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Im Zwiespalt der Gefuehle

Im Zwiespalt der Gefuehle

Titel: Im Zwiespalt der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Kleidung. Niemand verspürte den Wunsch, einer Ulten zu folgen, um die Stadt zu besichtigen. Das wollte Marek wahrscheinlich auch weiter so halten. Deshalb konnte er nicht zulassen, daß Rowan und seine Gefährten die Stadt lebend verließen.
    Rowan starrte weiter aus dem Fenster. Je mehr er darüber nachdachte, desto größer wurde seine Sorge. Was hatten sie Jura angetan? Warum war er nur so vertrauensvoll gewesen? Warum hatte er sich von Frauentränen erweichen lassen? Wenn ihn Männer betäubt und in einen Wagen eingeschlossen hätten, und er hätte gemerkt, daß Jura, Cilean und Brita nicht bei ihnen waren, hätte er ein Schwert gezogen und sie gezwungen, ihm zu erzählen, was sie mit ihnen gemacht hatten. Aber wie ein Schaf, das zur Schlachtbank geführt wurde, war er willig den Ultenfrauen gefolgt und hatte Jura allein gelassen.
    Wenn sie überhaupt allein ist, dachte er grimmig. Anders als Daire, hielt es Rowan durchaus nicht für unmöglich, daß die Frauen tot waren. Rowan glaubte auch zu wissen, daß die Ulten wesentlich mehr konnten als nur stehlen. Sie wollten männliche Kinder, also nehmen sie einen König und ein paar Prinzen gefangen, um sie als Zuchthengste zu benutzen. Sie nahmen sich alles, was sie wollten.
    Rowans Gesicht wurde hart. Ich werde diese Frauen den Zerna überlassen, dachte er wütend. Dann wollen wir doch mal sehen, ob diese Teufelinnen Brocains Männer beeinflussen können.
    Während er solch zornige Gedanken hegte, bemerkte er, daß auf der Straße eine gewisse Unruhe herrschte. Etwas entfernt konnte er eine böse Szene verfolgen. Eine der kleinen Ultenfrauen hob eine Peitsche und ließ sie auf eine Person niedersausen, die von einem Gebäude halb verdeckt wurde.
    Während Rowan zusah, trat eine dritte Frau aus dem Schatten. Sie war groß, und ein schwarzer Zopf hing ihren Rücken hinunter. Sie stürzte auf die kleine Frau mit der Peitsche zu.
    »Jura«, flüsterte Rowan. Er sprang fast aus dem Fenster, aber eine Ahnung ließ ihn innehalten. Mit klopfendem Herzen und wütendem Gesicht beobachtete er, wie ein Dutzend Ultenfrauen Jura zu Boden schlugen. Einen Augenblick später führten die Ulten Jura und Cilean aus seinem Blickfeld.
    Er lehnte sich an den Fensterrahmen und holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Hier gab es mehr Heimtücke, als er gedacht hatte — er war wirklich ein Tölpel gewesen!
    Heute nacht mußte er irgendwie diesen Frauen entfliehen und zu Jura gelangen. Er mußte einen Plan schmieden, wie sie alle den Ulten entkommen konnten.

16. Kapitel
    »Tut’s weh? « fragte Cilean Jura leise.
    Jura zuckte nur mit den Achseln, aber in Wahrheit schmerzten ihre Schultern und ihr Rücken höllisch von den Peitschenhieben am Nachmittag.
    Sie waren wieder allein in dem kleinen Haus. Heute waren wegen der Ereignisse am Nachmittag ihre Wachen verdoppelt worden. Cilean war unter der Last eines schweren Getreidesackes zusammengebrochen. Als eine Ulten sie mit der Peitsche geschlagen hatte, war Jura ihr an den Hals gesprungen. Jura hatte dafür ein Dutzend Peitschenhiebe erhalten, und Cilean hatte sie wegen ihres Draufgängertums gescholten. Für den Rest des Tages hatten sie besonders schwer arbeiten müssen. Jetzt, spät am Abend, wurde ihnen gestattet, sich auszuruhen.
    Aber Cileans wiedererwachte Wut hielt sie wach. »Wir müssen fliehen! Ich habe heute zwei Frauen am Tor beobachtet. Sie schwatzten, als sie eigentlich Wache halten mußten. Wenn wir sie ablenken, könnten wir —«
    Sie hielt inne, als sie Juras Gesichtsausdruck bemerkte. Cilean drehte sich um. In der Tür stand, vom Licht der Fackeln beleuchtet, ein Geist — ein kräftiger, großer, blonder Geist.
    Jura blinzelte, um das Trugbild zu verscheuchen, aber der Geist rührte sich nicht.
    »Jura? « flüsterte das Gespenst.
    Cilean faßte sich als erste. Trotz ihrer Erschöpfung sprang sie auf und fiel Rowan um den Hals.
    Manchmal hatte sich Rowan über die Manieren dieser Lankonier geärgert. Er war ihr König — aber sie redeten ihn nie mit »Majestät« an, sondern sie stritten nur und zweifelten seine Entscheidungen an. Aber in diesem Augenblick war er froh über ihren Sinn für Gleichberechtigung. Ihm war eine Frau, die ihm um den Hals fiel, tausendmal lieber als alle Schmeicheleien der Welt.
    Er umarmte Cilean auch. Ihm war, als ob er zum erstenmal seit Tagen etwas Sauberes berührte. Wie gut es tun würde, wieder die ehrliche Meinung einer Frau zu hören, anstatt die kriecherische Dienstbarkeit der

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