Immer für dich da (German Edition)
Wichtig war nur, dass sie es besser machen konnte. Am Ende des Seminars fühlte sie sich weder verletzt noch niedergeschlagen, sondern bestärkt. Sie konnte es kaum erwarten, nach Hause zu fahren und noch mal von vorn anzufangen.
Als sie ihre Sachen zusammenpackte, kam der Dozent zu ihr und sagte: »Sehr vielversprechend, Kate.«
»Vielen Dank.«
Strahlend eilte sie aus dem Seminarraum. Den ganzen Weg bis zu ihrem Wagen dachte sie über Verbesserungen und neue Wendungen für ihre Geschichte nach.
Sie verlor sich derart in ihren Gedanken, dass sie die Ausfahrt verpasste und wieder zurückfahren musste.
Gegen 13.20 Uhr kam sie ins Ivar’s. Ihre Mutter saß bereits an einem Ecktisch.
»Tut mir leid, dass ich zu spät komme«, entschuldigte sich Kate. »Ich fahre nur sehr ungern in die Innenstadt.«
»Ich habe Salat mit Krabben für uns bestellt, weil du ja die 2-Uhr-Fähre nehmen musst.« Ihre Mutter beugte sich vor. »Und? Findet dein Dozent auch, dass du besser bist als John Grisham?«
Kate musste lachen. »So hat er es zwar nicht ausgedrückt, aber er meinte, ich hätte Talent.«
»Ach.« Mit enttäuschter Miene lehnte sich ihre Mutter zurück. »Ich fand deine Geschichte brillant. Und Dad auch.«
»Ach, er meint auch, ich sei besser als John Grisham? Und das schon bei meiner ersten Geschichte? Dann muss ich wohl ein Genie sein.«
»Willst du damit vielleicht sagen, wir sind nicht ganz objektiv?«
»Ja, so was in der Richtung. Aber das ist sehr lieb von euch.«
»Ich bin stolz auf dich. Ich hab mir auch immer so etwas für mich gewünscht. Aber leider reichte es nur zum Stricken.«
»Du hast zwei großartige Kinder aufgezogen – das heißt, das eine ist großartig, das andere ist nur ganz okay«, scherzte Kate. »Und hast eine gute Ehe geführt und alle glücklich gemacht. Darauf solltest du stolz sein.«
»Das bin ich auch, aber …«
Kate legte die Hand auf die ihrer Mutter. Sie wussten es beide; jede Frau, die für ihre Kinder zu Hause blieb, wusste es. Das war der Preis dieser Entscheidung. »Du bist mein Vorbild, Mom«, erklärte Kate.
Mit Tränen in den Augen sah ihre Mom sie an. Bevor sie noch etwas sagen konnte, brachte die Kellnerin das Essen.
Kate begann zu essen. Ohne Vorwarnung wurde ihr übel.
»Entschuldige«, murmelte sie, schlug sich die Hand vor den Mund und rannte zur Toilette. Dort musste sie sich übergeben.
Sie fühlte sich schwach und zitterte am ganzen Körper. Ihr Gesicht im Spiegel sah verhärmt und kreidebleich aus. Jetzt bemerkte sie auch die dunklen Ringe unter den Augen.
Vielleicht kriege ich eine Magen-Darm-Grippe, dachte sie.
Immer noch zittrig, kehrte sie zum Tisch zurück. Ihre Mutter betrachtete sie prüfend.
»Ist schon wieder gut.« Kate setzte sich. »Ich war am Wochenende mit Marah bei einer Spielgruppe, in der alle Kinder krank waren.« Sie wartete auf eine Antwort ihrer Mutter, doch als sie ausblieb, sah sie auf. »Was ist?«
»Mayonnaise«, bemerkte ihre Mutter. »Als du mit Marah schwanger warst, ist dir davon auch übel geworden.«
Plötzlich hatte Kate das Gefühl, als hätte sich ihr Stuhl unter ihr aufgelöst, wäre einfach verschwunden und sie fiele zu Boden. Ein paar Unannehmlichkeiten fielen ihr ein und wurden auf einmal zu Hinweisen: gespannte Brüste, obwohl sie nicht ihre Periode hatte, Schlafstörungen, Erschöpfung. Sie schloss die Augen und schüttelte seufzend den Kopf. Sie hatte sich noch ein Baby gewünscht – genau wie Johnny –, doch es hatte so lange auf sich warten lassen, dass sie es bereits aufgegeben hatten. Und gerade jetzt lief es doch so gut mit dem Schreiben. Sie wollte keine schlaflosen Nächte mit einem Baby mehr und Tage, die sie so erschöpften, dass sie abends zu müde war, um Fragen zu beantworten oder gar etwas zu schreiben.
»Dann dauert es eben etwas länger, bis du Schriftstellerin wirst«, meinte ihre Mutter. »Du kannst ja beides machen.«
»Wir haben uns noch ein Baby gewünscht.« Sie versuchte zu lächeln. »Und ich schreibe einfach weiter. Du wirst schon sehen.« Fast war sie selbst davon überzeugt. »Ich schaffe das, auch mit zwei Kindern.«
Doch zwei Tage später erfuhr sie, dass sie Zwillinge bekam.
TEIL 4
Das neue Jahrtausend
A Moment Like This
Some people wait a lifetime
Kapitel 23
D as Jahr 2000 ließ Kate kaum Zeit, innezuhalten und sich zu fragen, wo all die Jahre geblieben waren. Nachdenken und stille Betrachtung waren – genau wie Muße – Begriffe aus einer
Weitere Kostenlose Bücher