Immortal: In den Armen der Dunkelheit
stand bereits kurz davor, die Beherrschung zu verlieren.
Also senkte er den Kopf und lauschte ihrem Atem, von dem er sich einlullen ließ.
Kurz bevor er einschlummerte, glaubte er, von weit her einen jammernden Schrei zu vernehmen, der jedoch so schwach war, dass es auch der Wind sein konnte.
Kapitel 6
I nnerhalb eines Sekundenbruchteils wechselte Jennas Traum von erotisch zu beängstigend. Eben hatte sie noch geträumt, sie würde mit Dave schlafen, und im nächsten Augenblick rannte sie durch die dunklen Korridore des Schiffes, einsam und orientierungslos. Klagende Stimmen riefen nach ihr. »Du gehörst zu uns!«, schrien sie.
Sie lief noch schneller, bis ihr ein gespenstisches Nebellicht den Weg versperrte.
»Er wartet auf dich«, stöhnte die Erscheinung, »hinter dem Nebel.«
Dann kam das milchige Licht auf sie zu, umfing sie mit gespensterhaften Tentakeln, bis sie sich nicht mehr rühren konnte. Sie rang nach Luft, aber die Nebelfäden pressten ihr den Brustkorb zusammen. Ihre Angst machte es unmöglich, an etwas anderes als den kalten Tod zu denken, der sie erwartete. Sie öffnete den Mund, wollte schreien, doch kein Ton drang durch die nächtliche Stille.
Schweißgebadet schrak Jenna aus dem Schlaf, setzte sich im Bett auf und blickte sich um, weil sie fürchtete, die Nebelerscheinung könnte noch hinter ihr her sein. Aber sie war allein – und es war Morgen. Helle Sonnenstrahlen fielen durch die offenen Vorhänge und tauchten die Kabine in ein fröhliches Licht, das die Reste ihres Alptraums vertrieb.
Dass sie den Alptraum gehabt hatte, wunderte sie nicht, nachdem sie den unheimlichen Raum unten entdeckt hatte, aber warum konnte ihr Unterbewusstsein nicht einfach den ersten Traum fortsetzen?
Sie sah zu der leeren Betthälfte neben sich. Traumsex war wohl der einzige Sex, auf den sie jemals mit Dave hoffen durfte. Und es war wirklich ein Jammer, dass er vorzeitig geendet hatte.
Wo mochte Dave stecken? Als sie ein Atmen hörte, warf sie die Decke zurück und rutschte zum Fußende, wo sie vor Schreck erstarrte. Auf dem Boden vor ihr lag ein großer schwarzer Panther.
Sie hielt hörbar die Luft an, was wiederum den Panther weckte. Er öffnete die Augen und drehte träge den Kopf, um zu ihr aufzusehen. Jennas Herz pochte so heftig, dass ihr ganzer Leib vibrierte.
Die Raubkatze blinzelte, und Jenna bemerkte, dass ihr die kupferbraunen Augen bekannt vorkamen. »Dave?«, hauchte sie leise.
Wieder blinzelte die Katze, ehe sie sich geschmeidig erhob. Unsicher robbte Jenna ein Stück zurück und wartete gespannt, was passierte.
Die Luft um die Großkatze herum begann zu schimmern, so dass ihre Konturen verschwammen. Die Farben ihres schwarzen Fells und ihrer braunen Augen verliefen ineinander wie eine Kreidemalerei auf der Straße bei Regen. Dann wurde alles hell bronzefarben.
Als Nächstes verlängerte das Bild sich, nahm neue Konturen an, und schließlich stand Dave vor ihr, groß, majestätisch – und nackt.
Prompt hielt Jenna sich eine Hand vor die Augen. »Himmelherrgott, zieh dir etwas an!«
Sie hörte, wie er sich bewegte, dann raschelte Kleidung. »Okay, ich bin wieder anständig«, verkündete er eine Minute später.
»Das wage ich zu bezweifeln«, murmelte sie und linste zunächst nur durch ihre gespreizten Finger. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass er angezogen war, nahm sie ihre Hand herunter.
»Du hast mir einen Riesenschrecken eingejagt«, ließ sie ihn verärgert wissen. »Ich vergesse dauernd, dass du ein Chamäleon bist.«
»Tut mir leid, ich wollte dir keine Angst machen.« Er streckte sich.
»Schon gut.« Ihr Blick wanderte über seine muskulösen Oberarme, seine breite Brust und hinab bis dorthin, wo ihm die Baumwollhose lose auf den Hüften hing.
»Alles okay?«, fragte er mitten in ihre träumerische Betrachtung hinein.
Schuldbewusst sah sie ihm ins Gesicht und hoffte, dass er nicht bemerkt hatte, wie sie ihn anstarrte. »Ähm, ja, bestens, danke. Und bei dir?«
»Ja, mir geht es gut.«
Jenna nickte. »Schön.« Worüber hatten sie gesprochen? »Warum hast du auf dem Fußboden geschlafen?«
»Ich nahm an, dass es dir nicht recht wäre, das Bett mit mir zu teilen, und so blieb eigentlich nur der Fußboden. Der wird mit zunehmendem Alter allerdings recht unbequem, solange ich in menschlicher Gestalt schlafe.«
»Also hast du dir einen Panther ausgesucht? Weshalb nicht, nun ja, einen niedlichen Pudel? Vor einem Pudel wäre ich bestimmt nicht
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