Immer wieder du: Roman (German Edition)
Schuld daran haben, wenn du dein Leben ruinierst, falls Richard doch der Richtige für dich ist.« Ben schaut auf seine Armbanduhr. »Du musst zurück zur Arbeit.«
»Ich kann jetzt nicht arbeiten!«, jammere ich.
»Doch, das kannst du. Du musst. Du kannst diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen.«
Ich hole ein Papiertaschentuch heraus und wische mir die Tränen ab.
»Ich bring dich zurück«, sagt er.
»Wäre mir lieber, wenn du das nicht machst.«
Er nickt, ohne mich anzusehen.
»Ich brauche Zeit, um mich zu beruhigen.« Ich schniefe.
»Okay«, sagt er.
»Ich ruf dich an.«
»Ich warte.« Kurz begegne ich Bens Blick und erkenne darin unsäglichen Schmerz. Er nickt schroff. »Bis bald.« Dann entfernt er sich.
Ich bleibe noch fünf Minuten in der Seitenstraße stehen und versuche mich zusammenzureißen, bevor ich ins Büro zurückeile. Meine Gedanken überschlagen sich, aber ich möchte nur noch einen stillen Platz finden, um mich auszuweinen. Bis ich völlig leer bin. Leider weiß ich, dass ich niemals alle Tränen vergießen kann. Es kommen immer wieder neue nach.
Eine Viertelstunde zu früh kehre ich ins Büro zurück und will mit gesenktem Kopf die Lobby durchqueren. Aber als ich kurz zu Nicola und Mel hinter dem Tresen schaue, wissen sie sofort, dass etwas nicht stimmt.
»Was ist passiert?«, gibt Nicola mir mit Lippenbewegungen besorgt zu verstehen. Ich schaue demonstrativ Cara rechts von ihr an und steuere auf die Toiletten zu, statt zum Aufzug zu gehen. Beide stehen auf und eilen hinter mir her, nachdem Mel Cara aufgefordert hat, die Stellung zu halten. Sobald die Tür geschlossen ist, breche ich in Tränen aus.
»Was ist los?«, fragt Nicola, diesmal laut.
Mel legt ihr eine Hand auf den Arm. »Ist was mit Richard?«, fragt sie.
»Nein, nein«, bringe ich hervor, ohne näher darauf einzugehen. »Na ja, irgendwie schon.« Ich schlage die Hände vors Gesicht und schluchze so heftig, dass mein Körper geschüttelt wird. Nicola legt einen Arm um mich, und ich hoffe, dass meine Tränen nicht auf ihrer Designerbluse landen, als ich mich an ihrer Schulter ausweine. Mel reibt tröstend meinen Arm, bis mein Schluchzen irgendwann verebbt.
»Willst du darüber reden?«, fragt Mel.
Ich zögere. Ja, wenn ich ehrlich bin. Sehr gern sogar.
»Ist es ein anderer?«, schlägt Nicola vor.
Ich begegne ihrem Blick, und sie weiß auf der Stelle, dass es so ist.
»Ben?«, hakt sie nach.
Ich nicke.
Sie und Mel sehen sich kurz an.
»Es ist nichts passiert«, sage ich matt. »Aber ich sitze in der Klemme. Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
»Wie hast du ihn kennengelernt?«, fragt Mel. »Ben, meine ich.«
»Wie ich schon gesagt habe. Ich bin ihm vor zehn Jahren begegnet, als ich im Naturschutzpark arbeitete. Er war dort Tierpfleger.«
Sie zieht die Stirn kraus. »Wie alt warst du damals?«
»Sechzehn. Aber so ist es nicht!«, beharre ich. »Es ist nichts passiert. Ich hatte mich Hals über Kopf in ihn verliebt und wusste, dass auch er etwas für mich empfindet. Aber er hätte das nie ausgenutzt.«
»Wie alt war er?«
»Achtundzwanzig. Er war verlobt mit einer Frau in England, aber zwischen uns war sofort eine besondere Verbindung. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Er hat an mich geglaubt; ich verstand ihn. Es war nichts Billiges«, versuche ich meine Kolleginnen zu überzeugen. »So wie ihn habe ich noch nie jemanden geliebt.«
»Nicht einmal Richard?«, fragt Nicola hoffnungsvoll.
»Nicht einmal Richard«, antworte ich traurig.
»Was ist dann passiert?«, will Mel wissen. »Hat Ben diese andere Frau geheiratet?«
»Ja. Aber vorher habe ich ihm noch gesagt, was ich für ihn empfinde.«
»Und hat er dir auch gesagt, wie er zu dir steht?«, fragt Nicola.
»Ich habe mitbekommen, wie er mit einem Freund darüber sprach. Daher stellte ich ihn zur Rede. Das änderte aber nichts. Ich war erst sechzehn. Ich dachte, er würde vielleicht auf mich warten, aber er hat mir heute gesagt, dass er niemals von mir erwartet hätte, mein Leben für ihn auf Eis zu legen. Sein Freund überzeugte ihn damals, dass er nur Angst vor der Verpflichtung hätte, die er eingehen wollte, und mahnte ihn, seine Verlobte nicht im Stich zu lassen. Also ist er fortgegangen. Aber ich habe ihn nie vergessen können.«
»The one that got away …« , murmelt Mel den Titel eines Songs von Pink vor sich hin.
»Als Richard mir den Antrag machte«, fahre ich fort, »wollte ich nicht Ja sagen, weil ich das Gefühl
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