Immortal after Dark 10 - Versprechen der Ewigkeit
packte sie und zerrte sie so brutal nach draußen, dass sie auf ihrem Hintern landete. Dann schleuderte er ihr noch die Klamotten hinterher, ehe er die Tür zuknallte.
Er schlug so heftig mit den Fäusten gegen die Wand, dass der Putz um ihn herumspritzte. Heute Nacht würde er wieder Albträume haben. Ein Ungeheuer in seinem Rücken. Stechender Schmerz, der seine Brust durchbohrte. Die schmerzerfüllten Schreie einer Frau.
Diese Schreie …
In dem verzweifelten Bemühen, die Träume zu vermeiden und die Anspannung zu betäuben, zog er sich rasch die Hose an und warf sich eine Jacke über. Auf dem Weg nach draußen kam er im Korridor an der Schlampe vorbei und spuckte in ihre Richtung.
Eine halbe Stunde später flehte er seinen Dealer an: »Nur eine kleine Menge Stoff. Wenn du mir den Scheiß jetzt gibst, besorg ich dir was vom Schmuck meiner Mutter, wenn’s sein muss.« Würde er tatsächlich seine eigene Mutter bestehlen?
Und ob. Aber es würde eine gewisse Zeit dauern, zum Haus seiner Eltern und wieder zurückzukommen.
Das Urteil: »Ohne Bargeld läuft gar nichts, Dekko.«
Dann würde es sogar noch länger dauern, bis er den Schmuck vertickt hatte. Womöglich würde er sogar einen ganzen Tag brauchen, bis er mit der Kohle wieder bei seinem Dealer sein konnte. So viel Zeit hatte er nicht.
»Ich flehe dich an.« Gleich würde er kotzen müssen. Der Dealer dachte offenbar, das läge am Entzug. Nein, das sind die Begleiterscheinungen des Wahnsinns.
Er würde alles tun, um das zu vermeiden, was ihm bevorstand. Alles. Andere aus seiner Gang hatten kein Problem damit, das zu bekommen, was sie wollten. Mit diesem Gedanken startete er einen letzten Versuch.
»Es muss doch irgendetwas geben, was du von mir haben willst?«
Die Augen des Dealers weiteten sich überrascht. Er hatte nicht gewusst, dass Declan Chase bereit war, so weit zu gehen.
Ich auch nicht. Konnte irgendetwas noch schlimmer sein als dieses Gefühl?
»Beweg deinen dämlichen Arsch und zieh ab, Dekko.« Der Mann verpasste ihm einen Tritt, sodass Declan durch die Tür taumelte.
Unsicher, ob er sich nun erleichtert fühlen sollte oder nicht, schlurfte Declan zurück auf die Straße.
Als ihn der beißende Wind erfasste, der vom Meer heraufwehte, wurde sein Schüttelfrost immer schlimmer, bis seine Zähne klapperten. Mit verzweifeltem Blick schaute er sich um. Am liebsten wäre er gleich dort in eines der Häuser in einer Seitenstraße eingebrochen, aber wohin er auch sah, waren sämtliche Fenster mit Gittern versehen.
Ihm blieb keine andere Wahl, als zum Haus seiner Eltern zu gehen. Sie gehörten der Arbeiterschicht an; jeglicher Schmuck, den seine Mutter besaß, hatte ihr entweder ihre eigene Mutter vererbt oder aber sein Da mit harter Arbeit verdient.
Aber sie kann ihn unmöglich so dringend brauchen wie ich.
Nach einer guten Stunde Fußmarsch kam Declan an der heruntergekommenen Kirche vorbei, in der er Messdiener gewesen war. Mit vierzehn hatte er dem Gemeindepfarrer einmal seine ständigen Unterleibsschmerzen und die Anspannung gebeichtet. Der gestrenge alte Knacker hatte ihm gesagt, er solle sein Leiden für sich behalten und zusehen, dass er seine Berufung fände.
Stattdessen hatte Declan das Heroin gefunden. Er hatte nie jemand anderem erzählt, womit er jeden Tag zu kämpfen hatte – nicht einmal seinem Bruder Colm, auch nicht vor ihrem großen Krach.
Seine Mom wäre nicht das erste Familienmitglied, das Declan bestohlen hatte.
Als er das Haus seiner Eltern schließlich gegen drei Uhr nachts erreichte, zitterte er so stark, dass er nicht mehr richtig sehen konnte. Er hatte sich schon zweimal übergeben, so sehr lastete die Anspannung auf ihm. Diese Schreie …
Die Tür stand offen, das Haus war ruhig. Vorsichtig ging er hinein und auf dem schnellsten Weg in die Küche, zu der Whiskeyflasche, die er dort wie immer in einem der Schränke finden würde. Vielleicht würde ihm das helfen, die nächsten paar Stunden zu überstehen. Er hob sie an, schluckte …
Dann ließ er die Flasche abrupt wieder sinken und spähte in die Dunkelheit. In einer düsteren Ecke der Küche lag jemand auf dem Boden. War sein Bruder vielleicht bewusstlos geworden? »Herr im Himmel, Colm. Du bist für so was echt zu jung. Oder willst du vielleicht so enden wie ich?« Dafür würde Declan ihm ordentlich den Arsch versohlen. »Colm?«, fragte er mit strenger Stimme und ging zu ihm hinüber. »Was soll der Scheiß?«
Die blinden Augen seines Bruders waren
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