Immer wieder du: Roman (German Edition)
wir hier eine Weile vor uns hin dümpeln. Ich geh mal kurz runter und mach uns eine Tasse Tee.« Ben springt zurück ins Cockpit, dann geht er unter Deck. »Möchtest du überhaupt eine?«, ruft er zu mir hoch. Ich klettere ebenfalls hinunter und sehe mich um.
»Ja, das wäre toll. Es ist so lange her, dass du mir Tee gemacht hast.«
Unter Deck ist nicht viel Platz, aber es gibt ein Spülbecken, einen kleinen Gasherd und eine Toilette sowie ein Bett ganz hinten, aus dem man einen Tisch mit Bänken bauen kann, wenn man nicht darauf schläft.
»Schläfst du hier auch?«, frage ich neugierig.
»Manchmal«, sagt er und schaut auf das Bett. »Aber nicht oft. Ich mach mir nie die Arbeit, es zum Tisch umzubauen.«
»Typisch Mann.«
Amüsiert zieht Ben die Augenbrauen hoch. »Hier.« Er reicht mir einen Becher. Milch und ein Stück Zucker, wie immer.
»Beeindruckendes Gedächtnis«, stelle ich fest.
»Weißt du noch, wie ich meinen trinke?«, will er wissen.
»Milch und zwei Stück Zucker.« Er grinst, und ich füge hinzu: »Habe ich gerade gesehen.« Ich muss laut lachen und weiche ihm aus, als er überzeugend echt an mir vorbei ins Cockpit torkelt.
Ich wusste es tatsächlich noch. Selbstverständlich. Ich weiß sogar, dass er zweieinhalb Stücke Zucker reintut, wenn er zu seinem Tee etwas Süßes isst. Und man muss richtig gut umrühren, sonst gibt er noch mehr Zucker hinzu. Aber das werde ich ihm nicht verraten. Ben öffnet den Esskorb.
»Hast du Hunger?«, fragt er.
»Ein bisschen.«
»Ich sterbe vor Hunger.«
»Wie immer, Benjamin.« Ich lache über seinen Gesichtsausdruck und setze mich wieder ihm gegenüber. »Ist das dein richtiger Name – Benjamin?«
»Nur meine Mutter nennt mich so.«
»Und Marco.«
»Ja, Marco auch.« Er verdreht gutgelaunt die Augen. »Meine Oma durfte manchmal ungestraft Benji sagen.«
»Wie süß!«
Er lacht in sich hinein und holt Sandwiches heraus. »Es gibt Schinken mit Senf, Käse mit Gewürzgurken, Thunfisch mit Mayo … Worauf hast du Lust?«
»Käse mit Gewürzgurken, bitte.« Das Boot schaukelt, aber mir ist nicht schlecht. Ich öffne die Alufolie, und vor mir liegt ein Sandwich aus dicken Weißbrotscheiben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Ben sie von einem Brotlaib abgeschnitten hat.
»Hast du die selbst gemacht?«, frage ich.
»Ja«, erwidert er.
Beim Essen unterhalten wir uns. »Kannst du kochen?«, will ich wissen.
Ben zuckt mit den Schultern. »Ein bisschen – wenn ich mir Mühe gebe. Es macht keinen Spaß, wenn man niemanden hat, für den man kocht.«
»Hast du für Charlotte gekocht?«
»Manchmal. Besonders, wenn sie spät von der Arbeit nach Hause kam.«
»Was hat sie gemacht? Was macht sie?«
»Sie ist Finanzanalystin.«
»Ich versteh nie, was das heißt.«
»Ich will dich nicht mit einer Erklärung langweilen. Wahrscheinlich wäre sie eh falsch.«
»Klingt beeindruckend. Ist sie erfolgreich?«
»Auf ihrem Gebiet ist sie gut, ja.«
»Hast du noch Kontakt zu ihr?«
»Wir telefonieren ab und zu.«
Ich lege mein halbgegessenes Sandwich beiseite. »Seid ihr im Streit auseinandergegangen?«
»Eigentlich nicht. Aber wir sind nicht mehr unbedingt die besten Freunde. Sinnlos, es zu leugnen.«
»Hat sie einen anderen?«
»Sie hatte zwei Freunde, soweit ich weiß. Ich glaube nicht, dass es was Ernsthaftes war. Isst du nie viel?« Er deutet mit dem Kopf auf mein Sandwich.
»Doch. Ich habe normalerweise schon Appetit, aber nicht, wenn ich mit dir zusammen bin.«
»Vermiese ich dir das Essen?«
Ich schenke ihm einen gespielt angewiderten Blick. »Ja, ein bisschen.«
»Aha!«, grummelt er, und ich muss lachen.
»Hast du deine Kamera dabei?«
»Ja, hab ich.« Ich bücke mich, ziehe meine Tasche auf den Sitz und hole meine alte Wegbegleiterin heraus.
Ben lächelt. »Hast du mal überlegt, dir eine kleinere zuzulegen?«
»Das müsste eine Digitalkamera sein«, gebe ich zu. »Aber ich habe gerade erst wieder angefangen. Ich würde mich gar nicht damit auskennen.«
»Wir könnten im Internet recherchieren.«
Dass er das Wörtchen wir gebraucht, gefällt mir.
»Gute Idee!«
»Wie bist du denn dazu gekommen, wieder zu fotografieren?«
Ich antworte nicht sofort, dann zucke ich mit den Achseln. »Weiß nicht genau.«
Ich habe nicht vor, ihm zu erzählen, dass der Heiratsantrag meines Freundes der Auslöser war, weil Ben für mich dadurch in noch weitere Ferne rückte. Ich musste irgendwie versuchen, ihn zurückzuholen.
Und jetzt ist er
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