Immer wieder du: Roman (German Edition)
dreckig dabei, aber was soll ich sagen, um Bens Verdacht zu zerstreuen? Höchstens, dass ich einen Verlobten habe. Aber so weit will ich es doch nicht kommen lassen.
»Ich bin kein bisschen seekrank geworden.« Mit heiterem Tonfall versuche ich, die Stimmung aufzuhellen, während wir wieder unter der Spit Bridge hindurchfahren.
»Stimmt. Wieder ein Gebiet, auf dem du dich als Naturtalent erweist.«
Auf einmal bin ich verstimmt und befangen. »Ich bin kein Naturtalent, Ben, auf keinem Gebiet. Ich verstehe auch nicht, warum du das andauernd behauptest.«
Er wirft mir einen kurzen Blick zu, erschrocken über meine Reaktion.
»Ich habe es wohl mit jemand anderem zu tun als du«, sagt er dann.
»Ja, das merke ich, aber ich weiß nicht, warum.«
»Hey«, sagt er sanft.
»Hör einfach auf damit!«, fahre ich ihn an. »Hör auf, so etwas zu sagen.«
Ben beißt sich auf die Zunge und verstummt. Die Stimmung ändert sich auch dann nicht, als wir im Wagen sitzen und er mich zur Bushaltestelle bringt.
»Ich fahr dich nach Manly«, sagt er.
»Nein, der Bus ist schon in Ordnung. Bitte – ich meine es ernst«, füge ich mit Nachdruck hinzu.
Er nickt und hält am Straßenrand. Die Bushaltestelle ist vor uns. Ben schweigt.
»Vielen Dank für heute«, sage ich.
»Gern geschehen«, erwidert er.
Ich seufze. »Tut mir leid, ich …«
»Schon gut«, unterbricht er mich. »Da kommt dein Bus.«
Ich zögere und bekomme Panik, als der Bus herangerauscht kommt.
»Schnell«, drängt Ben und greift an mir vorbei, um die Tür zu öffnen. Ich steige aus, taumele dabei leicht. »Ruf mich an«, sagt er, und ich haste los in Richtung Bus.
Selbst als ich sitze, schlägt mir das Herz noch bis zum Hals. Was ist los mit mir? Warum werde ich jedes Mal so panisch, wenn ich ihn verlasse? Ich werde ihn doch wiedersehen, oder? Oder?
Ich sitze im Bus und starre aus dem Fenster. Mein Handy piepst, und ich sehe, dass ich einen Anruf von Richard verpasst habe. Jetzt hat er mir eine SMS geschickt. Er ist zu Hause und möchte wissen, wo ich bin. Mir wird schlecht. Ich will ihn nicht sehen. Ich will weglaufen.
Aber ich bleibe im Bus. Ich gehe zu Fuß den ganzen Weg zu unserem Haus. Es ist fünf Uhr, und ich hätte schon vor Stunden zurück sein sollen. Meine Gedanken überschlagen sich, und ich beschließe, Richard von Ben zu erzählen. Nein, nicht alles. So … anständig bin ich nun auch wieder nicht. Aber ich werde ihm erzählen, dass ich einem alten Freund über den Weg gelaufen bin, und hoffentlich bin ich als Schauspielerin so gut, dass er nicht mehr dahinter vermutet.
»Hallo!«, rufe ich, als ich in den Flur trete und die Tür hinter mir schließe. Bisher war ich nicht seekrank, aber jetzt bin ich es auf jeden Fall.
»Hey!«
Ich folge der Stimme aus dem Wohnzimmer. Richard liegt auf dem Sofa.
»Hast du geschlafen?«, frage ich nervös.
»Ja.« Er gähnt. »Bin völlig fertig.«
»Aufregendes Wochenende?«
»Und wie!« Er breitet die Arme aus. Ich zögere einen Moment, bevor ich zu ihm gehe. Richard rutscht auf dem Sofa beiseite, um Platz für mich zu machen. Ich soll mich an ihn kuscheln. Ich lege mich hin und komme mir entsetzlich verlogen vor, als seine Arme mich umschließen. Ich bette den Kopf an seine Brust. Er fühlt sich anders an. Fremd. Er ist schlanker als Ben. Noch kein richtiger Mann. Ich finde, Richard hat Ähnlichkeit mit Ben vor zehn Jahren, und ich stelle mir vor, dass Richard in ein paar Jahren auch breiter sein wird. Ich frage mich, ob ich noch da sein werde, um es zu erleben.
»Hm.« Er legt seine Lippen auf meine Stirn und drückt mich an sich. »Du hast mir gefehlt«, murmelt er.
Ich löse mich von ihm. »War es denn gut?«
»Ja, es war toll.«
»Ist Lucy viel gesurft?«
»Ein bisschen. Allerdings waren die Wellen meistens zu hoch.« Er fährt fort: »Sie geht mit Nathan zurück nach England.«
»Nein! Wann?«
»In zwei Monaten.«
»Was ist mit der Firma?«
»Die führe ich allein weiter – Nathan renoviert ein Haus in Somerset, wo Lucys Eltern wohnen.«
»Wie lange werden sie weg sein?«
»So wie es aussieht, sechs Monate.«
»Mensch, das ist ja traurig.«
»Das kannst du wohl sagen. Aber du kennst sie ja, sie müssen sich zwischen zwei Ländern und zwei Familien aufteilen. So ist es nun mal.« Er schnüffelt an meinem Mantel. »Wo warst du heute?«
»Tja«, ich zwinge mich zu einem Lächeln, das hoffentlich entspannt wirkt, »ich hatte keine Gelegenheit, es dir am Telefon zu sagen, aber
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