Immer wieder du: Roman (German Edition)
Müllhalde«, scherzt Nathan.
»Das kannst du wohl sagen«, entgegnet Ally. »Dein Abwasch stand tagelang in der Spüle herum.«
»Was hast du drüben gemacht?«, frage ich sie.
»Krankenpflege.« Sie lächelt mich an. »Und was machst du so?«
»Ich arbeite für einen Verlag«, erwidere ich.
»Das ist ja obercool!«, ruft sie.
»Du fängst am Montag wieder bei Marbles an, nicht wahr?«, wirft Lucy ein.
Ich nicke.
»Marbles?« , wiederholt Ally. »Ist das diese coole Männerzeitschrift?«
»Genau die«, sagt Richard.
»Boah – das ist ja ein super Job!«
»Ach, ich bin nur Sekretärin«, sage ich.
»Redaktionsassistentin«, korrigiert Richard und lächelt Ally über mich hinweg an. »Sie ist so bescheiden.«
»Das hört sich aber extrem cool an«, sagt sie. »Was ist mit euch?« Sie schaut Nathan, Richard und Lucy an. »Was treibt ihr inzwischen so?«
Sie plaudert noch zehn Minuten mit uns, bevor sie wieder zu ihren Freundinnen geht. Richard legt einen Arm um mich und küsst mich auf die Stirn.
»Alles in Ordnung?«, fragt er noch einmal.
»Ja«, erwidere ich lächelnd. Komischerweise stimmt das auch. Ich empfinde weder Eifersucht noch Unsicherheit. Wäre Richard nicht der Mann, der er ist, würde ich bestimmt beides spüren. Liebe überkommt mich, und ich küsse ihn auf die Wange.
»Danke, dass du so nett zu ihr warst«, sagt Richard ernst.
»Das war nicht schwer.«
Er streichelt meinen Arm und drückt mich. »Sollen wir nach Hause gehen?«
Ich nicke glücklich.
Als ich nachts in der Armbeuge meines Freundes liege, wird mir klar, dass ich den ganzen Abend kaum an Ben gedacht habe. Fast so wie vor wenigen Wochen, als diese zusätzliche Komplikation noch nicht in meinem Leben aufgetaucht war. Vielleicht soll es so sein. Vielleicht komme ich ja mit einer Zukunft ohne Ben zurecht. Aber wenn ich versuche, sie mir vorzustellen, ist der Schmerz so groß, dass ich das Gefühl habe, er würde mich lähmen.
Kapitel 26
Heute ist mein erster Tag meiner zweiten Vertretung bei Marbles , was eigentlich toll ist, aber mir fällt es schwer, eine freundliche Miene aufzusetzen. Ben will mich gegen Mittag treffen, aber auch das ist wenig tröstlich. Das ganze Wochenende habe ich meine Kamera nicht benutzt, und ich frage mich, ob ich sie nicht zurückgeben soll. Ich bringe es nicht übers Herz, ihm das zu beichten.
Um ein Uhr gehe ich die fünf Etagen durch das Treppenhaus nach unten und bemühe mich, Mel am Empfang fröhlich zuzuwinken. Hoffentlich verpasse ich Nicola diesmal. Ich verlasse das Gebäude, biege um die Ecke und halte Ausschau nach Ben, aber er ist nicht da. Ich lehne mich gegen die Hauswand und schaue auf die Uhr.
»Bin ich zu spät?«, ruft er und eilt auf mich zu.
»Nein, du bist pünktlich.«
Er umarmt mich kurz, tritt einen Schritt zurück und schaut mich an. »Was ist los?«
»Nichts.«
»Du siehst traurig aus.«
»Mir geht’s gut.« Aber ich bringe es kaum fertig, die Mundwinkel hochzuziehen.
»Erzähl!« Er hält noch immer meinen Arm und sucht mein Gesicht auf einen Hinweis ab.
»Es ist nichts«, lüge ich und schaue zur Seite.
»Das stimmt nicht«, beharrt er und schüttelt mich leicht. »Ich kenne dich doch.«
»Wie kannst du behaupten, du würdest mich kennen, wenn du mich kaum gesehen hast?« Ich befreie mich aus seinem Griff.
»Es ist einfach so.«
»Vielleicht habe ich mich verändert.«
»Nein.« Er schaut mich so ernst an, dass ich meine Augen nicht von ihm losreißen kann. Plötzlich kommen mir die Tränen.
»Hey«, sagt er sanft und legt mir eine Hand auf die Wange.
Rasch trete ich noch einen Schritt zurück. Er lässt die Hand sinken.
»Sollen wir ein Stück laufen?«
Ich nicke und mache mich auf den Weg. Er eilt hinter mir her.
»Wer braucht schon Sportschuhe, wenn er in Pumps so schnell laufen kann, was?«, scherzt er.
Ich schaue ihn von der Seite an. »Turnschuhe«, sage ich.
»Turnschuhe, Sportschuhe … Wir können sie Turnschuhe nennen, wenn dich das glücklich macht.«
Ich versuche, mein Lächeln zu verbergen. »Ich bin diese Woche wieder bei Marbles «, erzähle ich.
»Tatsächlich? Das ist ja toll.« Er weiß, dass ich Bronte schon einmal vertreten habe. »Ist es nur für eine Woche?«
»Ja. Die Redaktionsassistentin hat ein Shooting im Ausland.«
»Ein Shooting?«
»Ja. Auf Bali.«
»Cool. Ich wusste gar nicht, dass Redaktionsassistentinnen so was machen.«
»Ich auch nicht«, gebe ich zu. »Ich glaube, sie hat öfter in der Bildredaktion
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