Immer dieser Knasterbax
wanderte er in
bester Stimmung den Berg hinunter, klimperte mit dem Geld in der Tasche und
dachte darüber nach, was er sich dafür leisten wollte.
Unten an der Straße stieß er
auf einen Mann, der eine ähnliche Uniform trug wie er selber und unschwer als
der wahre Burgführer zu erkennen war. Er strampelte auf einem Fahrrad mühsam
bergan und schnaufte nicht schlecht dabei. Es war kurz vor zwei, die Führung
begann in wenigen Minuten.
„Hallo, Kamerad“, sprach
Knasterbax ihn an, „du bist doch bestimmt Führer von Burg?“
Der Angeredete nickte.
„Paß auf“, fuhr Knasterbax
fort, „sitzt sich ein armer Polizist in Kerker und schreit. Geh hin und hol ihn
’raus. Sonst er muß verhungern.“
„In unserem Kerker sitzt
niemand“, sagte der Burgführer und stieg ab. „Da liegen nur rostige Waffen
herum.“
„Großes Irrtum von dir“, sagte
Knasterbax. „Hab’ ich selber eingesperrt den Mann und vergessen, Tür wieder
aufzuschließen. Also geh hin und tu, was ich sage, sonst du bist grausames
Polizistenmörder.“ Er ließ dem Mann keine Zeit, noch etwas zu antworten,
sondern wandte sich ab und marschierte mit reinem Gewissen in die Straße hinein
und weiter, irgendeinem unbekannten Ziel und Abenteuer entgegen. Um
Siebenschütz brauchte er nicht besorgt zu sein, den würde man in wenigen
Minuten befreien.
Knasterbax hatte richtig
vermutet. Obwohl der Burgführer nicht glauben wollte, daß in der Burg jemand
eingesperrt sei, stieg er hinab in den modrigen Keller und öffnete den Kerker.
So wurde Siebenschütz befreit und konnte an das Licht der Sonne zurückkehren.
„Der Räuber Knasterbax hat mich überlistet“, erklärte er dem erstaunten
Burgführer. „Ich habe ihn durch die ganze Burg gejagt und bin dem ausgekochten
Halunken dabei in die Falle gegangen.“
Siebenschütz fror, er brauchte
unbedingt ein warmes Essen. Darum setzte er sich in das Burgrestaurant und
bestellte sich ein Gulasch, extra scharf gewürzt, damit seine Lebensgeister
wieder erwachten. Danach trank er in einem Zug einen großen Krug Bier. Dann war
ihm wieder wohler. Er lehnte sich zurück und dachte in Ruhe darüber nach, wie
er Knasterbax einholen und davon überzeugen könne, daß er ihm nur Gutes tun
wolle. Dabei fiel ihm auch der Vorschlag der Frau in dem Heidehaus wieder ein.
Was hatte die doch gesagt? Er solle sich den Bart abschneiden und sich anziehen
wie ein Landstreicher, dann würde Knasterbax bestimmt nicht weglaufen?
Ich glaube, das ist tatsächlich
die einzige Möglichkeit, dachte er. Wenn ich Gelegenheit habe, ruhig und
freundschaftlich mit ihm zu sprechen, könnte ich ihn vielleicht auf einen
anständigen Lebensweg zurückführen. Weiß er erst einmal, daß 5000 Mark auf ihn
warten, wird ihm die Umkehr nicht so schwerfallen. Der Winter steht vor der
Tür, Knasterbax hat keine Wohnung. Wenn er bei Kälte und Nässe in zugigen
Scheunen und windschiefen Ställen schlafen muß, kann er sich den Tod holen. Am
besten wäre es, wenn ich eine Arbeit für ihn fände, die ihm Spaß macht. Hätte
er dazu auch noch ein Zimmer mit einem warmen Ofen, käme er auf jeden Fall gut
durch den Winter. Bis zum Frühjahr hätte er sich dann vielleicht so an das
geordnete Leben gewöhnt, daß er nicht mehr in den Wald und auf die Straße
zurückgehen würde.
Fragt sich nur, dachte der
Schutzmann weiter, was für eine Arbeit ihm gefallen könnte.
Weil es sich draußen
mittlerweile eingetrübt hatte und bald ein heftiger Regen an die kleinen
Butzenscheiben prasselte, verschob Siebenschütz die Verfolgung des Räubers auf
den nächsten Tag und ließ sich von dem Gastwirt ein Zimmer geben für die Nacht.
Was ist der Knasterbax doch für
ein Esel, dachte er, als er in dem weichen Bett lag und sich die warme Decke
bis ans Kinn zog. Läuft bei diesem Hundewetter draußen herum und friert! Dabei
könnte er so fein in dem zweiten Bett hier neben mir liegen!
Am nächsten Tag regnete es
immer noch.
Siebenschütz stand auf, blickte
aus dem Fenster und kroch wieder in das warme Bett zurück.
Da klopfte es an seine
Zimmertür.
Nanu, dachte er, wer will mich
denn um diese Zeit schon besuchen?
Es war der Wirt, der auf sein
„Herein!“ etwas verlegen ins Zimmer trat, sich vielmals entschuldigte und ihn
um einen Gefallen bitten wollte.
„Was kann ich für Sie tun?“
fragte Siebenschütz freundlich. „Haben Sie Einbrecher im Haus, oder ist jemand
bestohlen worden?“
„Nein, nein!“ sagte der Wirt.
„Es handelt sich nicht um
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