Immer dieser Knasterbax
Gott“, rief sie, „gut, daß
Sie da sind! Ich fürchtete schon, der Unhold hätte Sie erschossen. Sind Sie
verletzt?“
Knasterbax nickte.
„Ja“, antwortete er, „hab’ ich
mir gerissen Schramme in Finger bei Durchschlupf in Hecke. Brauche ich sofort
Pflaster, sonst tropft Blut auf schönes Uniform mit blanke Knöpfe.“
Die Frau sah ihn verständnislos
an.
„Hat mein Nachbar denn nicht
auf Sie geschossen?“ fragte sie. „Ich hab’ doch zwei Schüsse gehört!“
Knasterbax stellte die Plastiktasche
auf den Tisch.
„Warum sollte er schießen auf
friedliches Mann von Verein für Nachbarschaftshilfe?“ sagte er und machte sein
ehrlichstes Gesicht. „Alles was hier ist in Tüte, hat er gegeben für armes Frau
mit Löcher in Dach: Wurst, Marmelade, Butter, Brot, Gänsebraten und schönes
trockenes Streichholzpaket.“
Die Frau starrte fassungslos
auf die Lebensmittel.
„Das kann doch nicht wahr
sein“, flüsterte sie. „Mein Nachbar verschenkt nichts. Das ist ein Traum.“ Sie
setzte sich hin und schloß die Augen. „Wenn ich aufwache, ist alles wieder
verschwunden.“
„Nichts ist verschwunden!“
widersprach Knasterbax heftig. „Hier, fassen Sie an großes fleischiges Gans!
Aber Vorsicht, ist sehr kalt, weil lag mit andere Gänsekameraden in
Gefrierschrank!“
Da sprang die Frau erregt auf.
„Sie wollen mir doch nicht
erzählen, daß das alles aus der Speisekammer meines Nachbarn ist?“
„Aber ja!“ rief Knasterbax.
„Ist sich reines Wahrheit. Kommt alles aus schönes volles Speisekammer. Nur
Plastiktüte nicht, die hat gelegen auf Küchenschrank neben Brotdose.“
„Ich verstehe die Welt nicht
mehr“, stammelte die Frau entgeistert. „Mein geiziger Nachbar verschenkt
Lebensmittel! Der Mann muß den Verstand verloren haben!“
„Das hat er bestimmt“,
bestätigte Knasterbax. „Lief ’raus, um armes totes Hund noch mal zu erschießen.
Weil er in böse Wut Tür offenließ, hatte ich Zeit genug für Aussuchen und
Einpackerei in Speisekammer und Küche.“
Jetzt dämmerte der Frau, daß
sich ihr Nachbar nicht freiwillig von seinen Lebensmitteln getrennt hatte. Aber
ganz war sie noch immer nicht im Bilde.
„Warum wollte er denn meinen
Hund erschießen?“ fragte sie.
Knasterbax grinste sie an.
„Kleines Trick von mir“, sagte
er. „Hab’ ich Nachbar erzählt, daß wildes Hund hat gehabt Hunger auf Geflügel
und gefressen seine dummen Hühner.“
Nun konnte sich die Frau die
Geschehnisse richtig zusammenreimen. Sie sah den bärtigen Mann, der für sie zum
Dieb geworden war und nun in der viel zu weiten und viel zu kurzen
Fahrstuhlführeruniform ihres Mannes vor ihr stand, halb bewundernd und halb
erschrocken an und wußte nicht recht, was sie von der Sache halten sollte.
„Meinen Sie denn, daß ich das
alles behalten darf?“ fragte sie schließlich unsicher.
„Das ist doch größtes
Selbstverständlichkeit!“ rief Knasterbax. „Hat Nachbar schon Bauchweh vor
Überfluß und Sie Bauchweh vor Hunger. Kleines Austausch von Lebensmittel ist
gesund für beide.“
„Das ist allerdings wahr“,
sagte die Frau, „und wenn wir es so betrachten, hat mein Nachbar keinen
Schaden, sondern einen Nutzen von dem Tausch.“
„Ein sehr großes Nutzen!“
betonte Knasterbax. „Nutzen so groß wie Riese! Schaden dagegen ist klein wie
Zwerg. Darum müssen wir wegen Gerechtigkeit machen Schaden etwas größer. Sie
gehen jetzt hin zu geiziges Nachbar und verlangen Ersatz für totgeschossenes
Hund.“
„Aber das kann ich doch nicht
tun“, wandte die Frau ein. „Er hat meinen Hund ja gar nicht totgeschossen!“
„Hat nicht, aber hätte!“ rief
Knasterbax. „Wenn noch wär’ gewesen am Leben! Ist und bleibt sich das Mensch
ein Hundemörder, ob armes Bello war schon tot oder nicht.“
Darin mußte die Frau dem Räuber
recht geben, und deshalb ging sie beherzt zu ihrem Nachbarn hinüber.
Knasterbax bemühte sich
indessen um das Feuer im Herd.
Nach mehreren vergeblichen
Versuchen gelang es ihm, das feuchte Holz in Brand zu setzen. Da wurde es rasch
wohlig warm in der Küche, und er konnte sich mit der Zubereitung des
Gänsebratens beschäftigen. Als die Frau zurückkam, schlug ihr der Bratenduft
schon verlockend entgegen.
„Hm, wie das riecht!“ rief sie
begeistert. „Sie sind ja wohl ein gelernter Koch, was? Hier, sehen Sie mal, was
er mir gegeben hat, der alte Geizkragen.“ Sie hielt Knasterbax ein paar Münzen
hin. „Er sagte, für das Geld könne ich mir drei
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