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Immer dieser Michel

Immer dieser Michel

Titel: Immer dieser Michel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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"Manchmal weiß ich gar nicht, was ich antworten soll."

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    Und sicher ist, daß Lina nicht so besonders heimisch in der Bibel war. Das wußte der Pastor, und er stellte ihr deshalb ganz leichte Fragen. Er war ein freundlicher Mann. Nun hatte er lang und breit von Adam und Eva erzählt, die im Garten Eden gewohnt hatten und die ersten Menschen auf Erden gewesen waren.
    Deshalb glaubte er, daß alle, sogar Lina, etwas dabei gelernt hätten, und als jetzt Lina an der Reihe war, erkundigte er sich sehr freundlich:
    "Na, Lina, wie hießen also unsere Ureltern?"
    "Thor und Freya", sagte Lina, ohne zu zögern, und Michels Mutter bekam vor Ärger über diese Antwort einen roten Kopf.
    Thor und Freya waren doch zwei alte Götter, an die die Leute in Schweden vor über tausend Jahren geglaubt hatten, bevor sie auch nur einen Knips von der Bibel wußten.
    "Du bist und bleibst ein Heide", sagte Michels Mutter nachher, aber Lina verteidigte sich:
    ."Die rühren soviel zusammen! Warum soll gerade ich Ordnung in alles bringen?"
    Der Pastor aber war wie immer auch bei dieser Befragung nachsichtig. Er tat, als habe Lina nicht falsch geantwortet. Er erzählte statt dessen davon, wie Gott die Erde und alle Menschen, die auf ihr wohnten, geschaffen hatte und wie wunderbar seine Schöpfung doch war.
    "Auch du, Lina, bist ein richtiges Wunderwerk", erklärte der Pastor, und er fragte Lina, ob sie das einmal bedacht habe und ob sie nicht glaube, es sei wunderbar, daß Gott sie geschaffen habe.
    Lina sagte, das glaube sie - aber dann besann sie sich.
    Ja, natürlich, aber mich, die Lina, zu machen war wohl nicht so wunderbar. Nur alle diese Schnörkel, die ich in den Ohren habe, ich glaube, die zusammenzubekommen, das war bestimmt eine lausige Arbeit!"
    Da wurde Michels Mutter wieder rot, denn es schien ihr, als würde Schande über ganz Katthult gebracht, wenn Lina so dumm antwortete. Und es wurde nicht besser, als hinten aus Michels Ecke ein kurzes helles Lachen aufstieg. Bei Glaubensbefragungen 168
    sollte nicht gelacht werden. Michels Mutter saß da und schämte sich und fühlte sich erst wieder wohl, nachdem die Befragung endlich zu Ende war und man mit der Schmauserei anfangen konnte.
    Michels Mutter hatte, wie immer zu ihren Festessen, reichliches und gutes Essen zubereitet, wenn auch Michels Vater versucht hatte, ihr davon abzuraten.
    "Es sind doch wohl die Bibel und der Katechismus, die wichtig sind. Du aber verlagerst es auf Fleischklöße und Käsekuchen!"
    "Alles zu seiner Zeit", sagte Michels Mutter. "Katechismus zu seiner Zeit und Käsekuchen zu seiner Zeit."
    Ja, der Käsekuchen kam wirklich zu seiner Zeit, und sie aßen und fühlten sich wohl, alle, die zur Glaubensbefragung in Katthult waren. Michel aß auch Käsekuchen, ganze Fuhren, mit Eingemachtem und Sahne dazu. Gerade als er aufgegessen hatte, kam seine Mutter und sagte:
    "Du, Michel, sei so nett, geh und sperr die Hühner ein!" Die Hühner liefen den ganzen Tag frei herum. Wenn der Abend kam, mußte man sie aber einsperren, weil der Fuchs nachts vor den Türen herumschlich.
    Es war jetzt beinahe dunkel, und es regnete, aber Michel fand es trotzdem angenehm, von der Stubenwärme, dem Gerede und den Käsekuchen weg zu sein. Fast alle Hühner saßen bereits im Hühnerhaus auf ihren Stangen, nur Hinke-Lotta und ein paar andere übergeschnappte Hühner spazierten noch draußen im Regen umher. Aber Michel jagte sie hinein und verriegelte die Tür ordentlich. Jetzt konnte der Fuchs kommen, wenn er wollte.
    Neben dem Hühnerstall lag der Schweinestall. Michel sah schnell zu Knirps-schweinchen hinein und versprach ihm zum Abend einen Festschmaus.
    "Es bleibt immer etwas auf den Tellern übrig, wenn die Gefräßigen gesättigt sind", sagte Michel, und Knirpsschweinchen grunzte erwartungsvoll.
    "Ich komme bald zurück", sagte Michel und schob auch an der Schweinestalltür den Riegel ordentlich vor.

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    Hinter dem Schweinestall lag der Lokus, ja, so sagte man damals.
    Du findest vielleicht, daß es kein besonders feines Wort ist, aber da hättest du hören müssen, was für ein Wort Alfred gebrauchte.
    Er nannte es geradeheraus ein... na ja, das brauche ich dir ja nicht beizubringen. Der Lokus in Katthult hatte aber auch einen vornehmeren Namen. Er wurde die Trissebude genannt nach dem Knecht Trisse, der einmal lange vorher, zur Zeit von Michels Großvater, dieses kleine, so unentbehrliche Häuschen gebaut hatte.
    Michel hatte die Hühnerstalltür verriegelt, und er hatte

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