Immer für dich da (German Edition)
und ich würden keinerlei Dummheiten dulden.«
Tully blickte abrupt auf. »Was sagen Sie da?« Sie wagte es nicht einmal, ihre Hoffnung in Worte zu fassen.
»Und Rauchen käme schon mal gar nicht in Frage.«
Tully starrte sie an. Tränen brannten ihr in den Augen, aber der Schmerz war nichts im Vergleich zu dem, was in ihrem Inneren geschah. Plötzlich hatte sie das Gefühl, zu fallen. »Wollen Sie damit sagen, ich könnte bei Ihnen leben?«
Mrs M. berührte Tully sacht am Kinn. »Ich weiß, wie hart dein Leben bisher war, Tully, und ich ertrage einfach nicht den Gedanken, dass es weiter so bleibt.«
Plötzlich fiel Tully nicht mehr, sondern sie flog, und auf einmal musste sie doch weinen – wegen ihrer Grandma, wegen der Pflegefamilie, wegen Cloud. Aber nie hatte sie etwas intensiver gespürt als die Erleichterung, die sie jetzt durchströmte. Mit zitternden Händen holte sie ihre zerdrückte, halbleere Schachtel Zigaretten hervor und gab sie Mrs M.
»Willkommen in unserer Familie, Tully«, sagte Mrs M. schließlich, zog Tully in die Arme und ließ sie sich ausweinen.
Ihr gesamtes Leben lang würde Tully sich an diesen Augenblick erinnern. Er war der Beginn zu etwas ganz Neuem. Bei den Mularkeys, wo Krach, Chaos und Liebe herrschten, entdeckte sie einen vollkommen neuen Menschen in sich. Weder hatte sie Geheimnisse, noch erzählte sie Lügen oder gab vor, jemand zu sein, der sie nicht war. Und nicht ein einziges Mal kam sie sich unerwünscht oder nicht gut genug vor. Ganz gleich, wohin es sie in den folgenden Jahren noch verschlug, mit wem oder was sie beschäftigt war, niemals vergaß sie diesen Augenblick und die Worte: Willkommen in unserer Familie, Tully. In ihrer Erinnerung wurde das letzte Jahr auf der Highschool, als sie Teil einer Familie war und Kate und sie unzertrennlich waren, zum besten Jahr in ihrem Leben.
Kapitel 8
» N icht trödeln, Mädels! Wenn wir jetzt nicht aufbrechen, kommen wir in den Stau!«
In ihrer gemütlichen Dachkammer stand Kate am Doppelbett und starrte auf den offenen Koffer mit all ihren kostbaren Habseligkeiten. Obwohl sie sich schon seit Monaten auf diesen Moment gefreut hatte, bemerkte sie nun, da er endlich gekommen war, dass sich etwas in ihr sträubte.
Im Verlauf des letzten Highschooljahres waren Tully und sie nur noch in einem Atemzug genannt worden: Tullyund- Kate. Als Tully Herausgeberin der Schulzeitung wurde, war Kate an ihrer Seite und half ihr. Sie lebte indirekt durch die Erfolge ihrer Freundin und profitierte von ihrer Beliebtheit, doch all dies fand in einer Welt statt, die ihr bekannt war, in der sie sich sicher fühlte.
»Und wenn ich was vergessen habe?«
Tully trat zu Kate. Sie klappte den Koffer zu und ließ die Schlösser zuschnappen. »Du hast jetzt alles. Du bist bereit.«
»Nein. Du bist bereit. Wie immer«, erwiderte Kate und versuchte, ihre Angst zu unterdrücken. Ganz plötzlich wurde ihr schmerzlich bewusst, wie sehr sie ihre Eltern und sogar ihren Bruder vermissen würde.
Tully starrte sie an. »Wir sind doch ein Team, oder etwa nicht? Die Mädels von der Firefly Lane.«
»Das waren wir, aber –«
»Kein Aber. Wir gehen zusammen aufs College, wir gehen in dieselbe Verbindung und werden irgendwann vom selben Fernsehsender eingestellt werden. Schluss, aus, Ende. Wir schaffen das.«
Kate wusste, was Tully und alle anderen von ihr erwarteten: Sie sollte mutig und stark sein. Wenn ihr das doch nur möglich gewesen wäre. Doch da das nicht so war, tat sie einfach, was sie in Tullys Gegenwart neuerdings häufig tat: Sie lächelte und täuschte es vor. »Du hast recht. Gehen wir.«
Die Fahrt von Snohomish nach Seattle dauerte normalerweise eine knappe Dreiviertelstunde, schien aber jetzt wie im Fluge zu vergehen. Kate sagte kaum etwas, sie konnte nichts herausbringen, selbst als Tully und ihre Mom über die bevorstehende Bewerbungswoche für die Studentenverbindungen plauderten. Es schien, als wäre ihre Mutter aufgeregter über ihr Collegeabenteuer als Kate selbst.
In dem riesigen Wohnheim Haggett Hall bahnten sie sich ihren Weg durch die dichte, lärmende Menge, bis sie zu einem kleinen, schmuddeligen Schlafraum im zehnten Stock gelangten. Dort sollten sie während der ersten Woche bleiben, bevor sie in ihre Verbindung zogen.
»Tja. Da wärt ihr also«, sagte Mr Mularkey.
Kate ging zu ihren Eltern und streckte die Arme zur berühmten Familienumarmung aus.
Tully stand abseits und wirkte ein bisschen verloren.
»He, Tully, komm
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