Immortals after Dark 08 - Flammen der Begierde
sich eine Flasche Bier und folgte ihr nach draußen, wo er sich neben sie stellte. Die Flasche hielt er, indem er den Zeigefinger um den Hals legte, was so … männlich war.
»Was glaubst du eigentlich, wohin du gehst?«, fragte er und verstaute seine Sonnenbrille in einer Tasche.
»Zurück in meine Kabine.«
»Ich werde dich mit Freuden dorthin begleiten.« Er nahm einen Schluck und legte seine freie Hand auf ihren unteren Rücken.
Sie fühlte sich wie ein zum Tode Verurteilter, der auf die Vollstreckung seines Urteils wartet. Dead Man Walking? Wohl eher Dead Walküre Walking . Jeder Schritt kostete sie Überwindung. Sie bekam kaum noch Luft und zitterte vor innerer Unruhe. Warum war sie bei ihren letzten Zusammentreffen bloß nie in der Lage gewesen, ihm zu widerstehen? Ein Teil von ihr wisperte: Es ist nicht er, dem du dich nicht widersetzen kannst – du selbst bist es.
Sie würde sich wieder einmal mit Gewalt gegen MacRieve zur Wehr setzen müssen. Aber wie nur? Wie konnte sie bloß an ihren Bogen gelangen und ihn dann vom Boot verjagen?
Zwischen MacRieve und ihr herrschte Schweigen, während um sie herum der Regenwald erwachte. Das Quaken der Frösche steigerte sich zu einem ohrenbetäubenden Crescendo, ehe abrupt wieder Stille eintrat, und dann begann das Ganze von Neuem. Insekten surrten und tschirpten, Brüllaffen kreischten.
MacRieve nahm noch einen Schluck Bier. »Ich hab noch nie im Leben so viele Wissenschaftler getroffen, die dringend mal flachgelegt werden müssten.«
»Was meinst du?«, fragte sie gegen ihren Willen.
Er blieb stehen und beugte sich vor, wodurch er sie gegen die Wand zurückdrängte. Seine freie Hand legte er über ihrem Kopf an die Wand. »Sieht so aus, als ob wir tief eindringen werden. Den jungfräulichen Busch penetrieren, immer wieder, bis wir endlich unser Ziel erreichen.«
Als er grinste, starrte sie auf seine Lippen, dann auf seine Augen, auf diese Lachfältchen. Sie war von diesem großen, starken Mann genauso fasziniert wie immer, aber diesmal gesellte sich Neugier auf seine Vergangenheit dazu. Ein Blick auf sein Gesicht verriet ihr, dass er in den Tagen, ehe er für immer in seiner unsterblichen Gestalt erstarrt war, viel Zeit in der Sonne verbracht und viel gelacht hatte.
Ein weiterer Schluck. Wollte er erst sein Bier austrinken, ehe er sie in die Kabine zurückbrachte, oder genoss er einfach nur den Sonnenuntergang?
»Diese Docs haben mehr Eier als Verstand. Die haben keine Ahnung, wie gefährlich es hier draußen ist.«
»Woher weißt du so viel über den Amazonas?«
»Zu meinem Leidwesen bin ich nur zu gut mit der grünen Hölle vertraut.« Er schien sich etwas entspannt zu haben, wenn er auch immer noch besorgt wirkte. »Als der Clan den Beschluss gefasst hatte, Schottland zu verlassen, war unter anderem das Amazonasbecken als Ort für unsere neue Ansiedlung im Gespräch. Jede Menge Platz zum Laufen, und in manchen Gegenden weit und breit kein Mensch. Klang perfekt.«
»Aber das war es nicht?«
»Als ich hierherkam, musste ich erfahren, dass der Amazonas sogar Unsterbliche umbringen kann. Es interessiert ihn nicht, wessen Leben er nimmt, und er ist stark genug, um jeden zu bekommen, den er sich aussucht.« Ihre Blicke trafen sich. »Er kann tödlich sein, selbst für uns.« Seine Brauen zogen sich zusammen, als wäre ihm gerade etwas eingefallen.
Ob er wohl jemanden verloren hatte, an dem ihm viel lag? Eine Geliebte? Die aufflackernde Eifersucht überraschte sie. Hatte er unter ebendiesem Himmel eine andere geküsst? Ihr Blick fiel auf seine Lippen.
»Du tust es schon wieder, Lousha.«
»Was?«
»Mich ansehen, als ob du von mir geküsst werden willst.«
Sie wurde rot. War sie so leicht zu durchschauen? »Träum weiter, Werwolf.«
»Das tue ich, ohne Unterlass.«
Hastig kehrte sie zum Thema zurück. »Hast du jemanden aus deiner Gruppe hier verloren?«, fragte sie.
»Nein, ich kam allein.« Sie blickte ihn fragend an. »Eine Art Buße, schätze ich. Man könnte darüber streiten … « Er verstummte und wandte den Blick von ihrem Gesicht ab, um den Fluss zu beobachten. Dann erstarrte sein Körper, seine Miene verhärtete sich, und seine Augen flackerten blau auf.
Mit purer Bösartigkeit musterte er die Umgebung, so als wollte er nicht nur jeden umbringen, der sie bedrohte, sondern auch dafür sorgen, dass es wehtat. Nicht zum ersten Mal dachte sie: Mögen die Götter jedem Geschöpf beistehen, das mir Böses will.
»Hast du auch das Gefühl,
Weitere Kostenlose Bücher