Immortals after Dark 08 - Eiskalte Berührung
erst auf ihn eingelassen und dann den Laufpass erhalten hätte, würden die Leute nur fragen: »Was hat sie sich denn dabei bloß gedacht, sich so einen Schwerenöter zu angeln? Und das, wo sie ihm nicht mal ein warmes Bett anzubieten hat?«
Sie seufzte. So ein Mist, sie hatte ihn gemocht. Und es hatte ihr hier gefallen.
Der Druck weiterzuschnitzen war kontinuierlich angewachsen, als ob sie sich auf ein Ziel zubewegte und immer mehr in Fahrt käme. Diese Tätigkeit vermittelte ihr ein Gefühl der Zufriedenheit und machte ihr jetzt erst so richtig klar, wie wenig es vorher in ihrem Leben gegeben hatte, das sie befriedigt hatte.
Ihre Mutter hatte Danii erzählt, das sie der Linie der Winterköniginnen entstammte, aber Danii hatte niemals zuvor eine Verbindung zu dieser Herkunft gespürt. Sie fühlte sich eher wie eine Walküre denn als Eisfeyde. Auch wenn sie natürlich zu den Walküren ebenfalls nicht so recht passte. Traurige, traurige Daniela.
Waren diese Symbole vielleicht ihre erste Verbindung zu ihrem Erbe? Wieso sah sie sie bloß erst jetzt?
Ganz egal. Ihre Zeit hier war zu Ende.
Wenn sie nicht ging, würde sie nur noch mehr an diesem Haus hängen. Je länger sie blieb, umso länger würde sie bleiben wollen. Dabei konnte sie sich schon vorstellen, wie Murdoch in ein paar Jahren eine andere Frau herbringen würde und Danii immer noch in ihrem Nachthemd hier herumlief und murmelte: »Oh, hallo. Beachtet mich am besten gar nicht.«
Danii hatte sich entschlossen und endlich akzeptiert, dass Murdoch nichts als Unglück bedeutete. Leider hatte sie das erst erkannt, nachdem sie begonnen hatte, sich in ihn zu verlieben.
Zeit, zu gehen.
Jetzt muss ich nur noch eine Mitfahrgelegenheit finden.
»Du solltest mal den andern Kerl sehen«, krächzte Murdoch von seinem Bett aus.
Nikolai war bereits blass gewesen, als er sich in das Zimmer auf Mount Oblak transloziert hatte. Als er Murdoch so vor sich sah, wurde er bleich wie der leibhaftige Tod.
Murdoch wusste, wie schlimm er aussah. In sein Bein war eine Metallschiene eingeschraubt worden, um den zerschmetterten Oberschenkelknochen zu stabilisieren. Ein Arm war in Gips gelegt, und der größte Teil seines Körpers war von Verbänden bedeckt. Sein Gesicht war vom Mundwinkel bis zum Ohr aufgerissen und wurde nur noch von einer Wundnaht zusammengehalten. Alles in allem hatte er Glück, noch am Leben zu sein.
Nein. Glück traf es wohl nicht ganz.
Murdoch und Rurik waren nur deshalb noch am Leben, weil Lukyan augenblicklich mit einer ganzen Kampftruppe zurückgekehrt war. Wie sich herausstellte, kämpfte Lukyan nicht nur gerne – er siegte auch gerne.
Endlich fand Nikolai seine Stimme wieder. »Was ist dir denn zugestoßen?«
»Ich wollte dich gerade dasselbe fragen. Mein Gott, Nikolai, du siehst ja schlimmer aus als ich.«
Sein Bruder war immer so stoisch, immer so von seinen Handlungen überzeugt. Also, was zum Teufel war mit ihm los?
Nikolais Augen wurden dunkel, ehe er wegsah. »Wir können später über meine Probleme sprechen. Wer hat dir das angetan?«
Murdoch ließ das Thema vorläufig fallen. »Ivo verfügt über Dämonen. Dämonen, die in Vampire gewandelt wurden. Sie sind so stark, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Er suchte nach jemandem, aber ich glaube nicht, dass es deine Braut ist. Es wird von einem ›Halbling‹ gemunkelt.«
»Wie viele?«
»Drei Dämonenvampire in seinem Gefolge, dazu noch andere Vampire. Zwei Dämonen haben wir erledigt, aber einer ist noch übrig.« Er blickte sich um. »Wo ist denn deine Braut?«
Nikolai zögerte. »Sie ist auf Blachmount. Wir … ich … « Er fuhr sich mit der Hand über sein ausgezehrtes Gesicht. Dann sprudelte es aus ihm heraus: »Seitdem ich von Mysts Blut gekostet habe, träume ich ihre Erinnerungen … «
Nur mit Mühe gelang es Murdoch, seinen Schock zu verbergen, als Nikolai weiterredete. Dann waren die Erinnerungen also tatsächlich dem Blut gefolgt. Warum aber waren seine Augen nicht rot? Ob Nikolai dies alles Kristoff beichten würde?
Durch diese Träume hatte Nikolai erfahren, dass Myst in der Vergangenheit eine berechnende Femme fatale gewesen war, die einen Liebhaber nach dem anderen unbarmherzig ausgenutzt und dann weggeworfen hatte. Außerdem hatte sie vor, Nikolai zu hintergehen. Sie gab vor, Gefühle für ihn zu entwickeln, während sie in Wahrheit ganz andere Motive für ihr Bleiben hatte.
Ehe Murdoch noch eine Erwiderung auf all das finden konnte, ließ Nikolai eine weitere
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