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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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ja, wollten wir die Welt wissen lassen, was wir gefunden hatten. Zu Anfang schien es, als halte das Buch, was es versprach. Wir waren auf etwas Wunderbares gestoßen, Sebastian. Aber dann, nach und nach und im Laufe der Zeit, wurde uns der Makel des Textes bewusst. Ein Makel, der überwunden werden musste, der zu einer Umwälzung geführt hätte, der die Welt auf eine Weise auf den Kopf stellen würde, wie es sich kein vernünftiger Mensch wünschen konnte. Deshalb mussten wir unser Geheimnis für uns behalten.» Betrübt verzog er das Gesicht. «Und dann griff das Schicksal ein, mit gnadenloser Grausamkeit.»
    Die Gedanken des alten Mannes wanderten in jene leidvolle Zeit zurück, in den Winter, in dem er seine Frau und seine Freunde verloren hatte.
    «Was stand denn in diesem Buch?», fragte Sebastian.
    Der alte Mann sah ihn an, und ein wilder Glanz trat in seine Augen, als er flüsterte: «Das Leben.»
     
    Isaacs Enthüllung hielt Sebastians Gedanken tagelang unbarmherzig gefangen. Er konnte an nichts anderes mehr denken. Er konnte nicht schlafen. Achtlos tat er seine Arbeit. Essen und Trinken verloren ihren Geschmack. Er wusste, sein Leben würde nie mehr so sein wie früher.
    Irgendwann gelang es ihm, eine Lücke in seinem Dienstplan zu finden, und als er wusste, dass seine Abwesenheit keinen Verdacht erregen würde, reiste er in die Berge bei Tomar. Er kannte Isaacs Land gut. Es war beschlagnahmt worden, nachdem der alte Mann eingekerkert worden war. Die Weinberge verwilderten, weil niemand sie mehr pflegte.
    Sebastian ritt zu dem Hügel, den Isaac ihm so genau beschrieben hatte. Das letzte Tageslicht schimmerte am dunkler werdenden Himmel, als er dort ankam. Der blühende Olivenbaum war leicht zu finden. Der Baum der Trauer , so hatte Isaac ihn genannt. An einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit wäre er das Gegenteil gewesen, dachte Sebastian.
    Er stieg ab und ging zwanzig Schritte auf die untergehende Sonne zu. Dort ragte ein Fels aus dem Boden, genau wie Isaac es gesagt hatte. Sebastian bebte erwartungsvoll, als er niederkniete und anfing, mit einem kleinen Dolch den trockenen Boden aufzugraben.
    Nach wenigen Augenblicken traf die Klinge auf etwas Hartes. Er wühlte mit den Händen weiter und wischte fieberhaft die Erde um den kleinen Kasten herum fort. Dann hob er ihn so vorsichtig auf, als könne er ihm in den Fingern zerfallen. Es war ein einfacher Metallkasten, ungefähr drei Hand breit und zwei tief. Plötzlich flatterte unten an Hang ein Schwarm Krähen auf. Krächzend kreisten sie am Himmel, bevor sie ins Tal hinunterflogen. Sebastian sah sich erschrocken um und vergewisserte sich, dass er allein war. Ein aufgeregtes Kribbeln überlief ihn, als er den Kasten aufstemmte.
    Darin lagen zwei Dinge, genau wie Isaac es angekündigt hatte: ein Gegenstand, zum Schutz in ein geöltes Ledertuch gewickelt. Und eine kleine Holzschatulle. Sebastian legte die Schatulle beiseite, schlug das Leder auseinander und erblickte das Buch mit dem geprägten Einband.
    Er starrte es an, wie hypnotisiert von dem seltsamen Symbol auf dem Deckel. Dann schlug er es auf. Die ersten Seiten waren aus glattem, starkem Papier. Sie waren ausgefüllt mit detaillierten, großformatigen Illustrationen des menschlichen Körpers und seiner inneren Funktionen, umfassend beschriftet. Andere Seiten waren bedeckt mit präziser Neschi-Schrift in schwarzer Tinte, kunstvoll illuminiert. Er drehte das Buch um und sah, wovon Isaac gesprochen hatte. Der hintere Buchdeckel fehlte, und die zerrissene Bindung deutete darauf hin, dass auch ein paar Seiten verlorengegangen waren. Die beiden letzten Seiten waren runzlig und rau; die Tinte war vor langer Zeit verwaschen und bis zur Unleserlichkeit bläulich verschmiert.
    Sein Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen, als er begriff, dass ein entscheidender Teil des Buches fehlte. Das war er, der Makel, von dem Isaac gesprochen hatte. Vielleicht war er unüberwindbar und machte das Buch noch gefährlich. Er legte es auf den Boden und nahm die kleine Schatulle in die Hand. In ihren Deckel war das gleiche Symbol wie auf dem Buchdeckel geschnitzt. Zaghaft öffnete er die kupferne Schließe und öffnete die Schatulle.
    Der Inhalt war noch da.
    Und hier auf diesem einsamen Hügel begriff Sebastian, was seine Bestimmung sein würde.
    Er würde ihr Werk fortsetzen.
    Er würde versuchen, den Makel zu überwinden.
    Und damit, das wusste er, brachte er sein Leben in große Gefahr.
     
    Die Herkunft des Buches

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