Immer dieser Knasterbax
Nachbars Gans, ich muß weiter auf Wanderschaft.
Vielleicht ich komme wieder eines Tages und klaue reiches Nachbar Schwein aus
Stall oder Kuh.“
Er nahm den Schenkel der Gans
zwischen die Zähne wie ein Hund einen Knochen und zwängte sich wieder durch das
Fenster der Besenkammer. Während Siebenschütz einen hohen runden Holzstapel
untersuchte, ob der Räuber nicht hineingekrochen sei, lief er durch den
Hintergarten auf den Heideweg zurück, versteckte sich hinter einem
Wacholderstrauch und aß in aller Ruhe den Gänsebraten auf.
„Bin ich großes Freund von
Tiere“, sagte er schmatzend. „Lieb’ ich Hund und Katze, Kuckuck und Reh. Am
liebsten aber hab’ ich Gans, was ist gebraten braun und knusprig wie dieses.“
Siebenschütz durchsuchte das
ganze Haus vom Keller bis zum Dachboden, er ließ sich von der Frau auch den
Schlüssel zu dem kleinen Schuppen geben, der hinter dem Haus stand, fand
Knasterbax jedoch nicht. Der Räuber war wie vom Erdboden verschluckt. Als der
enttäuschte Polizist indessen wieder in die Küche ging, um seine unterbrochene
Mahlzeit fortzusetzen und den schmackhaften Gänseschenkel aufzuessen, mußte er
feststellen, daß Knasterbax noch einmal zurückgekommen sein mußte, denn der
Schenkel war weg. Die Frau gab ihm als Ersatz einen Flügel dafür, und der war
auch ganz auserlesen.
„Was hat der Mann denn
verbrochen, daß Sie ihn verfolgen?“ fragte sie, als sie ihm den zweiten Flügel
auf den Teller legte.
„Gar nichts im Augenblick“,
erwiderte Siebenschütz. „Ich verfolge ihn auch nicht, um ihn einzusperren,
sondern um ihm eine Belohnung zu bringen.“
„Das verstehe ich nicht“,
wunderte sich die Frau. „Warum läuft er dann weg?“
Siebenschütz machte sich auch
noch über ein großes Bruststück her und antwortete unter Kauen und Schmatzen:
„Er weiß es natürlich nicht, daß er eine Belohnung bekommen soll.“
Das fand die Frau noch
sonderbarer.
„Wenn ich eine Belohnung
verdient hätte, würde ich es wissen“, sagte sie. Siebenschütz nickte.
„Sie sind ja auch ein ganz
anderer Mensch als Knasterbax“, sagte er, „und würden vieles besser machen.“
„Hm“, sagte die Frau, „das weiß
ich nicht so genau.“
„Aber ich“, fuhr der Polizist
fort. „Sie würden zum Beispiel nicht die Uniform eines Polizisten anziehen und
dann so tun, als ob Sie im See ertrunken wären.“
„Da haben Sie allerdings
recht“, bestätigte die Frau. „Das würde ich schon deshalb nicht tun, weil ich
fürchten würde, mit der schweren Uniform in dem See zu ertrinken.“
Siebenschütz schüttelte den
Kopf.
„Aber, beste Frau“, sagte er,
„als Knasterbax den Ertrunkenen spielte, hatte er die Uniform natürlich nicht
an! Die zog er erst an, als er auf dem Grund des Sees lag und ich nach ihm
tauchte.“
„Wie hat er denn das gemacht?“ fragte
die Frau verblüfft.
Siebenschütz sah sie an.
„Er hat selbstverständlich
nicht wirklich auf dem Grund des Sees gelegen“, erklärte er, „sondern nur zum
Schein, verstehen Sie? Um mich zu täuschen! In Wirklichkeit hat er hinter einem
Busch gestanden und dort die Uniform angezogen.“
„Aha“, sagte die Frau, „und
dafür bekommt er eine Belohnung?“
„Unsinn!“ rief Siebenschütz.
„Für so etwas bekommt man keine Belohnung, sondern eine Strafe, das ist nämlich
Amtsanmaßung.“
Die Frau machte ein
unglückliches Gesicht. Sie hielt sich für sehr dumm, weil sie noch nicht
begriffen hatte, wofür Knasterbax die Belohnung bekommen sollte. Um nicht noch
dümmer zu erscheinen, fragte sie nicht mehr weiter, sondern nickte nur unsicher
mit dem Kopf.
Siebenschütz knabberte alle Knochen
und Knöchelchen der Gans säuberlich ab, wischte sich dann die Finger in seinem
Taschentuch sauber und lehnte sich satt und zufrieden zurück. Weil die Frau ihn
immer noch mit großen unwissenden Augen anblickte, bequemte er sich, die Sache
mit Knasterbax und der Uniform zu Ende zu erzählen. „Sie können sich denken“,
sagte er, „daß ich nicht damit einverstanden war, Knasterbax in meiner Uniform
am See stehen zu sehen!“
„O ja“, rief die Frau, „das
kann ich mir wohl denken.“
„Und darum bat ich ihn“, fuhr Siebenschütz
fort, „die Uniform sofort wieder aus- und seine Lumpen anzuziehen. Können Sie
mir folgen?“ Die Frau nickte eifrig, und Siebenschütz erzählte weiter:
„Knasterbax war aber nicht bereit, die Kleidung mit mir zu tauschen. Er wollte
mich nämlich ins Gefängnis bringen, müssen
Weitere Kostenlose Bücher