Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Immer dieser Michel

Immer dieser Michel

Titel: Immer dieser Michel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
Vom Netzwerk:
versicherte ihm, es sei wirklich keiner, es sei eine gute Tat, und Gottes Engel würden darüber ebenso in die Hände klatschen, wie sie vorher über das elende Weihnachten im Armenhaus geweint hätten.
    "Mutter wird sich auch freuen", sagte Michel.
    Ja, aber Vater . . ." sagte Klein-Ida.
    "Hm", sagte Michel. "Aber es ist auf keinen Fall Unfug." Dann schwieg er und dachte wieder nach.
    "Den Drachen aus der Höhle zu locken, das wird das schwerste sein", sagte er. "Aber wir wollen es wenigstens versuchen."
    Zu der Zeit hatte die Maduskan alle Würste, allen Schinken und die Fleischsülze, dazu den Rest des Safranstollens und die letzten Pfefferkuchen in sich hineingestopft, und sie hatte auch noch vorsorglich den Schnupftabak von Stolle-Jocke
    aufgeschnupft. Nun saß sie in ihrem Bodenzimmer und fühlte sich elend, so wie man sich fühlt, wenn man unrecht getan und außerdem viel zu viele Klöße gegessen hat. Hinunter zu den 89
    anderen wollte sie nicht gehen, die jammerten ja nur und glotzten sie an und sprachen kein Wort.
    Wie sie so dasaß und sich elend fühlte, hörte sie, daß jemand an die Außentür klopfte, und sie beeilte sich nachzusehen, wer es war.
    Michel war es, Michel stand auf den Stufen vor der Eingangstür, Michel aus Katthult. Da wurde sie mißtrauisch: Vielleicht hatte Stollejocke oder Unken-Ulla etwas erzählt, und vielleicht kam Michel deshalb hierher.
    Aber der kleine Michel machte einen Diener und fragte höflich:
    "Habe ich vielleicht mein Taschenmesser vergessen, das letztemal, als ich hier war?"
    Denk nur, wie pfiffig er war. Michels Taschenmesser steckte wohlbehalten in seiner eigenen Hosentasche. Aber er brauchte doch einen Vorwand, um ins Armenhaus zu kommen, und deshalb hatte er sich diese Frage ausgedacht.
    "Nein, ich habe kein Messer gesehen", versicherte die Maduskan.
    "Haben die Würste geschmeckt?" fragte Michel. "Undidie Sülze und all das andere?"
    Die Maduskan starrte auf ihre breiten Füße.
    Ja, ja", sagte sie rasch. Ja, die liebe Mutter auf Katthult - sie weiß schon, was den Armen schmeckt. Grüße sie ganz herzlich!"
    Und jetzt sagte Michel das, was er sagen wollte, weshalb er hergekommen war. Er sagte es allerdings so nebenbei, als sei es nichts besonders Wichtiges.
    "Mama und Papa sind zum Weihnachtsschmaus auf Skorphult", sagte er.
    Da wurde sie neugierig.
    "So, heute ist Schmaus auf Skorphult? Das wußte ich nicht."
    Nein, sonst wärst du schon längst dort, dachte Michel. Er wußte ebensogut wie alle anderen in Lönneberga, daß die Maduskan bestimmt in der Küchentür stand, sobald irgendwo geschmaust wurde. Für Käsekuchen ging sie durch Feuer und Wasser. Und wenn du jemals in Lönneberga bei einem Festessen gewesen bist, dann weißt du, warum. Stets standen auf dem Tisch lange Reihen 90
    blinkender Kupferschüsseln mit Käsekuchen, den die Gäste als Geschenk überreicht hatten - als "Mitgebrachtes", wie es in Lönneberga hieß.
    "Siebzehn Käsekuchen", sagte Michel. "Was soll man dazu sagen?"
    Nun konnte Michel natürlich unmöglich wissen, ob sie in Skorphult siebzehn Käsekuchen hatten, und das behauptete er auch nicht, denn lügen wollte er nicht. Er sagte nur schlau:
    "Siebzehn Käsekuchen, was soll man dazu sagen?"
    Ja, das möchte ich auch wissen", stimmte die Maduskan zu.
    Michel ging. Er hatte das Seine getan. Er wußte, daß spätestens in einer halben Stunde sich jemand auf den Weg nach Skorphult machen würde.
    Michel hatte richtig gerechnet. Er und Alfred und Klein-Ida lauerten hinter einem Holzstapel und sahen die Maduskan herauskommen, in ihr dickes Umschlagtuch gehüllt und mit dem Bettelsack unter dem Arm: Sie war auf dem Weg nach Skorphult.
    Aber -kann man sich eine solche Bosheit vorstellen? - sie schloß die Haustür ab und steckte den Schlüssel ein. Das hatte sie sich fein ausgedacht! Nun waren die armen Wesen eingesperrt wie in einem Gefängnis. Jetzt sollte Stolle-Jocke nur versuchen, wieder zu fliehen, er würde schon sehen, wer hier die Macht hatte und mit wem nicht zu spaßen war! Und so schnell ihre dicken Beine sie trugen, eilte die Maduskan auf Skorphult zu.
    Michel rüttelte an der Tür und merkte, wie gründlich abgeschlossen sie war. Das taten auch Alfred und Klein-Ida - ja, sie war abgeschlossen, da gab es nichts zu rütteln.
    Hinter den Fenstern drängten sich alle und starrten erschrocken auf die drei, die draußen standen und hinein wollten. Michel aber rief:
    "Ihr sollt zum Festessen nach Katthult kommen! Wenn wir euch bloß

Weitere Kostenlose Bücher