Immortals after Dark 01 - Unsterbliche Sehnsucht
nicht länger konnte, nicht solange Wroth am Leben war. Aber keine von ihnen wollte das Ding, und darum erschien es ihnen als die beste Lösung, Wroth einfach zu beseitigen.
Regin hob das Schwert hoch über den Kopf, und sogar die Geisterwesen, die sie angeheuert hatten, um Val Hall gegen Eindringlinge – wie Wroth – zu schützen, schienen plötzlich langsamer zu fliegen, um einen Blick durchs Fenster erhaschen zu können. Regin holte tief Luft und schnitt durch den Safe, als ob er aus Butter wäre, wenn auch ein paar Funken flogen. Als der Weg frei war, streckte Myst erschöpft die Hand aus, um ihr Folterinstrument herauszuholen.
Verwundert verzog sie das Gesicht, als sie in dem Safe außerdem noch ein kleines, verziertes Holzkästchen fand. All ihre Schwestern schienen gleichzeitig zu dem Schluss zu kommen, dass es ungefähr dieselbe Größe hatte wie diese samtenen Schmuckkästchen, denn erst wurde es mucksmäuschenstill, und dann stürzten sich alle auf einmal auf das Kästchen, als ob es sich um einen Brautstrauß handelte.
»Glitzerglanz in der Schachtel, Glitzerglanz!«, wimmerte eine der jüngeren Schwestern. Myst war am nächsten dran und schnappte es sich. Wenn man sie nicht gelassen hätte, hätte sie jede verprügelt, die ihr das Kästchen weggenommen hätte.
»Nun mach schon auf!«, rief Regin atemlos.
Myst öffnete es.
Ein helles Licht schien aufzulodern.
»Große Freya«, hauchte jemand. »Diamant. Groß. Glitzernd.«
Eine andere sagte: »Das ist kein Stein – das ist eine Immobilie. Seit wann besitzen Vampire denn solche Klunker? Nein, also wirklich.«
Myst schloss die Finger über einem perfekten, sicherlich vierkarätigen Diamanten, damit sie einen Blick auf den eigentlichen Ring werfen konnte. Ihr Name war dort eingraviert.
Mit einem Mal überkam sie tiefe Erschöpfung. Sie stand auf und schleppte sich in ihr Zimmer, fort von all der Aufregung, auch wenn die anderen sie ausbuhten, weil sie ihnen »meinen Schatz« wegnahm. In ihrer anderen Hand lag kalt und schwer die Kette. Nïx folgte ihr. Sie war eine gute Zuhörerin, und auch wenn ihre klaren Momente eher selten gesät und unberechenbar waren, war es doch immer eine Wohltat, mit ihr zu reden.
Myst musterte ihre Schwester, als sie den Ring in die Höhe hielt. »Du schienst mir gar nicht überrascht zu sein.« Nïx’ Pupillen weiteten sich, bis Myst Ring und Kette außer Sichtweite in dem Kästchen verstaut hatte. »Du wusstest, was in dem Safe war?«
»Ich bin nicht umsonst fähig, in die Zukunft zu blicken«, antwortete diese, während sie zwei Fläschchen Nagellack und etwas Watte aus ihrer Tasche zog. Sie hüpfte auf das Bett und bereitete alles vor, um sich gegenseitig die Fußnägel zu lackieren. Dann forderte sie Myst auf, sich zu ihr zu gesellen, indem sie auf das Bett klopfte.
Dieses kleine Ritual hatte Myst gefehlt, aber in diesem Augenblick hatte sie keinerlei Interesse daran. Stattdessen ging sie ans Fenster und sagte: »Nïx, warum seid ihr mich nicht holen gekommen? Du wusstest doch, wie man mich findet.«
»Es war dir vom Schicksal bestimmt, diese Zeit mit Wroth zu verbringen.«
Wroth. Der sie so schrecklich fand, dass er sie unbedingt von Grund auf ändern wollte.
Was hatte er bloß gesehen, das ihn derartig abgestoßen hatte? Sie hatte sich in den letzten drei Tagen unaufhörlich den Kopf zerbrochen, aber nichts gefunden, dessen sie sich wirklich schämen müsste. Sicherlich nichts, das einen Vampir dazu bringen würde, total auszurasten.
»Er ist dort draußen.« Myst starrte in den nebelverhangenen Garten. »Beobachtet das Haus und wartet auf eine Gelegenheit, mich wieder mitzunehmen. Aber wenn ich jetzt im Schutzkreis der Geister bleibe, bin ich hier genauso gefangen, wie ich es dort war.«
»Ohne die Verletzlichkeit durch die Kette könntest du dich gegen ihn wehren, nicht wahr?«, fragte Nïx. »Ich könnte mir vorstellen, dass es dir richtig guttun würde, jetzt einem Vampir kräftig in den Hintern zu treten.«
Ein paar Sekunden später streckte Regin ihren Kopf herein. »Cara und ich ziehen los, um mit ein paar Ghulen zu kuscheln. Hast du Lust?«
Myst runzelte die Stirn und wandte sich dann an Nïx. »Spricht irgendetwas dagegen?«
Die biss sich auf die Lippe und starrte an die Decke, als ob sie versuchte, eine Erinnerung heraufzubeschwören, wo es sich doch um das genaue Gegenteil handelte. »Nein, ich glaube, das wäre genau das Richtige.«
Myst nickte langsam. »Ja, ich glaube, ich könnte
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