Imagica
Monaten gelesen hatte, in einer anderen Art von Ödnis.
Für die Frauen dieser Welt - schneid dir die verlogene Kehle 804
durch. So lautete Vanessas Botschaft.
War er nur deshalb in den Domänen unterwegs gewesen, um hier noch einmal die gleiche Aufforderung zu hören? Er war nach Imagica gekommen, um zu verstehen, aber handelte es sich dabei vielleicht nur um einen Vorwand, mit dem sein Unterbewußtsein über die eigene Verdorbenheit hinwegtäuschen wollte?
Athanasius entnahm Gentles Gesichtsausdruck, daß er mit seinem letzten Hinweis ins Schwarze getroffen hatte.
»Lassen Sie sich nicht zuviel Zeit, Maestro«, fügte er hinzu.
»Es gibt bereits genug Waisen in den Domänen, und wenn Sie auch weiterhin an Ihrem Ehrgeiz festhalten, werden es immer mehr.«
Zacharias ging nicht darauf ein. »Sie haben mich mit der Liebe meines Lebens verheiratet, Athanasius«, sagte er. »Das werde ich Ihnen nie vergessen.«
»Armer Pie'oh'pah«, entgegnete der Priester und streute Salz in die emotionale Wunde. »Noch ein Opfer von Ihnen. Sie müssen voller Gift sein.«
Gentle drehte sich um und verließ den Kreis stumm, während Athanasius hinter ihm herrief:
»Bringen Sie sich bald um, Maestro! Für sich selbst. Für Pie!
Für uns alle! Ziehen Sie sich in den Tod zurück!«
Gentle brauchte eine Viertelstunde, um das Trümmerfeld zu verlassen und offenes Gelände zu erreichen. Er hoffte, ein Fahrzeug zu finden - vielleicht Floccus' Wagen -, mit dem er nach Yzordderrex zurückkehren könnte. Zu Fuß wäre es eine sehr beschwerliche Reise, aber wenn ihm keine andere Wahl blieb... Schon bald verblaßte das flackernde Licht der Feuer hinter ihm, und er setzte die Suche im blassen Schein der Sterne fort. Wahrscheinlich hätte er den Wagen übersehen, wenn nicht das Quieken von Mama Sanftundnett und ihrer Welpen gewesen wäre. Es gab ihm eindeutige Richtungshinweise, und kurze Zeit später erreichte Gentle das 805
Ziel, wo ihn eine Enttäuschung erwartete - das Auto war während des Sturms umgekippt. Er beschloß, die Tiere freizulassen und anschließend woanders Ausschau zu halten.
Doch als er am Türgriff zerrte, erschien ein menschliches Gesicht auf der anderen Seite des beschlagenen Fensters.
Floccus hockte in dem Fahrzeug und begrüßte Gentle mit deutlicher Erleichterung - seine Stimme war fast ebenso schrill wie das Heulen der Wesen, die ihm Gesellschaft leisteten.
Zacharias kletterte an der einen Seite des Wagens hoch, und nach mehrmaligem Zerren gelang es ihm, die Tür zu öffnen.
»Oh, wie sehr ich mich freue, Sie wiederzusehen, Maestro«, brachte Dado hervor. »Ich habe schon befürchtet, hier drin ersticken zu müssen.«
Der Gestank war schier unerträglich und begleitete Floccus, als er nach draußen kroch. Die Exkremente von Mama Sanftundnett sowie ihrer Jungen klebten an seiner Kleidung.
»Wie sind Sie in eine solche Lage geraten?« fragte Gentle.
Der kleine Mann wischte Schmutz von der Brille und blinzelte mehrmals.
»Als Athanasius mir auftrug, Sie zu holen, dachte ich: Hier bahnt sich etwas an, Dado; du solltest verschwinden, solange du noch Gelegenheit dazu hast. Doch ich hatte gerade im Wagen Platz genommen, als der Sturm begann. Die Böen warfen ihn um, und daraufhin saßen wir im Auto fest. Die Fensterscheiben lassen sich nicht zertrümmern, und die Tür klemmte. Ich konnte nicht nach draußen.«
»Ein Glück für Sie.«
»Ja«, murmelte Floccus, als er die Verheerung in der Ferne beobachtete. »Was ist passiert?«
»Etwas kam aus der Ersten, um Pie'oh'pah zurückzuholen.«
»Der Unerblickte ist dafür verantwortlich?«
»So hat es den Anschein.«
»Nicht sehr nett von ihm«, hauchte Dado. Damit brach er in dieser Nacht den Rekord der Untertreibungen.
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Floccus hob Mama Sanftundnett und ihre Welpen aus dem Wagen - zwei der Jungen waren gestorben -, und dann versuchte er zusammen mit Gentle, das Fahrzeug wieder in die Horizontale zu bringen. Es war eine recht mühsame Angelegenheit, aber Dado entpuppte sich als bemerkenswert kräftig, und gemeinsam gelang es ihnen schließlich, den Wagen auf die Räder zu stellen. Gentle hatte bereits seine Absicht erwähnt, nach Yzordderrex zurückzukehren, doch er wußte nicht, was Floccus plante. Als der Motor brummte, fragte er den kleinen Mann:
»Begleiten Sie mich?«
»Eigentlich sollte ich hierbleiben«, erwiderte Dado. Es folgte eine Pause, die Unschlüssigkeit verriet. »Aber der Tod war nie meine starke Seite.«
»Das haben Sie auch im
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