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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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bemerkte er. »Mal nennen Sie sie Ältere Götter, mal Esh’maga. Besagte Götter hätten – so wie ich das deute durch Abiogenese – eine Art von Arbeitssklaven erschaffen; eine gallertartige Protoplasma-Spezies, die unter dem suggestiven Einfluss ihrer Schöpfer ihr Gewebe ausdehnen oder zeitweilig zu allen Arten von Organen verformen konnte …«
    »Er ist keine Form und jede«, warf DeFries ein. »Wenn er wollte, könnte er sogar einen der Chinooks imitieren …«
    »Weiter haben Sie aufgezeichnet, dass diese metamorphen Kreaturen, die Sie Shoggothen nennen, für diese Götter gigantische Städte und Tempel erbaut hätten, unter anderem auch einen Bergtempel namens Tanatoq …« Broberg sah kurz auf. »Den Sie, Jon, hier am Mount Breva gefunden zu haben glauben. Dann jedoch geschah etwas, das diese vermeintlich übermächtigen Götter nicht bedacht hatten: Ihre anfangs stumpfsinnigen Sklaven-Wesen wurden intelligenter. Letztlich erhoben sie sich gegen ihre Schöpfer und löschten sie in einem Jahrtausende währenden Krieg aus. Doch damit nicht genug. Neue, monströse Rassen waren inzwischen von den Sternen gekommen und hatten sich auf der Erde ausgebreitet, mächtiger noch als die Älteren Götter. Sie versklavten die Shoggothen erneut, bekriegten sich gegenseitig, schlossen irgendwann wieder Frieden, gingen danach jedoch entweder in den Fluten der Meere unter oder wurden verbannt, verließen den Planeten oder verstecken sich bis heute tief unter der Erde oder in furchtbaren, unbeschreiblichen Paralleldimensionen, um auf ihre Rückkehr zu warten, und so weiter und so fort …« Broberg klappte das Buch zu und schob es beiseite. »Und nun, als Sie Ihrem Mythos endlich auf der Spur sind, entpuppt sich dieser als Büchse der Pandora …«
    »Es ist die Wahrheit«, beteuerte ich.
    Broberg sah mich sekundenlang schweigend an. »Ich habe mich nicht in Ihnen getäuscht, als ich sagte, dass Sie offen für das Unmögliche seien, Poul. Aber ich dachte nicht, dass Sie eines Tages Ihre Lanze brechen würden. Sie glauben also an diese Götterwesen und an diese apokalyptische Prophezeiung?«
    »Ja«, bestätigte ich. »Heute tue ich es. Diese Kreatur unter dem Eis ist keine Ansammlung reanimierter Archebakterien.«
    »Und? Fühlen Sie sich nach allem, was Ihnen widerfahren ist, in irgendeiner Form zu ihr hingezogen?«
    »Nein.«
    »Wieso bilden Sie sich dann ein, dass Sie dazu auserkoren seien, in dieses archaische, unterirdische Land, das Sie Qur nennen, hinabzusteigen und diesen seltsamen Geschöpfen von zweifelhafter Existenz den Weg zu weisen?«
    »Weil ich ihre Zeichen trage! Diese Wesen haben mich stigmatisiert und in die Gegenwart zurückgeschickt, um sie zu führen.«
    »Sie – und diese Frau«, ergänzte Broberg.
    Wortlos zog ich Jacke, Pullover und T-Shirt aus und erlaubte allen einen Blick auf meinen entblößten Oberkörper. Ich spürte, wie die Blicke von Krogh und den anderen an mir hingen. Doch nicht nur die Kamera schien sich auf mich fixiert zu haben, auch Hagen starrte mich teils fasziniert, teils angewidert an. Ein kreatives Virus, finden Sie nicht?, fragte mein Blick in die Kamera.
    »Nun, wie Sie sich denken können, haben wir Ihr mit Hansen geführtes Funkgespräch mitgeschnitten«, meine Broberg, nachdem er sich satt gesehen hatte. »Lassen Sie mich ein paar Sätze aus diesem Schöpfungsmythos zitieren, Poul.« Er blätterte zielstrebig in DeFries Taaloq- Niederschrift und las: »Sedmeluq, der geschmähte Herrscher des Abgrunds, legte einen Fluch über Iniia und ihresgleichen: Jenes unter deinen Kindern ohne Zeichen, das auf absteigendem Weg die offenen Tore durchschreitet und das Alte Meer erschaut, soll sich an das Blut Sedmeluqs als sein Blut erinnern. Tot, jedoch träumend, werde ich es in dein Reich zurückschicken, um das Land des Todes auch auf ihm zu errichten!«
    Ich starrte wie hypnotisiert auf den Bildschirm.
    »Nun, Poul, Sie erscheinen mir weder tot noch träumend.« Broberg beugte sich ein Stück vor. »Glauben Sie wirklich, dass Sie dieser Auserwählte sind?«
    Ich erschauderte, als mir jäh die Zusammenhänge bewusst wurden. Im Taaloq war nie von einem Menschen die Rede gewesen, sondern nur von einem ›Kind‹. Einem Kind ohne Zeichen … Nicht ich war es, der das Tor durchschreiten und nach Qur hinabsteigen sollte. Es war Naunas und mein Kind, von Sedmeluq mit dem Samen Qurs infiziert und von Nauna in diese Welt – in diese Zeit gesetzt. Der Shoggothe war das Kind ohne Zeichen! Er

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