Im Zwiespalt der Gefuehle
allein zu Yaine zu reiten. «
»Er ist tapfer, wenn er allein geht — aber ich benehme mich närrisch«, murrte Rowan und ging weg, um nach den Fearen zu schauen.
Jura lächelte ihm nach. Sie mochte es, wenn er eifersüchtig war. Trotz all seiner Fehler — ihr englischer Ehemann hatte eine Art an sich, daß sie sich… nun, wundervoll fühlte. Nicht daß Schönheit von Nutzen war… Aber es war ein herrliches Gefühl.
Einer der Fearen begann sich zu regen und rieb seinen schmerzenden Kopf. Rowan schickte Jura weg, um Wasser zu holen, während er für die Männer sorgte. Bei ihrer Rückkehr fand sie Rowan vor, der sich mit dem Schwert die Männer vom Leib hielt. Doch es überraschte Jura nicht, daß sich der Gesichtsausdruck der Fearen wandelte, als sie Rowan zuhörten. Jura dachte, daß Rowans Worte selbst Schmeißfliegen dazu bringen konnte, auf verwesendes Fleisch zu verzichten.
Als Jura ins Licht trat, blickten die Männer zu ihr auf. Einer starrte sie an. Sie erkannte den Mann, der sie beinahe getötet hatte. Dankbar sahen sie einander an und waren froh, daß sie beide lebten.
Jura saß am Feuer, aber im Rücken der Fearen, so daß sie sehen konnte, wenn sie nach ihren Waffen griffen. Sie lauschte Rowans Worten. Müßig griff sie nach einem Hasenschenkel und nagte ihn ab, dann brach sie sich ein Stück altbackenes Brot ab. Das Feuer, der Kampf, die Sicherheit und Rowans Stimme hatten sie schläfrig gemacht. Sie streckte sich aus, zog eins der Schaffelle, die die Fearen als Satteldecken benutzten, über sich und schlief ein.
Sie erwachte, als Rowan sie in seine Arme zog. Nur einen Moment wehrte sie sich, dann schmiegte sie sich an ihn, bettete den Kopf an seine breite Brust und schlief wieder ein. Sie war sich dessen nicht bewußt, aber tief in ihrem Inneren wußte sie, daß sie in Sicherheit war. Er hatte einige Dinge getan, die sie für dumm hielt — aber er hatte etwas bewirkt. Er hatte sich Brocain und den Zerna gegenüber freundschaftlich verhalten; er hatte die Königin der Vatell dazu gebracht, ihrem Volk zu erlauben, sich mit den Irial zu verbinden — und jetzt schenkten ihm die Fearen ihre Aufmerksamkeit.
Sie schlug die Augen auf. »Sprichst du wirklich mit Gott? «
Rowan schenkte ihr einen erstaunten Blick. »Ich bin nur ein Mensch und kann Hilfe, woher sie auch immer kommt, gebrauchen. «
Jura schloß wieder die Augen und glitt erneut in den Schlaf. Sie erwachte erst, als der Tag schon längst angebrochen war. Rowan schlief tief und fest neben ihr. Er hielt sie mit seinen starken Armen umschlungen, als wäre sie ein Spielzeug. Behutsam, denn sie wollte ihn nicht wecken, versuchte sie sich zu befreien.
»Geh nicht außer Sichtweite«, sagte er, ohne die Augen zu öffnen und verstärkte seinen Griff.
»Ich muß aber gehen«, erwiderte sie.
Er schlug immer noch nicht die Augen auf. »Nur bis zu dem Baum dort drüben. Nicht weiter«, ordnete er an. »Ich möchte heute nicht gegen jemanden kämpfen. «
Sie verkniff sich eine scharfe Antwort und ging zu dem Baum. Als sie zurückkam, lag er noch immer wie schlafend da. »Wir müssen zu den anderen«, drängte sie. »Daire und Cilean werden sich Sorgen machen. Wo sind die Fearen und Brocains Sohn? Hast du etwa vor, den ganzen Tag hierzubleiben? «
Seine Hand schoß vor und umklammerte ihren Knöchel. »Jura, hast du nicht manchmal den Wunsch, den ganzen Tag am Ufer eines Baches zu liegen und den Schmetterlingen zuzuschauen? «
Sie lächelte ihm zu. »Vielleicht. Aber heute geht es wirklich nicht. Geralt wird —«
»Gottverdammt! « stieß Rowan hervor und sprang auf. »Deinen Bruder hatte ich ja ganz vergessen! Er wird die Fearen töten, ohne ihnen Gelegenheit zu geben, etwas zu erklären. Steig auf! Wir reiten! « befahl er.
Jura suchte hastig ihre Habseligkeiten zusammen, bestieg ihr Pferd und jagte hinter Rowan her.
Nur Minuten später merkte sie, daß Rowans Befürchtungen gerechtfertigt waren.
Geralt war immer schon ein exzellenter Kämpfer gewesen, aber wenn sein Jähzorn erwachte, dann war er schrecklich. Es war ihm gelungen, alle drei Fearen gefangenzunehmen. Zweifellos hatte er sie überrascht, während sie schliefen. Jetzt drohte er, sie zu töten, wenn sie ihm nicht sagten, wie sie seine Schwester umgebracht hatten.
Jura erreichte die Lichtung gerade rechtzeitig, um zu sehen, daß Rowan sein Messer warf. Die Klinge bohrte sich zwischen Geralts Füßen in den Boden. Jura ahnte, daß es zu einem Kampf kommen würde. Sie trieb
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