Immer für dich da (German Edition)
haben: Prinzessin Diana ist in Frankreich tödlich verunglückt …«
Kate starrte verständnislos auf den Bildschirm.
Die Prinzessin – ihre Prinzessin – tot?
Das Telefon klingelte. Ohne den Blick vom Fernseher zu wenden, nahm sie ab. »Hallo?«
»Schaust du grade Nachrichten?«
»Ist es wahr?«
»Ich bin in London, um darüber zu berichten.«
»O mein Gott.« Kate starrte auf die Bilder im Fernsehen – die junge, schüchterne Diana mit niedergeschlagenen Augen in Schottenrock und Bomberjacke; Diana schwanger und strahlend glücklich; Diana, elegant in einem schulterfreien Abendkleid, tanzend mit John Travolta im Weißen Haus; Diana lachend mit ihren Söhnen auf einer Achterbahn in Disneyland; und schließlich Diana allein in einem afrikanischen Krankenhaus mit einem unterernährten Baby.
In wenigen Bildern das gesamte Leben einer Frau.
»So schnell kann es vorbei sein«, sagte Kate mehr zu sich als zu Tully. Erst einen Moment später bemerkte sie, dass auch Tully etwas gesagt und sie sie unterbrochen hatte.
»Sie wollte grade ihr eigenes Leben beginnen.«
Vielleicht hatte sie einfach zu lange gewartet. Kate wusste genau, wie erschreckend es sein konnte, die eigenen Kinder heranwachsen und den Ehemann zur Arbeit gehen zu sehen und sich zu fragen, was man mit dem kleinen Stück anfangen sollte, das einem vom eigenen Leben noch geblieben war.
»Kate? Alles in Ordnung mit dir?«
»Ich glaube, ich besuche ein Seminar für Kreatives Schreiben an der Uni«, sagte sie langsam.
»Im Ernst? Großartig. Schreiben war schon immer deine Stärke.«
Kate antwortete nicht. Sie ließ sich einfach aufs Sofa sinken und war selbst überrascht, als sie anfing zu weinen.
Kurz darauf bedauerte Kate ihre Entscheidung. Das heißt, eigentlich bedauerte sie, dass sie es Tully erzählt hatte, die es der Mutter und die es wiederum Johnny erzählt hatte.
»Das ist wirklich eine großartige Idee«, sagte Johnny ein paar Tage später, als sie abends im Bett lagen. »Ich werde dich mit all meinen Kräften unterstützen. Sag mir nur, was ich tun soll.«
Kate hätte ihm am liebsten eine lange Liste mit Gründen gegeben, die bewiesen, warum ihr Vorhaben einfach nicht mit ihren anderen Pflichten zu vereinbaren war. Bei Tully und ihm klang alles so leicht, wie ein Menü, das man einfach nur bestellen und dann bezahlen musste.
Aber am Ende konnte sie sich nicht mehr selbst belügen und Ausreden finden. Wenn Marah wild winkend zur Schule aufbrach, sah Kate sich Tag für Tag vor die Aufgabe gestellt, ihre freie Zeit sinnvoll zu füllen. Haushalt und andere Pflichten reichten einfach nicht aus.
Daher setzte sie an einem heißen Altweibersommertag im September ihre Tochter vor der Schule ab, fuhr auf die Vormittagsfähre und dann Richtung Innenstadt. Um halb elf parkte sie auf dem Besucherparkplatz der University of Washington, ging zum Verwaltungstrakt und schrieb sich für ein einziges Seminar ein: Einführung in Kreatives Schreiben.
Die nächste Woche war sie ein einziges Wrack.
»Ich kann das nicht«, erklärte sie jammernd ihrem Mann. Allein beim Gedanken an ihren ersten Unitag wurde ihr übel.
»Du kannst das. Ich bring Marah zur Schule, dann bist du nicht so unter Druck, pünktlich die Fähre zu erreichen.«
»Aber ich bin schon unter Druck.«
Er gab ihr einen Kuss. »Beweg deinen Arsch aus dem Bett.«
Den ganzen Weg zur Uni dachte sie: Was mache ich hier? Ich bin siebenunddreißig. Ich kann unmöglich noch mal zur Uni gehen.
Im Seminarraum entdeckte sie, dass sie die einzige Anwesende über dreißig war – den Dozenten eingeschlossen.
Sie wusste nicht, wann sie sich entspannte, aber allmählich ließ das flaue Gefühl im Magen nach. Je länger der Dozent über das Schreiben und die Gabe des Geschichtenerzählens sprach, desto mehr hatte Kate das Gefühl, wirklich hierhin zu gehören.
Vom Nachrichtentisch aus beendete Tully das Live-Geplänkel mit ihren Comoderatoren, wandte sich zum Teleprompter und las, ohne zu stocken, vor: »Polizeichef Tom Koby in Denver räumte heute ein, dass im Jon-Benét-Ramsey-Fall anfänglich Fehler gemacht wurden. Eingeweihte behaupten, dass …«
Als sie fertig war, bedachte sie die Kamera mit einem Lächeln, das mittlerweile ihr Markenzeichen war, und überließ Bryant und seiner Comoderatorin das Feld. Als sie ihre Notizen und das Skript zusammenpackte, kam einer der Produktionsassistenten zu ihr und flüsterte: »Dein Agent ist am Telefon, Tully. Er meint, es sei
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