend an. „Bleib bei mir!“
Sie hielt Ranulf fest umfangen, wiegte ihn und ergab sich in ihren Schmerz. „Ich flehe dich an, bleib bei mir“, flüsterte sie wieder und wieder in sein Haar. „Ich liebe dich doch so sehr.“
Es dauerte lange, bis Valandra erkannte, dass es Ranulfs Arme waren, die sich tröstend um sie schlangen. Starke, warme Arme. Sie hingen nicht schlaff und leblos an ihm hinunter, sonder hielten sie fest und pressten sie eng an seinen Körper.
„Ranulf?“, flüsterte sie hoffnungsvoll. Sie löste sich zögernd von ihm und blickte geradewegs in die unendlich vertrauten blauen Augen. Auch in ihnen las sie Verwirrung und Staunen.
„Aber wie ist das möglich?“, flüsterte Valandra atemlos.
Ranulf blickte fassungslos auf seine Brust hinunter. Er konnte es selbst nicht verstehen. Er hatte den tödlichen Pfeil gespürt. Der schmerzhafte Aufprall hatte ihm den Atem geraubt und ihn in die Knie gezwungen. Weshalb war er dann nicht tot? Plötzlich erhellte ein verstehendes Lächeln sein Gesicht, und er hielt Valandra das Amulett entgegen. Genau in der Mitte steckte die abgebrochene Pfeilspitze.
„Das Amulett hat dir das Leben gerettet“, rief Valandra glücklich und schlang die Arme um seinen Hals. „Die Legende ist also tatsächlich wahr!“
Doch nicht nur dem Schmuckstück verdankte er sein Leben.
Ranulf blickte voller Dankbarkeit zu seinem alten Freund auf und erwiderte dessen Lächeln.
„Es ist an der Zeit, Lebewohl zu sagen“, verkündete Malven und hängte sich den Bogen um die Schultern. „Mein Auftrag ist hier erfüllt. Ich wünsche dir ein langes und erfülltes Leben, mein Freund.“
Ranulf erhob sich wankend. Er wollte Malven noch so vieles sagen, doch als er die tiefe Erleichterung und den Frieden in dessen Gesicht gewahrte, wusste er, dass es keiner Worte mehr bedurfte. Ranulf zog Valandra fest in seine Arme und nickte ihm zu. „Wohin wirst du nun gehen?“
Malven zuckte mit den Schultern. „Wie ich hörte, belagern meine Brüder eine Burg auf Zypern. Vermutlich werde ich mich ihnen anschließen, bis ich weiß, wie der Großmeister zu bestrafen ist.“
Er hob die Hand zum Abschied und verschwand zwischen den Bäumen. Ranulf und Valandra blickten ihm voller Dankbarkeit nach.
„Wer war das?“, erkundigte sich Lord Lamont zutiefst verwirrt. Was hier gerade geschehen war, überstieg seinen Verstand. Er war seiner Tochter nachgeeilt und hatte die Szene fassungslos mit ansehen müssen, und nun verstand er gar nichts mehr.
Ranulf und Valandra sahen sich tief in die Augen.
„Ein Freund“, sagten sie gleichzeitig.
„Er war ein Freund“, wiederholte Ranulf heiser.
Liebe und Ehrfurcht standen in sein Gesicht geschrieben, als er auf die Frau in seinen Armen niederblickte. Er fühlte sich wie neu geboren. Endlich konnte ihr gemeinsames Leben beginnen. Ein Leben in Liebe und tiefer Verbundenheit. Ranulf küsste Valandra zärtlich auf die Lippen und führte sie zu ihrem Vater. „Ich möchte Euch um die Hand Eurer Tochter bitten, Mylord.“
James Lamont sah die Liebe in ihren Augen, und sein altes Herz bebte vor Glück und Zufriedenheit. Bevor er sich jedoch die Blöße gab und eine sentimentale Träne vergoss, schlug er Ranulf freundlich auf die Schulter.
„Eigentlich, mein Junge, habe ich bei meiner Rückkehr mit der Nachricht von einem Enkelkind gerechnet. Ich war mir sicher, ihr wärt längst verheiratet.“
Auf Ranulfs verwirrten Gesichtsausdruck hin lachte Lord Lamont schalkhaft auf.
„Himmel, aus welchem Grund hätte ich dich sonst hierher schicken sollen? Ich habe dich in Ägypten gesehen und gleich gewusst, dass du Valandras Herz im Sturm erobern würdest.“
„Du hast es gewusst“, lachte Valandra erstaunt.
Lord Lamont grinste die beiden breit an. „Natürlich, ich kenne doch meine Tochter.“
Ranulf zog Valandra fest in seine Arme und verschloss ihre Lippen mit einem glühenden Kuss. Die Zärtlichkeit in seinen Augen brachte ihre Seele zum Singen, als er fragte: „Habe ich dir jemals
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