Immer dieser Knasterbax
schon sein wahr“,
räumte Knasterbax ein, „hab’ ich gekannt den bösen Mann nicht persönlich.
Auftraggeben ist ja auch kleines Kinderspiel, das kann selbst böses Raubritter
tun, aber Tragen von dickes Steine den Berg ’rauf ist schwere Arbeit. Das muß
machen starkes richtiges Mann von Bauernhof.“
Er marschierte mit seinen
Besuchern nun rund um die Burg herum und streute überall seine erstaunlichen
Erklärungen aus. In der Rüstkammer führte er seiner Mannschaft die Waffen und
Folterwerkzeuge vor und zog sie dann zu dem großen eisernen Ofen hinüber, neben
dem ein rostiger Eisenring in der Wand eingemauert war.
„Hier“, erklärte er, „hat
Heribert, was war entferntes Nachfolger von Reginhard, gebracht seine Feinde in
Schwitzerei. Hat er armes Mensch gefesselt an eisernes Ring und dann Ofen
einheizen lassen, bis er war rot wie Abendsonne. Wenn draußen war kaltes
Winter, hat manches Mann oft gedacht, ist sich schönes warmes Platz, brauchst
du nix frieren. Aber bald kam Wasser aus Haut und floß wie Bach über Fußboden.
Einmal hat er geschnappt kleines dickes Herzog aus Italien und an die Kette
gelegt wie bissiges Hund. War aber nächsten Tag Herzog verschwunden wie Speck
aus Mausefalle. War sich durch Schwitzerei ganz dünn geworden und geschlüpft
aus Kettenfessel.“
Die Leute lachten und hatten
großen Spaß an der sonderbaren Führung, wenn sie auch nicht alles glaubten, was
ihnen da aufgetischt wurde.
Knasterbax streifte durch
sämtliche Räume, die er auf seiner Flucht vor Siebenschütz kennengelernt hatte,
hob sich aber eine ganz besondere Überraschung bis zum Schluß auf.
„Nun“, sagte er in geheimnisvollem
Flüsterton, „muß ich sagen auf Wiedersehen zu alle Leute mit Angst und Furcht.
Gehen wir jetzt in den Keller und hören das fürchterbare Mensch Siebenschütz,
das da schmachtet schon tausend Jahre in Kerker und kann nicht sterben. Hat er
bei Lebzeiten ganze Verwandtschaft gemacht ritsch ratsch Kopf ab, immer sieben
auf einmal, wie das tapfere Schneider aus grimmiges Märchen. Einen Tag kommt
entferntes Bruder von ihm, hieß Knasterbax, packt schreckliches Siebenschütz in
Schlaf und sperrt lebendig in Kerker. Da sitzt das Mensch noch heute, schreit
und will ’raus und schimpft auf ehrliches Bruder Knasterbax. Wir jetzt gehen
leise hin und hören, was böses Unhold ruft. Aber sag’ ich zur Wiederholung:
Leute mit Angst sollen bleiben oben!“
Natürlich wollte sich niemand
von den Besuchern diesen heiteren Gruselspaß entgehen lassen. Keiner fürchtete
sich, sie glaubten alle, der komische Burgführer wolle sie zum Abschluß unten
im Keller noch mit einer äußerst lustigen Darbietung erfreuen. Darum tasteten
sie sich vergnügt hinter Knasterbax her die Treppe hinunter.
Sie rochen den Moderduft in den
feuchten Gängen, aber von einem Gespenst und gar einem schrecklichen bemerkten
sie nichts. Als jedoch eine Frau stolperte und dabei laut aufschrie, schien der
Burggeist zu erwachen. Laut und drohend schleuderte er der Gesellschaft seine
schaurigen Rufe entgegen.
„Ich will hier ’raus!“ schrie
er. „Mach die Tür auf, Knasterbax, ich habe Hunger! Soll ich denn mein ganzes
Leben hier zubringen? Befreie mich endlich, ich bin doch dein Bruder! Hörst du
nicht? Dein Bruder bin ich und dein Freund und will dir etwas bringen!“
Die Besucher erschauerten und
drückten sich ängstlich aneinander, denn die Stimme des Eingesperrten klang so
unheimlich, dröhnte so schreckerregend unter den niedrigen Gewölben, daß sie an
keinen Scherz mehr glaubten, sondern das Ganze für reine Wahrheit nahmen.
Einige Damen hielten sich die Ohren zu und zogen sich zitternd zur Treppe hin
zurück. Selbst den Herren schien es in dem modrigen Keller nicht mehr geheuer.
Knasterbax war mit seinem
Burggeist sehr zufrieden. Er hatte genau die richtigen Worte gefunden und den
Besuchern zu einem unvergeßlichen Erlebnis verholfen. Alle waren aufs tiefste
beeindruckt, sprachen selbst oben unter dem klaren blauen Himmel eine Zeitlang
nur im Flüsterton und griffen tief in ihre Geldbörsen, um sich für die
ausgezeichnete Führung mit klingender Münze zu bedanken.
Knasterbax verneigte sich tief
und brachte seine freigebigen Gäste noch bis an den Bus, der vor der Zugbrücke
geparkt hatte. Nachdem sie winkend davongefahren waren, machte er sich auch auf
den Weitermarsch, denn er wollte es vermeiden, hier oben mit dem echten
Burgführer zusammenzutreffen. Das hätte Ärger geben können. Bald
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