Immer dieser Knasterbax
einen Kriminalfall. Es geht um den Burggeist.“
„Tut mir leid!“ wehrte
Siebenschütz ab. „Auf Geister, Hexen, Gespenster und Kobolde verstehe ich mich
nicht. Wenn Sie Ärger mit derartigen Wesen haben, müssen Sie sich an jemand
anders um Rat wenden.“
„Entschuldigen Sie“, wandte der
Wirt ein, „aber Sie sind genau der Mann, den ich brauche.“
Der Polizist schüttelte den
Kopf.
„Sie täuschen sich!“ rief er.
„Ich verstehe wirklich nichts von Gespenstern!“
„Sie brauchen auch nichts davon
zu verstehen“, ereiferte sich der Wirt, „sondern sollen selber eins sein! So
wie gestern!“
Siebenschütz sah den Mann
verständnislos an.
„Ich soll ein Gespenst sein?“
wiederholte er. „Wie gestern? Wie kommen Sie darauf, daß ich gestern ein
Gespenst war?“
„Wenn Sie gestatten“, sagte der
Wirt und setzte sich aufs Bett. „Mein Burgführer hat mir erzählt, daß Sie
gestern im Kerker eingesperrt waren.“
„Ja“, bestätigte Siebenschütz,
„das stimmt. Knasterbax, der gemeine Kerl, hatte mich in die Falle gelockt.“
„Ich weiß“, sagte der Wirt.
„Und in Ihrem Gefängnis haben Sie laut geschrien!“
„Natürlich!“ rief Siebenschütz.
„Was sonst! Hätte ich etwa Freudenlieder singen sollen?“
„Nein, nein“, sagte der Wirt
beschwichtigend, „ich hätte auch geschrien an Ihrer Stelle. Darum geht es mir
nämlich. Um das Geschrei! Ich möchte Sie bitten, heute wieder in den Kerker zu
gehen und noch einmal zu schreien, genauso wie gestern.“
„Sie wollen mich wohl zum
Narren halten!“ empörte sich der Schutzmann. „So was tue ich doch nicht
freiwillig! Ich bin froh, daß Ihr Burgführer mich befreit hat. Warum wollen Sie
das überhaupt?“
„Ach, wissen Sie“, begann der
Wirt, „es hat soeben jemand angerufen bei mir, jemand, der gestern an einer
Burgführung teilnahm, und der hat mir erzählt, daß der Burggeist im Kerker sie
alle furchtbar erschreckt habe. ,Ich will hier ’raus! Mach die Tür auf,
Knasterbax!‘ habe er immer geschrien und dabei heftig gepoltert. Das müssen Sie
doch gewesen sein.“
„Ja“, bestätigte Siebenschütz,
„das war ich. Aber ich bin kein Geist, wenn Sie sich freundlich überzeugen
wollen!“
„Selbstverständlich nicht!“
sagte der Wirt. „Der Burgführer und ich wissen das auch. Aber die Leute wissen
es nicht, die glauben, ein Geist habe geschrien und gelärmt. Und weil sich für
heute eine andere Reisegesellschaft angemeldet hat, die nur deshalb kommt, weil
sie den Geist erleben will, möchte ich Sie herzlich bitten, ihn noch mal zu
spielen.“
Siebenschütz schüttelte den
Kopf.
„Kommt nicht in Frage!“ rief
er. „Ein Polizist hat anderes zu tun, als gelangweilten Leuten das Gruseln
beizubringen. Ich muß mich sofort auf den Weg machen, damit mir der
unverschämte Knasterbax nicht entgeht. Suchen Sie sich also ein anderes
Burggespenst.“
Der Wirt seufzte.
„Das würde ich ja gerne tun“,
sagte er, „aber ich weiß nicht, wo! Hier auf der Burg sind außer mir und dem
Burgführer nur Frauen beschäftigt, und von denen ist keine für ein Burggespenst
geeignet. Ich würde mich ja selber in den Kerker sperren lassen, aber ich muß
in der Gaststube bedienen; und der Burgführer kann nicht Burggespenst sein und
gleichzeitig eine Führung machen. Wenn es nicht so eilig wäre, könnte ich mich
unten im Dorf umhören; die Gesellschaft will jedoch schon heute morgen kommen.
Bitte, Herr Wachtmeister, nur dies eine Mal noch! Für morgen und später werde
ich schon Ersatz besorgen. Wissen Sie, wenn es sich nämlich herumspricht, daß
es in meiner Burg einen Geist oder ein Gespenst gibt, werden immer mehr
Besucher kommen, aus reiner Neugier. Und das wäre wunderschön. Sie würden bei
mir einkehren, essen und trinken, und ich würde etwas mehr Geld kriegen. Es ist
ja nicht billig, so eine große Burg instandzuhalten.“
Während der Wirt sprach, hatte
Siebenschütz einen Einfall, einen Einfall, der ihn so erwärmte, als hätte ihn
der grimmige Heribert neben dem Kanonenofen an die Kette gelegt. Das könnte
doch, so dachte er, die richtige Arbeit für einen Mann sein, der kein Haus hat
und im Freien schlafen und frieren muß! Für Knasterbax!
Er sah den Wirt mit
zusammengekniffenen Augen an und erwog das Für und Wider.
„Gut“, sagte er schließlich,
„ich werde den Burggeist noch einmal spielen, und ich verspreche Ihnen sogar,
in allernächster Zeit mit meinem Freund zurückzukehren und mit ihm gemeinsam
einen so
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