Immortals after Dark 01 - Unsterbliche Sehnsucht
nach oben. »Wisst ihr was? Nicht dass ich glaube, dass es hier tatsächlich Vampire gibt – das ist alles nur dummes Gewäsch – , aber wenn doch, sollten sie wissen, dass das hier unser Revier ist.«
»Sollten wir sie vielleicht zu einer kleinen Prügelei bitten? Oder lieber zu einer Party?«, erkundigte sich Nïx, die sich gerade rasch ihr taillenlanges schwarzes Haar zu einem Zopf flocht. »Ich habe gehört, die sind der Renner auf jeder Halloween-Feier.« Trotz der altmodischen Haartracht und des ein oder anderen verwirrten Blicks – sie sah die Zukunft deutlicher als die Gegenwart – sah Nïx wie ein Supermodel aus.
»Ich mein’s ernst«, sagte Regin. »New Orleans mag ja früher einmal der mystische Schmelztiegel der ganzen Welt gewesen sein, aber heute haben wir die Macht hier.«
»Wir könnten doch Mysty die Vampirhegerin in den Kampf gegen sie schicken«, sagte Nïx nachdenklich. »Oh, Augenblick mal, sie würde glatt mit ihnen durchbrennen.«
»Oder ihren berühmt-berüchtigten Zungenschlag einsetzen, um sie bei lebendigem Leib abzuschlecken, während sie unerklärlicherweise Schlange stehen, um sich ihrer Folter auszuliefern«, fügte Regin hinzu.
»Haha«, murmelte Myst, die ohnehin nur mit einem Ohr zuhörte. Solche Frotzeleien waren nichts Neues. Aber das hatte sie verdient. Da hätte sie sich auch gleich dabei erwischen lassen können, wie sie sich mit dem Geist von Ted Bundy ein Pfeifchen Kokain reinzog. Natürlich hatten andere die Witze mitbekommen, die man im Koven über sie machte, und die hatten es weitergesagt. Selbst andere Faktionen der Mythenwelt – wie die Nymphen, diese kleinen Nutten – lästerten schon über ihre abartige Vorliebe für Vampire. Aber es ging gar nicht um Vampire im Allgemeinen – nur um einen einzigen.
Wroth. Sie erschauerte. Mit seinen ausdauernden, heißen Fingern …
Spät in der Nacht, wenn sie sich in ihrem Bett selbst berührte, träumte sie immer von ihm, dachte an seine harte Brust und seinen noch härteren Schaft, stellte sich seine Wildheit, seine Leidenschaft vor, sollte er sie jemals wiederfinden.
Eigentlich, dachte sie, hätte er sie inzwischen durchaus finden können. Sie hatte ihn – versehentlich? – ihr Blut kosten lassen, und ihm damit möglicherweise ihre Erinnerungen gegeben, die ihn auf direktem Wege hierherführen könnten. Wie oft hatte sie schon über jenen leichtsinnigen Kuss nachgegrübelt. Sie hatte keinerlei bewusste Absicht gehabt, ihn ihr Blut schmecken zu lassen, aber sie musste tief in ihrem Inneren gewusst haben, dass er seine Fänge bei der Ankunft ihrer Schwestern ausfahren und sie rasiermesserscharf sein würden. Hatte sie am Ende gewollt, dass er sie irgendwann fand?
Sie schüttelte den Kopf, sie musste bei der Sache bleiben. Irgendwo dort unten waren Annika, Daniela und Lucia.
»Guckt mal.« Regin zeigte auf jemanden unter ihnen. »So große Männer sollten sich lieber nicht volllaufen lassen.«
Myst richtete ihr Augenmerk auf einen hochgewachsenen Mann, der sie von hinten an Wroth erinnerte – warum konnte sie sich diesen Vampir nicht aus dem Kopf schlagen? – , obwohl dieser hier sehr viel schlanker war. Der Mann lehnte sich gegen einen anderen riesigen Kerl und hielt sich an ihm fest, um während des Gehens das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Sie merkte, dass sich ihre Klauen krümmten.
»Myst, kannst du das nicht sein lassen?«, fragte Regin nach einem kurzen Blick auf ihre Klauen. »Das ist echt peinlich.«
»Aber ich kann nichts dagegen tun. Ich steh nun mal auf große Männer mit breiten Schultern. Und ich wette, unter seinem Trenchcoat verbirgt sich ein Arsch, der nur darauf wartet, angegrapscht zu werden.«
Nïx kam ihr zu Hilfe. »Und schließlich kann sie sich nicht einfach Pflaster drüberkleben … «
»Heilige Scheiße!«, rief Regin. »Ich seh da ein Glimmen. Ghule, da hinten an der Ursulines Avenue!«
»Verdammt«, murmelte Myst. »Schon wieder in aller Öffentlichkeit? Dann haben sie’s wohl dringend nötig, neue Rekruten zu finden.« Ghule waren besessene Kämpfer und immer darauf aus, ihre Anzahl zu erhöhen, indem sie Menschen mit ihren ansteckenden Bissen und Kratzern wandelten. Sie besaßen zähflüssiges grünes Blut, und jedes Mal wenn der Koven wieder einmal in den Kampf gegen sie zog, wurde die Gegend um New Orleans ziemlich schleimig.
»Schon wieder.« Nïx seufzte. »Und irgendwann glauben die betrunkenen Touristen uns auch nicht mehr, dass das nur Komparsen aus einem
Weitere Kostenlose Bücher