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Imagon

Imagon

Titel: Imagon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Zündelektronik überprüfte.
    Mit einem Ausdruck dumpfer Verzweiflung in seinen Augen beobachtete DeFries durch die Ladeluke die Bemühungen dreier Soldaten, den Sprengkörper mit Seilen im auflebenden Wind ruhig zu halten. Ich hingegen versuchte, allen Stimmen an Bord gleichzeitig zu folgen. Schließlich ließ ich meinen Blick auf den ersten Bildern verweilen, die von der Kamera übermittelt wurden. Broberg hatte einen der Monitore so platziert, dass DeFries und ich die Aufzeichnungen mitverfolgen konnten. Die Plastikwand, die sich zwischen uns und dem Bildschirm spannte, ließ die Aufnahmen verschwimmen, doch was wir sahen, war deutlich genug, um Einzelheiten zu erkennen.
    Auf den ersten Blick hätte man das, was auf den Bildschirmen zu sehen war, für die Videoübertragung einer Magenspiegelung halten können. Die Speiseröhre des Patienten war allerdings über vier Meter breit und aus purem Eis – und der Ulcus ventriculi, der in der Tiefe lauerte, ein Geschwür der bösartigsten Sorte.
    Ein von der Station aus startender Transporthubschrauber lenkte meine Aufmerksamkeit zu einem der Seitenfenster. Es erlaubte nur einen eingeschränkten Blick hinauf zum Kraterrand, so dass der Helikopter kurz nach dem Start bereits wieder aus dem Sichtfeld verschwand. Während wir hier unten darbten, hatte das Militär damit begonnen, die Breva-Station zu evakuieren. In dem Helikopter saßen wahrscheinlich Hagen, Maqi, Mylius, Stomford, Rijnhard und vielleicht noch ein paar von DeFries’ einheimischen Mitarbeitern.
    »Da fliegen sie hin, die glücklichen Teufel«, bemerkte DeFries teilnahmslos. »Nun, Verderben, gehe deinen Gang …«
    Ich sah ihn an und zweifelte, ob er überhaupt einen Blick durchs Fenster geworfen hatte.
    »Wir können es immer noch aufhalten«, murmelte ich.
    DeFries stieß einen unwilligen Laut aus. »Aufhalten … Wir? Sie und ich? Wen wollen Sie denn zuerst aufhalten? Das Militär? Den Shoggothen? Talalinqua?« Er lachte verbittert. »Oder etwa die Sonne?«
    »Unterschätzen Sie meine Fähigkeiten nicht«, sagte ich. »Wenn Sie den Kerl dort ablenken, könnte ich …«
    »Papperlapapp!« DeFries funkelte mich an. »Sie könnten, Sie könnten … Kleiner Anflug von Größenwahn, was? Sie haben vielleicht Bärenkräfte, Poul, aber das bedeutet noch lange nicht, dass Ihre Haut kugelsicher ist. Selbst wenn Sie es schaffen sollten, hier für zwei Minuten Amok zu laufen und alles kurz und klein zu schlagen, würden Sie nichts aufhalten, sondern das Unvermeidliche nur ein paar Stunden oder Tage hinauszögern. Das ist es nicht wert.«
    »Nein?« Ich erwiderte seinen Blick. »Und der Krebs, der Sie zerfrisst, ist der es wert? Und Soerensen und Tielles und …«
    »Hören Sie damit auf! Wollen Sie mich etwa für alles verantwortlich machen?« Er sah mich durchdringend an. »Oh, ja … In Ihren Augen habe ich sechs Menschen auf dem Gewissen, nicht wahr? Todgeweihter, der ich bin, habe ich eh nichts mehr zu verlieren, während Sie sich für unsterblich halten. Ich bin der Mörder, Sie hingegen der Märtyrer.« Er beugte sich ein Stück vor und zischte: »Wenn Sie die Welt unbedingt retten wollen, Supermann – dann zaubern Sie mir eine Wasserstoffbombe und beamen Sie mich damit hinunter in die Kaverne!«
    Ich nickte verstehend. »Dafür also lagern Sie das Ropan in der Eishalle; um die Höhle zu sprengen.«
    »Das Tor!«, berichtigte mich DeFries grimmig. »Nur das Tor.«
    »Aber« – ich schüttelte verständnislos den Kopf – »wie wollen Sie eine horizontale Platte zerstören, ohne dadurch den Durchgang unweigerlich zu öffnen?«
    »Das verstehen Sie nicht, Poul.«
    »Dann erklären Sie es mir, verdammt noch mal!«
    »Den Teufel werde ich tun! Nicht Ihnen!«
    »Meine Herren!« Broberg war vor das Isolationszelt getreten und sah uns missfällig an. »Sie hatten in den letzten Tagen genug Zeit, Ihre Meinungsverschiedenheiten auszufechten!«
    DeFries zog mit zitternden Händen sein Morphiumfläschchen aus der Tasche. Er schluckte mehrere Pillen, wandte sich ab und starrte zu Boden. Broberg musterte uns nachdenklich, dann ging er zurück zu seinem Platz und sagte: »Fangen wir an!«
    Nachdem Mertens sich per Funk noch einmal mit Richards und den Außenteams abgestimmt hatte, gab er Anweisung, den Sprengkörper ein paar Meter tief in den Schacht hinabzulassen. Während ich beobachtete, wie die Bombe langsam in der Öffnung verschwand, machte sich DeFries gar nicht erst nicht die Mühe, hinauszusehen. Sein Blick

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