Immer dieser Michel
das sonst der Dorfschuhmacher eingesteckt hätte. Alfred war nicht weniger tüchtig, er stopfte sich seine Strümpfe selbst. Sie hatten immer an den Zehen und Fersen große Löcher. Alfred zog sie schnell und geschickt zusammen. Lina wollte ihm gern helfen, aber Alfred erlaubte es nicht.
"Nein, siehst du, dann wäre ich festgenagelt", erklärte er Michel.
"Und nachher hilft es nichts mehr, wie fein man es ihr auch sagt."
Michel und Ida saßen oft unter dem Tisch und spielten mit der Katze. Einmal versuchte Michel, Ida einzureden, daß die Katze eigentlich ein Wolf sei, und als sie es nicht glauben wollte, stimmte er ein Wolfsgeheul an, daß alle in der Küche zitterten.
Seine Mutter wollte wissen, was das Geheul bedeute, und Michel sagte:
"Wir haben doch hier unter dem Tisch einen Wolf." Sofort begann Krösa-Maja von Wölfen zu sprechen, und da krochen Michel und Ida schnell unter dem Tisch hervor, um zuzuhören.
Jetzt würde es etwas Gruseliges geben, das wußten sie, denn es waren immer nur Gruselgeschichten, die Krösa-Maja erzählte.
Wenn es nicht um Mörder oder Einbrecher oder Geister ging, dann um schreckliche Enthauptungen und fürchterliche Feuersbrünste und tödliche Krankheiten oder gefährliche Tiere.
Wie zum Beispiel Wölfe.
"Als ich klein war", begann Krösa-Maja, "da gab es hier in Smaland viele Wölfe."
"Dann aber kam doch König Karl XII. und schoß sie ab - zum Glück ", sagte Lina.
Da wurde Krösa-Maja böse. Alt war sie ja, aber nicht so alt, wie Lina glaubte.
"Du redest doch nur, wie du es verstehst", sagte Krösa-Maja und wollte nicht mehr weitererzählen. Michel aber schmeichelte und drängte, und schließlich fing sie wieder an und erzählte sehr viel 80
Schauriges von Wölfen und davon, wie man früher, als sie noch klein war, Wolfsgruben machte und Wölfe darin fing.
"Also da brauchte Karl XII. dann nicht mehr zu kommen. . ." fing Lina von neuem an, hörte aber schnell auf, denn Krösa-Maja wurde wieder böse, und das war auch kein Wunder. Karl XII. war ein König, der vor Hunderten von Jahren gelebt hatte, mußt du wissen, und so alt oder uralt war Krösa-Maja schließlich nicht.
Michel schaffte es wieder mit seinen Schmeicheleien, und Krösa-Maja erzählte weiter: von Werwölfen, die die fürchterlichsten aller Wölfe wären und die nur im Mondschein umherschlichen.
Die Werwölfe könnten sprechen, sagte Krösa-Maja, sie wären keine gewöhnlichen Wölfe, sie wären so etwas zwischen Wolf und Mensch und die schrecklichsten Ungeheuer. Träfe man einen Werwolf im Mondschein, dann könnte man getrost gute Nacht sagen, denn schlimmere Raubtiere gäbe es nicht. Und deshalb sollten sich die Menschen nachts nicht draußen aufhalten, wenn Mondschein wäre, sagte Krösa-Maja und starrte Lina an.
"Aber Karl XII. . . .?" fragte Lina.
Da schleuderte Krösa-Maja die Wollkämme von sich und sagte, daß sie nun gehen müsse, denn jetzt fühle sie sich wirklich alt und müde.
Abends, als Michel und Ida in ihren Betten in der Kammer lagen, redeten sie wieder von den Wölfen.
"Es ist doch gut, daß es jetzt keine mehr gibt", sagte Ida.
"Keine mehr gibt?" erwiderte Michel. "Woher weißt du das, wenn du keine Wolfsgrube hast, um sie darin zu fangen?"
Lange lag er wach und dachte darüber nach, und je länger er nachdachte, desto sicherer war er, daß er nur eine Wolfsgrube brauchte; dann würde er schon einen Wolf darin fangen. Flink wie er war, begann er gleich am nächsten Morgen, zwischen dem Tischlerschuppen und der Vorratskammer eine Wolfsgrube auszuheben. Es war die Stelle, wo im Sommer die vielen Brennesseln wuchsen, die aber jetzt schwarz und vertrocknet am Boden lagen.
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Es dauert eine ganze Zeit, bis eine Wolfsgrube gegraben ist. Tief mußte sie sein, wenn der Wolf nicht wieder herauskommen sollte, nachdem er einmal hineingefallen war. Alfred half Michel hin und wieder mit einigen Spatenstichen - trotzdem war die Grube erst gegen Weihnachten fertig.
"Ist doch gut so", sagte Alfred, "denn die Wölfe kommen nicht eher aus dem Wald heraus, bevor es tiefer Winter ist und sie richtig ausgehungert sind."
Klein-Ida schüttelte sich, wenn sie an die hungrigen Wölfe dort hinten im Wald dachte, die in der kalten Winternacht geschlichen kommen und heulend um die Hausecken streichen
würden. Michel schüttelte sich nicht. Er sah Alfred mit glitzernden an und freute sich schon auf den Wolf, der in seine Grube stürzen sollte.
"Nun muß ich sie nur noch mit Ästen und Zweigen
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