Immer für dich da (German Edition)
dringend.«
»Danke.«
Auf dem Weg aus dem Aufnahmestudio sprach sie noch kurz mit einigen Kollegen, doch als sie ihr Büro erreicht hatte, schloss sie die Tür, nahm den Telefonhörer und drückte den Knopf für Leitung eins. »Hier spricht Tully. Hi, George.«
»Vor dem Sender wartet ein Wagen auf dich. Wir treffen uns in einer Viertelstunde im Plaza.«
»Was ist denn los?«
»Frisch dein Make-up auf und schwing die Hufe.«
Am Hotel war sofort ein Page an ihrer Wagentür und sagte: »Willkommen im Plaza, Miss Hart.«
»Danke.« Sie gab ihm zehn Dollar und betrat die Lobby.
Ihr Agent George Davison, der einen eleganten grauen Armani-Anzug trug, wartete bereits auf sie. »Jetzt können deine Träume wahr werden. Bist du bereit?«
»Hast du’s also endlich geschafft?«
Sie sah sofort, was sie erwartete, denn in einer Ecke saß der Geschäftsführer von CBS.
Als er sie kommen sah, stand er auf. »Hallo, Tallulah, danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.«
Ihr Schritt stockte kurz, doch sie lächelte. »Hallo.« Sie nahm Platz und wartete, bis George sich zwischen sie gesetzt hatte.
»Ich möchte nicht lange um den heißen Brei herumreden. Wie Sie wissen, hat die Today Show höhere Einschaltquoten als unsere Morgenshow.«
»Ja.«
»Wir bei CBS sind der Meinung, dass Sie erheblich zum Erfolg der Sendung beitragen. Mir sind besonders Ihre Interviewfähigkeiten aufgefallen. Ich sage nur: Amy Fisher und Joey Buttafuoco, die Überlebenden beim Bombenanschlag von Oklahoma City; O. J.s Verteidiger und Lyle Menendez. Da waren Sie großartig.«
»Danke.«
»Wir würden Ihnen in unserer Show gerne die Comoderation anbieten, und zwar von der ersten 98 er-Sendung an. Unsere Marktforscher haben ermittelt, dass die Zuschauer sich mit Ihnen verbunden fühlen. Sie bringen Ihnen Sympathie und Vertrauen entgegen. Und genau das brauchen wir, um unsere Einschaltquoten zurückzuholen. Was meinen Sie?«
Tully überkam ein Gefühl, als würde sie abheben. Sie schaffte es nicht, ihre Begeisterung zu unterdrücken, und lächelte breit: »Ich bin sprachlos. Und fühle mich geehrt.«
»Wie lautet Ihr Angebot?«, fragte George.
»Eine Million Dollar pro Jahr für fünf Jahre.«
»Zwei Millionen«, korrigierte George.
»Abgemacht. Was sagen Sie, Tully?«
Tully sah George nicht an. Das war gar nicht nötig, denn sie hatten seit Jahren von einem solchen Angebot geträumt. »Ich sage ja, zum Teufel. Und kann ich morgen schon anfangen?«
Beim Schreiben fand Kate ihre Stimme wieder. Jeden Morgen stand sie um sechs Uhr auf und ging in das Arbeitszimmer, das sie sich eingerichtet hatte. Dort machte sie sich sorgfältig daran, an ihren Sätzen zu feilen und jeden Absatz so lange zu überarbeiten, bis er genau das ausdrückte, was sie sagen wollte. Irgendwann kam Johnny, um ihr einen Abschiedskuss zu geben, und dann war sie wieder allein, bis Marah aufwachte und ihr Alltag begann.
Wenn sie in ihrem behelfsmäßigen Arbeitszimmer saß und sie ihre Finger auf der Tastatur spürte, durchströmte sie ungeheures Selbstvertrauen. Doch wo war es jetzt geblieben?
Sie stand, mit der Tafel im Rücken, vor einem Dutzend gelangweilt wirkender Studenten, die auf ihren Stühlen fläzten; ein paar schienen gar zu dösen. Neben ihr wartete geduldig der Dozent – ein junger Mann mit langen, ungekämmten Haaren, Tarnhose und Sportschuhen. Kate holte tief Luft und begann zu lesen: »Das Mädchen in dem Abbruchhaus war wieder ganz allein. Zumindest ging sie davon aus. Ohne Licht konnte man das in dem winzigen Zimmer mit den zugeklebten Fenstern kaum sagen. Sollte sie versuchen zu fliehen? Das war die große Frage. Als sie es das letzte Mal versucht hatte, hatte sie hart dafür büßen müssen. Unbewusst rieb sie sich über die wunde Stelle am Kinn …«
Sie verlor sich in den Worten, die sie geschrieben hatte, in der Kurzgeschichte, die ganz allein ihre war. Viel zu schnell war der letzte Satz gelesen, und als sie aufsah, erwartete sie, Respekt in den Gesichtern ihrer Zuhörer zu sehen.
Leider hatte sie sich geirrt.
»Nun«, meinte der Dozent und trat zu ihr. »Das war unterhaltsam. Offenbar haben wir eine angehende Autorin von Unterhaltungsliteratur in unserer Mitte. Wer möchte etwas dazu sagen?«
Die nächsten zwanzig Minuten wurde Kates Geschichte analysiert. Sie hörte aufmerksam zu und versuchte, die Kritik nicht persönlich zu nehmen. Es war ganz gleich, dass sie fast vier Wochen an diesen sechs Seiten gearbeitet hatte.
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