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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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hatte zwei Väter: mich – und Sedmeluq.
    »Zweifeln Sie plötzlich?«, fragte Broberg.
    Ich schüttelte den Kopf. »Wir müssen ihn aufhalten«, flüsterte ich.
    »Endlich eine vernünftige Entscheidung«, meinte Mertens.
    »Nein, Sie verstehen das nicht …« Ich starrte auf den Bildschirm. »In vier Tagen endet die Phase der Mitternachtssonne. Für uns hier auf der Ostseite sinkt die Sonne bereits heute hinter den Horizont. Falls Talalinqua im Tempel ist und das Tor erreicht hat … Wir müssen den Shoggothen aufhalten!«
    »Das werden wir auch, meine Herren«, versprach nun Mertens und lächelte eisig. »Und wir werden Ihnen auch demonstrieren, wie …«

 
     
     
TEIL SECHS
     
     
IMAGON

 
21
     
     
    Sie hatten eine Bombe.
    Der Sprengkörper pendelte unter dem Ausleger eines Sockelkrans in einem massiven, pyramidenförmigen Metallgerüst, das Richards’ Mannschaft über dem Schluckloch errichtet hatte. Es sollte zweifellos das Gewicht des sich abrollenden Stahlseils kompensieren, das den Ausleger ab einer gewissen Tiefe überfordern oder den Kran einfach vornüberkippen lassen würde. Die monströse, mit einem Raupenfahrwerk versehene Hebemaschine ruhte zusätzlich auf acht mächtigen Stützbeinen, und ein Ballastwagen an ihrem Heck verdeutlichte, mit welch enormer Belastung beim Herablassen des Sprengkörpers kalkuliert wurde.
    Die Bombe selbst ähnelte einer verkleinerten Gemini-Raumkapsel; ein weißer, etwa achtzig Zentimeter breiter und anderthalb Meter hoher Konus, der in einer schwarzen Spitze endete. Darunter war eine armlange Kamera befestigt, umringt von drei starken Halogenscheinwerfern. Der Sprengkörper war von Kabeln umschlungen, die sich unter dem Kranarm zu einer einzigen Leitung bündelten und zu einer gewaltigen, im Eis verankerten Kabeltrommel führten. Eine zweite Kabeltrommel für das Stahlseil überragte das Heck des vor dem Schluckloch postierten Krans. Wegen des Dämmerlichts, das mittlerweile im Krater herrschte, wurde die gesamte Kulisse von vier meterhohen Flutlichtmasten erhellt.
    Auf welche Art und Weise die Bombe funktionierte, wussten wir nicht. Vermutlich enthielt sie ein chemisches Plasma oder Nolein-Kristalle, die nach dem Zünden zu hochtoxischem Gas verdampften. Um zu verhindern, dass die giftigen Dämpfe sich an der Oberfläche ausbreiteten, wartete links und rechts des Schlucklochs je eine Hälfte einer mächtigen runden Stahlbetonplatte. Von Kettenraupen zusammengefügt, würde sie die Öffnung versiegeln, sobald der Sprengkörper unter der Oberfläche verschwunden war.
    Seit über zwei Stunden saßen DeFries und ich im Bauch eines Helikopters, eingesperrt in ein stabiles, quadratisches Kunststoffzelt, das keinerlei Keime nach außen dringen ließ und über Schlauchverbindungen mit Sauerstoff versorgt wurde. Einer von Mertens’ Soldaten hockte uns jenseits des Isolationszeltes gegenüber, hielt eine automatische Waffe auf seinem Schoß bereit und schnippte jede Viertelstunde eine Zigarettenkippe aus der Ladeluke. Der Helikopter war einer der beiden Chinooks, die tags zuvor im Krater gelandet waren. Das Geschwader war inzwischen um drei weitere Helikopter angewachsen; zwei Boeing-Transporter und einen Walsh- Lazaretthubschrauber. Die Ladebucht des Chinook, in dem DeFries und ich uns befanden, diente als Operationszentrale und stand – mit dem Heck zur Kratermitte gerichtet – am weitesten vom Schluckloch entfernt. Außer uns und dem Bewaffneten hielten sich noch Mertens, Broberg, Krogh und drei AMES-Techniker in der Maschine auf.
    Man legte zwar Wert auf unsere Anwesenheit, doch keinesfalls auf unsere Hilfe oder gar unsere Meinung. DeFries hatte gegenüber Mertens und Krogh Begriffe wie ›Unverstand‹ und ›Vermessenheit‹ fallen lassen. Ebenso gut hätte er Kroghs Mutter als gute Köchin loben und Mertens Kriegswitze erzählen können; die beiden scherten sich einen Dreck um seine Ansichten. Die Notstandsgesetzte hatten uns zu Bio-Dokumenten degradiert, die man aufbewahrte, um nötigenfalls auf sie zuzugreifen und Informationen abzurufen. Den Gebrauch einer Spähkamera und das Zünden einer Bombe musste man sich jedoch nicht von Zivilisten erklären – geschweige denn ausreden – lassen.
    Mehrere Kabelstränge führten durch die offene Ladeluke zur Elektronik im Inneren des Helikopters. Mertens koordinierte über Funk die letzten Vorbereitungen für das Herablassen der Bombe, während Krogh am Hauptrechner mit den AMES-Leuten die Kamerafunktionen und die

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