Immer für dich da (German Edition)
»Ich weiß. Komm schon, Häschen. Schlafenszeit.«
»Ach, Daddy. Muss ich wirklich? Ich erzähle Tante Tully grade von Mrs Hermann.«
»Ab mit dir, mach dich bettfertig. Ich komme in einer Minute nach und lese dir noch was vor.«
Marah drückte Tully fest an sich, küsste sie auf die Wange und kam schlurfend zu Johnny und Kate.
Sie gab Kate einen flüchtigen Gutenachtkuss und ging dann hinauf.
Tully trat zu Johnny. »Okay, ich hab mich in Geduld geübt, was, wie ihr wisst, nicht meine stärkste Seite ist, doch jetzt sind die Kinder weg, also spuck’s aus.«
Kate runzelte die Stirn. »Was denn?«
»Du siehst schrecklich aus«, sagte Tully sanft. »Was ist los?«
»Ach, nur die Hormone. Oder der Schlafmangel. Die Jungs machen mich fertig.« Sie lachte bei der Aufzählung ihrer üblichen Entschuldigungen. »Mir geht’s gut.«
»Ich glaube, sie weiß gar nicht, was los ist«, meinte Johnny zu Tully, als wäre Kate nicht da.
»Wie läuft es mit dem Schreiben?«, fragte Tully sie.
Kate zuckte zusammen. »Großartig.«
»Sie schreibt nicht«, antwortete Johnny. Kate hätte ihn erwürgen können.
Tully sah sie ungläubig an. »Gar nicht?«
»Nicht dass ich wüsste«, erwiderte Johnny.
»Hört auf so zu reden, als wäre ich gar nicht da«, sagte Kate. »Ich habe eine zehnjährige Diva, die jede Sportart auf diesem Planeten ausübt, dreimal die Woche zum Tanzunterricht geht und mehr gesellschaftliche Verpflichtungen hat als die Mädels aus Sex and the City. Nicht zu vergessen die Zwillinge, die selten zur selben Zeit schlafen und alles kaputtmachen, was sie in die Finger bekommen. Wie zum Teufel soll ich all das schaffen: Kinder, Kochen, Wäschewaschen, Putzen und nebenbei auch noch ein Buch schreiben?« Sie sah sie an. »Ich weiß, was ihr denkt. Was jeder zu denken scheint. Ich sollte mir Freiräume nehmen, um mich zu verwirklichen. Ich sollte mehr sein als nur Mutter. Und verdammt noch mal, das bin ich auch, nur weiß ich einfach nicht, wie ich all das schaffen und noch rechtzeitig in der Autoschlange vor der Schule stehen soll.«
In der Stille, die auf ihren Ausbruch folgte, hörte man das Holz im Kaminfeuer knacken.
Tully sah zu Johnny. »Du Arschloch.«
»Was?« Er wirkte so perplex, dass Kate fast gelacht hätte.
»Sie putzt und kümmert sich um die Wäsche? Verdammt noch mal, kannst du niemanden dafür einstellen?«
»Sie hat nie gesagt, dass sie Hilfe braucht.«
Bis zu diesem Augenblick hatte Kate gar nicht gemerkt, wie überfordert sie sich fühlte. Plötzlich durchströmte sie Erleichterung, und sie merkte, wie sich ihre Muskeln entspannten. »Ich brauche aber Hilfe«, gestand sie endlich.
Johnny zog sie an sich, gab ihr einen Kuss und flüsterte: »Du hättest doch bloß was sagen müssen.« Sie gab ihm auch einen Kuss und schmiegte sich an ihn.
»Schluss mit der Knutscherei«, sagte Tully und packte sie am Arm. »Was wir jetzt brauchen, sind Margaritas. Johnny, bring sie uns auf die Terrasse.«
Draußen lächelte sie ihre Freundin an. »Danke, Tul. Keine Ahnung, warum ich nicht einfach um Hilfe gebeten habe.«
»Machst du Witze? Ich liebe es, Johnny zu schikanieren.« Sie ließ sich in den nächststehenden Liegestuhl sinken. Kate nahm neben ihr Platz.
Johnny kehrte zurück, reichte ihnen ihre Drinks und verschwand wieder.
Nach langem Schweigen erklärte Tully: »Ich sag das, weil du mir am Herzen liegst, Katie: Du musst nicht bei jedem Ausflug und jedem Basar dabei sein. Du musst dir Zeit für dich selbst nehmen.«
»Erzähl mir doch mal was Neues.«
»Ich lese Zeitungen und sehe fern. Mütter, die zu Hause bleiben, sind um vierzig Prozent anfälliger für –«
»Nein, ganz im Ernst. Erzähl mir was Neues. Was Lustiges.«
»Hab ich dir schon von der Jahrtausendwende in Paris erzählt? Nicht vom Feuerwerk, sondern von diesem Typen, einem Brasilianer …«
Mit allen Kindern gemeinsam einzukaufen war ein kräftezehrendes Unterfangen. Als Kate endlich die letzten Besorgungen bei Safeway, der Bücherei, dem Lebensmittelgeschäft und dem Stoffladen erledigt hatte, dröhnte ihr der Schädel und sie war todmüde, obwohl es noch nicht mal drei Uhr nachmittags war. Während der gesamten Heimfahrt schrien die Jungs und Marah schmollte. Sie hatte befunden, dass sie mit zehn zu alt war, zusammen mit den Babys auf dem Rücksitz zu sitzen, und bekam jetzt bei jeder Fahrt einen Wutanfall. Damit wollte sie Kate eindeutig mürbe machen.
»Die Diskussion ist beendet, Marah«, sagte sie, wie
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