Immer dieser Knasterbax
Plastiktüte ragte, trank einen Schluck Flaschenmilch
und freute sich, daß das Laub zu seinen Füßen so lustig raschelte.
„Möchte ich wissen, ob noch
kühnes Raubritter wohnt in Burg oder nur Fledermäuse und anderes tierisches
Geziefer“, sagte er. „Vielleicht brauche ich Knüppel für Nachtruhe.“
Gerade als er die Zugbrücke
betrat und darüber staunte, wie tief der Burggraben war, hörte er hinter sich
das Klappern eines Fahrzeugs. Er wandte sich um und sah zu seiner größten
Verwunderung, wie Siebenschütz aus dem Führerhaus des Milchwagens kletterte,
von dem er sich eine Flasche Milch genommen hatte.
„Guck an“, sagte er, „ist sich
das dumme Mensch doch nicht gefallen von Kaufhausdach! Werd ich sofort lassen
runter das Fallgitter, dann er steht draußen wie Affe vor Käfig.“
Aber das Fallgitter war
verrostet und die große Seilwinde nicht zu bewegen.
„Lotterwirtschaft!“ brummte
Knasterbax. „Muß ich nehmen Beine in Hand und machen kleines Wettlauf mit
langsames Siebenschütz. Hat mich das Mensch ja schon entdeckt. Wenn ich finde
Versteck, mache ich Klappe zu, und das dumme Esel läuft vorbei.“
Er warf noch einen Blick auf
seinen Verfolger, der sich eben den Helm zurechtrückte, und fegte dann durch
das Tor in den äußeren Burghof hinein. Mitten auf dem Hof stand ein Brunnen,
durch ein hölzernes Häuschen vor Regen geschützt.
„Was sag’ ich“, rief
Knasterbax, „hab’ ich Versteck schon gefunden ohne beschwerliches Wettlauf!
Brunnen ist tief und dunkel. Steig’ ich hinein und bin sicher.“
Aber das Hineinsteigen war
nicht möglich, denn es führten weder Steinstufen noch Eisensprossen hinab. An
dem Seil, das über dem Schacht baumelte, mochte er sich auch nicht
herunterlassen, das sah nicht mehr sehr haltbar aus. Ein Blick aus dem
hölzernen Verschlag auf seinen Verfolger zeigte ihm, daß es inzwischen zu spät
war, über den Hof in eins der Gebäude zu laufen: Siebenschütz sauste soeben
durch das Tor.
„Schönes Schweinerei“,
flüsterte Knasterbax, „sitz’ ich hier wie Maus in Falle!“
Weil er jedoch niemals aufgab,
bevor ihm die Hände gefesselt waren, sah er sich an seinem Zufluchtsort genau
um, ob er nicht doch noch eine Möglichkeit fand, sich zu verstecken.
Unter dem niedrigen Dach des
Brunnenhäuschens entdeckte er einen Querbalken, der wohl einen Mann tragen
mochte. Entschlossen stellte er sich auf den Brunnenrand und kletterte hinauf.
Der Balken ächzte und zitterte. Er war so schmal, daß selbst ein Seiltänzer
Mühe gehabt hätte, sich darauf im Gleichgewicht zu halten. Knasterbax
fürchtete, jeden Augenblick in den runden Schacht hinabzustürzen. Erst als er
sich mit dem Rücken gegen das Dach stützte, stand er etwas sicherer.
Siebenschütz, der bei dem
Räuber mit allen Tricks rechnete, hatte den Brunnen ebenfalls gesehen und
wollte nicht daran vorbeilaufen, ohne einen Blick hineinzuwerfen. Von der
wilden Verfolgungsjagd ganz außer Atem, stolperte er durch die Türöffnung und
beugte sich über den Brunnenrand. Nur eine Handbreit über ihm hockte Knasterbax
im Halbdunkel wie ein Huhn auf der Stange, seine Stiefel stießen fast an den
Helm des eifrigen Polizisten. Er hielt die Luft an und schloß die Augen.
Siebenschütz schaute prüfend in
den dunklen Schacht.
„Knasterbax, bist du da?“ rief
er. Schaurig dröhnte ihm das Echo aus der Tiefe entgegen.
„Nein, da kann er nicht sein,
das würde ich spüren.“ Und er verließ das Brunnenhaus.
Kaum war er draußen, da sprang
Knasterbax von seinem Hahnenbalken herunter und lockerte die verkrampften
Glieder.
„Armes Schutzmann, bist du
wieder gekrochen auf Leim von kluges Knasterbax?“ sagte er grinsend. „Warum
guckst du nicht mit dumme Glubschaugen nach oben? Nun mußt du suchen in
verwinkeltes Burg und findest niemals das ehrenwerte Räuber Knasterbax.“
Vorsichtig aus der Türöffnung
lugend, sah er, wie der Schutzmann soeben eine hölzerne Treppe betrat, die auf
den Wehrgang führte. „Richtig so“, freute sich Knasterbax, „geh nur spazieren
auf hohes Burgmauer und guck durch Schießscharte, ob nicht kommt böses Feind mit
großes Ballerkanone. Werd ich jetzt schleichen in Wohnzimmer von Burgfräulein
oder in Schlafzimmer von einsames Ritter Reginald das Mutige.“
Er zog die Stiefel aus und
schlich auf Socken zu den Gebäuden hinüber. Aber so leise und vorsichtig er
sich auch bewegte, Siebenschütz bemerkte ihn doch.
„Bleib stehen, Knasterbax!“
rief er und lehnte
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