Immer dieser Knasterbax
Sie wissen, um die Belohnung in
Empfang zu nehmen, die für seine Ergreifung ausgesetzt war, 1000 Mark.“
„Jetzt verstehe ich!“ rief die
Frau. „Und das ist das Geld, das Sie ihm bringen wollen!“
„Aber nein doch“, entgegnete
der Polizist unwirsch. „Für wie dumm halten Sie mich denn! Ich laß mich doch
nicht gefangennehmen und bringe dem Räuber dafür noch eine Belohnung!“
„Ja, aber Sie sagten doch...“
„Gar nichts sagte ich! Für die
Gefangennahme eines Wachtmeisters wird ein Räuber streng bestraft und nicht
belohnt, das sollten Sie eigentlich wissen.“
Jetzt wurde die Frau auch
ungeduldig.
„Hören Sie mal“, rief sie,
„wenn er nur Sachen angestellt hat, für die man bestraft wird, kann ich mir
nicht zusammenreimen, warum Sie ihm mit einer Tasche voll Geld nachlaufen!“
„Aber das will ich Ihnen ja die
ganze Zeit erzählen!“ schnaufte der Polizist. „Unterbrechen Sie mich doch nicht
dauernd! Knasterbax marschierte in meiner Uniform, als Schutzmann also, in eine
Sparkasse und verhinderte dort einen Überfall. Dafür will sich der
Sparkassendirektor mit 5000 Mark bedanken.“
„5000?“ fragte die Frau.
„Sagten Sie vorhin nicht etwas von 1000?“
Siebenschütz raufte sich die
Haare.
„Beste Frau“, rief er
ungehalten, „1000 Mark waren für die Ergreifung des Räubers Knasterbax
ausgesetzt! Bringen Sie doch nicht alles durcheinander! Die 1000 Mark hat er
aber nicht gekriegt, weil ein Polizist keinen Anspruch auf eine Belohnung hat.“
„Ist er denn Polizist? Ich
denke, er ist ein Räuber?“ fragte die Frau.
„Natürlich ist er das!“ brüllte
Siebenschütz. „Aber in meiner Uniform war er natürlich vorübergehend ein
Polizist. Und weil ich ihm so ähnlich sehe wie ein Zwillingsbruder, hat er mich
als Räuber Knasterbax ins Gefängnis geführt. Das müssen Sie doch jetzt endlich begriffen
haben!“
„Regen Sie sich nur nicht auf!“
verteidigte sich die Frau. „So wie Sie die Sache erzählen, kann man sie gar
nicht begreifen. Aber darauf kommt es mir auch nicht mehr an. Ich habe
jedenfalls verstanden, daß Sie Knasterbax 1000 Mark bringen wollen.“
„5000!“ fuhr Siebenschütz
dazwischen.
„Meinetwegen auch 5000“, räumte
die Frau ein. „Und mir ist auch klar, daß Knasterbax nichts davon weiß, denn
sonst würde er ja nicht weglaufen, sondern stehenbleiben.“
„Na, endlich!“ brummte
Siebenschütz. „Sie haben aber eine sehr lange Leitung.“
„Und Sie eine sehr komplizierte
Art, sich auszudrücken“, entgegnete die Frau. „Soll ich Ihnen mal einen Tip
geben?“
„Was für einen Tip?“ fragte
Siebenschütz.
„Einen Tip, wie Sie Knasterbax
kriegen können.“
„O bitte“, sagte Siebenschütz
spöttisch, „wenn Sie meinen, daß Sie mehr von Kriminalistik verstehen als ich!“
„Mehr von Kriminalistik
vielleicht nicht“, sagte die Frau, „aber bestimmt mehr von dem Mann, den Sie
verfolgen. Ziehen Sie die Uniform aus, schneiden Sie sich den Bart ab und
hängen Sie sich ein paar alte Fetzen über wie ein Landstreicher. Sie sollen
sehen, daß er dann nicht mehr wegläuft, wenn er Sie zu Gesicht kriegt.“
„Hm“, machte Siebenschütz
nachdenklich, während er seinen Schnurrbart zwirbelte, „hm, das könnte ich in
der Tat mal versuchen.“
Knasterbax hatte seine Mahlzeit
beendet und sich in der einbrechenden Dunkelheit satt und zufrieden auf den
Weitermarsch gemacht. Vielleicht finde ich wieder schönes warmes Schafstall mit
weiches Schaf als Kopfkissen und Bettdecke, dachte er. Vielleicht stoße ich
auch auf Scheune mit Stroh und Heu. Könnte ich auch gehen als anständiges
Mensch in ein Haus und bitten um Nachtlager. Hab’ ich doch an braunes
Fahrstuhlführeruniform wie braves, ehrliches Mann. Weil er sich frisch und
gestärkt fühlte und weil das Wetter angenehm mild war, schritt er wacker aus
und gelangte bald in einen größeren Ort. Vor einem grellbunten Schaufenster
blieb er stehen, betrachtete neugierig das Warenangebot und fragte sich, was er
wohl kaufen würde, wenn er Geld hätte. Da stieß ihn jemand unsanft in die
Seite, und als er sich umdrehte, sah er sich einem vornehm gekleideten Herrn
gegenüber, der ihn ärgerlich anblickte und dabei nervös an seiner
rotgepunkteten Krawatte zupfte. Gerade wollte Knasterbax den Mund öffnen und
sich die Anrempelei verbitten, da sagte der Herr: „Was denken Sie sich
eigentlich dabei, hier draußen herumzustehen, während unsere Kunden auf den
Fahrstuhl warten? Machen Sie,
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