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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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klebte auf dem Monitor, als ließen sich aus den übertragenen Bildern unterschwellige Botschaften herauslesen. Nachdem der Sprengkörper seine Position erreicht hatte, setzten sich die Kettenraupen in Bewegung und begannen die beiden Hälften der Betonplatte zusammenzuschieben. Als sie ihre Arbeit beendet hatten, ähnelte die Platte mit ihren emporragenden Metallzylindern einer riesigen verdorbenen Geburtstagstorte.
    Die sechzehn Sprengladungen, die sich in den Zylindern befanden und massive Metallhaken ins Eis treiben sollten, zündeten synchron.
    Als die Platte schließlich über dem Schluckloch fixiert und ihre Fugen mit Acorit-Schaum abgedichtet worden waren, existierte als einzige Öffnung nur noch ein verhältnismäßig kleiner Durchlass für das Stahlseil und die Verkabelung. Einer der Soldaten hielt eine brennende Signalfackel darüber. Ihr Rauch beschrieb eine enge Spirale und wurde durch die Öffnung in die Tiefe gesogen.
    Ich kniff die Lippen zusammen, während mich Mertens überheblich angrinste. Was wären wir nur ohne Ihren Forscherdrang, spottete sein Blick.
    »Ablassen!«, ordnete er durchs Funkgerät an. »Sinkrate zehn Meter pro Minute.« Und mit einem Seitenblick zu DeFries und mir bemerkte er: »Lassen Sie uns Ihren Shoggothen ein wenig kitzeln!«
     
    Während ich ebenso gebannt wie alle anderen die Videoübertragung verfolgte, dachte ich seltsamerweise nicht an die Kreatur in der Tiefe, sondern an Soerensen. Ihm musste sich der selbe Anblick geboten haben wie uns hier auf den Bildschirmen: ein bodenloser, im Scheinwerferlicht blaugrün leuchtender Abgrund, der zum Mittelpunkt der Welt hinabzustürzen schien. Ich stellte mir bildlich vor, wie Soerensen von wissenschaftlichem Eifer getrieben auf seinem Skidoo-Sitz saß und in sein Verderben hinabstarrte.
    Mit jedem Meter, den die Bombe tiefer sank, wurde DeFries nervöser. Hin und wieder flüsterte er etwas, das ich nicht verstand, wobei er unentwegt die tief in seinen Anoraktaschen steckenden Hände bewegte. Mittlerweile hatte der Kran den Sprengsatz über zweihundert Meter tief in den Schacht hinabgesenkt, ohne dass sich das Bild, das die Kamera übermittelte, wesentlich verändert hatte. Erst als die Bombe ungefähr jene Stelle passiert hatte, an der Soerensen einen Schimmer in der Tiefe zu erkennen glaubte, ging ein Raunen durch den Helikopter.
    Ich kniff die Augen zusammen und konnte mich nicht zurückhalten, aufzustehen und an den Rand des Isolationszeltes zu treten, um das Monitorbild besser erkennen zu können. Und tatsächlich, die Dunkelheit in der Tiefe des Schachts schien langsam einem geisterhaften Glühen zu weichen.
    Auch DeFries hatte sich nun erhoben und stand leicht gebückt neben mir.
    »Schalten Sie die Scheinwerfer aus«, murmelte er.
    Niemand reagierte auf seine Worte. Broberg und Krogh staunten verbal über das intensiver werdende Leuchten und spekulierten mit Mertens und den AMES-Wissenschaftlern über die Ursache.
    »Schalten Sie sofort die Scheinwerfer aus!«
    Die gesamte Chinook-Besatzung fuhr herum und starrte DeFries entgeistert an.
    »Weshalb?«, wunderte sich Broberg.
    »Bitte!«, bemühte sich DeFries um Beherrschung. »Bitte, hören Sie mir zu! Machen Sie nicht denselben Fehler, der Soerensen und Chapmann das Leben gekostet hat. Licht macht es aggressiv! Die Helligkeit zwingt es zu einer Schutzreaktion, was bedeutet, dass es sich sofort auf den Sprengsatz stürzen und ihn aus seinem Wirkungsbereich schleudern wird. Denken Sie daran, wie es auf die von Dr. Silis in die Tiefe geworfene Magnesiumfackel reagiert hat. Diese lächerliche Zehn-Tonnen-Platte dort draußen hält es nicht davon ab, Ihre Bombe zurück an die Oberfläche zu befördern und uns um die Ohren fliegen zu lassen.« Er sah Broberg und die anderen flehend an. »Bitte«, sagte er leise, »falls Sie tatsächlich Ihre verschwindend geringe Chance gegen diese Wesenheit nutzen wollen, dann schalten Sie die Scheinwerfer aus!«
    Wissenschaftler und Militärs tauschten unschlüssige Blicke.
    »Tun Sie es!«, entschied Broberg.
    »Auf Ihre Verantwortung«, sagte Krogh.
    Sekunden darauf wurden alle Bildschirme dunkel. DeFries ging erleichtert in die Knie, doch als ich anerkennend seine Schulter berührte, stieß er meine Hand fort. »Nehmen Sie Ihre Finger weg!«, fuhr er mich an.
    Die Schwärze auf den Monitoren war nicht vollkommen. In der Mitte jedes Bildschirms glühte weiterhin ein kleiner, schillernder Punkt. Er gewann an Größe, je näher die Kamera

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