Immer für dich da (German Edition)
anderen Ära, einem anderen Leben. Von Pfaden, die sie nicht eingeschlagen hatte, wie es so schön hieß. Eine Frau mit drei Kindern – einer Zehnjährigen, die sich rasch der Pubertät näherte, und Zwillingsjungen unter zwei – hatte einfach nicht die Zeit, sich viele Gedanken über sich selbst zu machen, denn durch den großen Altersunterschied ihrer Kinder war es fast so, als hätte sie zwei Familien. Jetzt wusste sie, warum die meisten ihre Kinder dicht hintereinander bekamen. Nach langer Zeit noch einmal ganz von vorne anzufangen erhöhte den mütterlichen Erschöpfungsgrad ganz beträchtlich.
Ihre Tage wurden von lauter Kleinigkeiten aufgezehrt, und dieser überraschend sonnige Märzmorgen war da keine Ausnahme. Ihre Pflichten reihten sich derart nahtlos aneinander, dass sie von morgens bis abends in Bewegung war, ohne auch nur etwas Zeit für sich zu finden. Unglücklicherweise schien sie dabei nie etwas Wichtiges zu leisten. So war das Leben einer Mutter: ein Rennen ohne Ziellinie. Dies war auch ständig Thema, wenn sie mit anderen Frauen vor der Schule auf die Kinder wartete. Dies und Scheidungen. In letzter Zeit schien fast jeden Monat eine solide wirkende Ehe zu zerbrechen.
Allerdings war dieser Tag etwas ganz Besonderes, denn heute wollte Tully nach Seattle kommen, um für ihre Show zu werben. Zum ersten Mal seit Monaten würden sie sich sehen, und Kate konnte es kaum erwarten. Sie hatte etwas Zeit mit ihrer Freundin dringend nötig.
Sie erledigte im Eiltempo ihre Pflichten – Marah bei der Schule absetzen, zum Vorlesen in die Bücherei, Johnnys Sachen von der Reinigung abholen, die Jungen zum Mittagsschlaf hinlegen und saubermachen.
Als sie um halb drei Marah abholte, war sie erschöpft.
»Tante Tully schläft doch bei uns, oder, Mommy?«, fragte Marah vom Rücksitz.
»Bestimmt, Schatz.«
»Wirst du dich schminken?«
Kate musste unwillkürlich lächeln. Sie wusste nicht, wie es geschehen war, doch irgendwie hatte sie eine kleine Schönheitskönigin großgezogen. Mit ihren zehn Jahren hatte Marah bereits mehr Gespür für Stil und Mode, als Kate je gehabt hatte. Staunend sah sie zu, wenn ihre große, schlanke Tochter über Modemagazinen für Jugendliche brütete und die Namen von Designern aufsagte. Kleiderkaufen mit ihr war ein einziger Alptraum. Wenn sie nicht genau das fand, was sie sich vorstellte, wurde sie fuchsteufelswild. Kate hegte auch keinerlei Zweifel, dass ihre Tochter das Erscheinungsbild ihrer Mutter begutachtete und mehr als einmal ungenügend fand. »Ja, ich schminke mich, föhne mir sogar die Haare, wie findest du das?«
»Darf ich Lipgloss auftragen? Nur dieses eine Mal? Alle Mädchen –«
»Nein, das Thema hatten wir schon, Marah. Du bist zu jung.«
»Aber ich bin doch kein Baby mehr.«
»Ein Teenager bist du aber auch noch nicht. Glaub mir, du wirst noch viel Zeit dafür haben.« Sie fuhr in die Garage.
Marah war bereits im Haus, noch bevor Kate sie bitten konnte, ihr beim Tragen zu helfen. »Danke für die Hilfe«, murmelte sie und schnallte die Zwillinge ab. Lucas und William waren schon einzeln wild, aber zusammen eine Katastrophe.
Die nächsten Stunden widmete sie sich ihren Nachmittagspflichten. Zusätzlich dazu verteilte sie im ganzen Haus Vasen mit Blumen, plazierte Duftkerzen an Stellen, die zu hoch für die Zwillinge waren, und putzte gründlich das Gästezimmer für den Fall, dass Tully bei ihnen übernachtete. Dann schob sie das Essen in den Ofen und ging, immer die Jungen im Schlepptau, nach oben, um sich umzuziehen. Als sie an Marahs Zimmer vorbeikam, hörte sie stete Schritte, was bedeutete, dass ihre Tochter ein Kleidungsstück nach dem anderen aus dem Schrank holte.
Lächelnd setzte Kate die Jungs in den Laufstall, ignorierte ihr Protestgeschrei und ging duschen. Als sie sich die Haare geföhnt hatte, öffnete sie die Badezimmertür. »Na, Jungs, alles klar?«
Lucas und William unterhielten sich in Babysprache.
»Gut«, sagte sie und tätschelte ihnen den Kopf.
Dann stand sie seufzend vor ihrem Schrank. Ihre Kleider waren entweder nicht mehr modern oder zu eng. Sie hatte immer noch ein paar Pfund zu viel auf den Rippen, denn die Zwillinge hatten ihren Bauch zu einem riesigen Känguruhbeutel ausgedehnt, und so etwas bildete sich nicht so schnell zurück.
Sport wäre vielleicht die Lösung gewesen, und jetzt überkam sie heftige Reue, dass sie nicht die Zeit dafür gefunden hatte.
Sie entschied sich für ihre Lieblingsjeans und einen
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