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Im Zwiespalt der Gefuehle

Im Zwiespalt der Gefuehle

Titel: Im Zwiespalt der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Thal die Ursache für den Tod seiner geliebten Schwester Anne gewesen war. Darum gab er Thal den Befehl, sein Haus sofort zu verlassen.
    Schwerfällig erwiderte Thal, daß er zusammen mit seinen Männern und den Kindern am nächsten Morgen nach Lankonien abreisen wolle.
    William verstand zuerst nicht den Sinn von Thals Worten, doch als er den Lärm im Hof hörte, merkte er, daß Thal ihm Rowan und Lora nehmen wollte. Da wurde der sonst so kühle und beherrschte William zum Berserker. Vor Wut, Angst und Trauer bebend rief er seine Ritter zusammen und überfiel Thal und seine Wachen im Schlaf.
    Die Lankonier leisteten heftige Gegenwehr. Nie zuvor hatte William solche Kämpfer gesehen. Trotz einer Überzahl von vier gegen einen gelang es dreien von ihnen zu entkommen. Darunter war Thal.
    Blutverschmiert stand Thal auf der Burgmauer und verfluchte Williams Tat. Er schwor, daß William Rowan nie bekommen würde, denn der Junge wäre ein lankonischer Prinz, und er würde eines Tages in das Land seiner Väter ziehen.
    Dann verschwanden Thal und seine Männer in den Wäldern.
    Von diesem Moment an schien das Glück William zu meiden. Früher gab es nur Liebe und Lachen in seinem Leben — jetzt nur Trauer und Leid. Williams Frau starb nur einen Monat später an den Pocken, die bereits über die Hälfte seiner Leibeigenen dahingerafft hatte. Ein Großteil der Ernte auf den Feldern verdarb, und ein zu früh einsetzender Schneefall ließ den Rest verfaulen.
    William heiratete bald danach erneut. Diesmal eine gesunde, kräftige Fünfzehnjährige, die ihm in vier Jahren vier Söhne schenkte. Bei der Geburt des letzten starb sie. William trauerte nicht allzusehr. Nachdem der erste Reiz ihres jungen frischen Körpers verblaßt war, stellte sie sich als dumme, unwissende Person heraus, die ihm keine Gefährtin sein konnte.
    William sorgte nun, neben Annes Kindern, auch noch für seine vier Söhne. Der Gegensatz hätte nicht größer sein können. Rowan und Lora waren groß, herrlich gewachsen, blond und schön. Beide lernten zudem leicht und waren höflich, während seine eigenen Söhne dumm und ungeschickt waren. Williams Söhne haßten Rowan. Sie spielten ihm und Lora manchen gemeinen Streich. William selbst nahm die ganze Situation ziemlich gleichmütig hin — es war die Strafe für sein Verhalten gegenüber Thal, so glaubte er zumindest.
    Als Rowan zehn Jahre alt war, erschien ein seltsamer Wanderer in der Burg. Es war ein alter Mann, sein Bart hing bis zum Gürtel, auf dem Kopf trug er einen goldenen Reif mit vier Rubinen. Er sagte, daß er Feilan hieße, Lankonier wäre und geschickt worden sei, um Rowan in lankonischen Bräuchen zu unterrichten.
    William wollte gerade dem alten Mann sein Schwert in den Bauch rammen, als Rowan vortrat. Es schien so, als ob der Junge gewußt hätte, daß Feilan eines Tages kommen würde. Ja, William war sich sogar sicher, daß Rowan auf ihn gewartet hatte… »Ich bin Prinz Rowan«, stellte er sich ruhig vor.
    In diesem Augenblick erkannte William, daß er seinen Ziehsohn verlieren würde. Er konnte nichts tun, um diesem Schicksal zu entgehen — es war unausweichlich.
    Der Greis blieb also in der Burg, schlief irgendwo — William machte sich nie die Mühe, Feilans Schlafraum aufzusuchen — und verbrachte jeden Augenblick des Tages bei Rowan. Der Junge war immer schon bemüht gewesen, die Aufgaben, die ihm sein Ziehvater stellte, gewissenhaft zu erfüllen, doch nach Feilans Ankunft wurde sein Wissensdurst grenzenlos. Der alte Lankonier unterrichtete Rowan sowohl in den Wissenschaften als auch auf dem Übungsplatz. Zuerst hatte William Einspruch erhoben, weil manche der Kampfarten, die Feilan Rowan lehrte, die Würde und Ehre eines Ritters verletzten, doch keiner der beiden achtete auf ihn. So erlernte Rowan also den Kampf mit Schwert und Lanze, Stockfechten, den Umgang mit der schweren Keule und — zu Williams Entsetzen — den Faustkampf.
    Rowan ging nicht auf Wanderschaft, wie es die anderen jungen Adligen taten, sondern er blieb auf der Burg und übte eifrig mit seinem lankonischen Lehrer. Williams eigene Söhne verließen, einer nach dem anderen, die Burg, um bei anderen Rittern als Knappe zu dienen. Sie kehrten alle stolz und mit den Rittersporen geschmückt zurück. Ihr Haß auf Rowan war nur noch mehr gewachsen, und sie forderten ihn zum Zweikampf, in der Hoffnung, so die Anerkennung ihres Vaters zu erwerben. Doch gegen Rowan hatten sie nicht den Hauch einer Chance. Er stieß sie

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