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Imperator 01 - Die Tore von Rom

Imperator 01 - Die Tore von Rom

Titel: Imperator 01 - Die Tore von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conn Iggulden
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dass du da drin bist«, rief er. Er hörte ein Schniefen. »Ich hab dich nicht treffen wollen. Es war nur ein Scherz. Ehrlich.«
    Langsam kam ein spindeldürrer kleiner Junge hinter einem Bündel Sackleinen hervor. Er war unglaublich schmutzig, seine Augen waren vor Angst weit aufgerissen.
    »Ich hab dich nur beobachtet«, sagte Peppis nervös.
    Marcus betrachtete ihn genauer und bemerkte eine kleine Kruste aus getrocknetem Blut unter seiner Nase und einen blauen Fleck über einem Auge.
    »Haben die Männer dich wieder verprügelt?«, fragte er und versuchte, seine Stimme freundlich klingen zu lassen.
    »Ein bisschen, aber es war meine eigene Schuld. Ich bin über ein Tau gestolpert und dadurch habe ich einen Knoten gelöst. Ich habe es nicht mit Absicht getan, aber der Erste Maat hat gesagt, er wird mich lehren, ungeschickt zu sein. Ich bin aber schon ungeschickt, deshalb habe ich gesagt, das muss mich niemand lehren, und dann hat er mich verprügelt.« Er schniefte wieder und wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. Eine silbrige Spur blieb darauf zurück.
    »Warum läufst du nicht im nächstbesten Hafen davon?«, fragte Marcus.
    Peppis streckte seine Brust so weit heraus, wie es ging, wodurch sich seine Rippen wie weiße Stangen unter der Haut abzeichneten.
    »Ich doch nicht. Ich will Matrose werden, wenn ich größer bin. Ich lerne die ganze Zeit, indem ich den Männern zusehe. Ich hätte das Tau heute wieder verknoten können, wenn mich der Erste Maat gelassen hätte, aber das konnte er ja nicht wissen.«
    »Soll ich mich mal mit diesem … mit dem Ersten Maat unterhalten? Und ihm sagen, dass er mit dem Prügeln aufhören soll?«
    Peppis wurde sogar noch blasser und schüttelte den Kopf. »Er würde mich umbringen, wenn du das machst, vielleicht auf dieser Reise oder vielleicht auch auf der Rückfahrt. Er sagt immer, wenn ich es nicht schaffe, Matrose zu werden, schmeißt er mich eines Nachts über Bord, wenn ich schlafe. Deshalb schlafe ich nicht in meiner Koje, sondern hier oben an Deck. Ich wechsle oft meinen Schlafplatz, damit er nicht weiß, wo er mich findet, wenn er meint, es ist so weit.«
    Marcus seufzte. Der Kleine tat ihm Leid, doch es gab keine einfache Lösung für seine Probleme. Selbst wenn er den Ersten Maat still und leise über Bord warf, würden die anderen Peppis weiter quälen. Sie beteiligten sich alle daran, und als Marcus Renius zum ersten Mal davon erzählt hatte, hatte der alte Gladiator gelacht und gesagt, so einen gäbe es auf jedem Schiff. Trotzdem ärgerte sich Marcus darüber, wenn dem Jungen wehgetan wurde. Er hatte nie vergessen, wie es war, der Gnade von Schlägertypen wie Suetonius ausgeliefert zu sein, und er wusste, dass er, wenn er und nicht Gaius die Wolfsfalle gebaut hätte, ihn mit Steinen beworfen und getötet hätte. Er seufzte erneut und stand auf, um seine müden Muskeln zu strecken.
    Wo wäre er wohl gelandet, wenn Gaius’ Eltern sich nicht um ihn gekümmert und ihn großgezogen hätten? Er hätte sich auch sehr gut an Bord eines Handelsschiffs verstecken und in die gleiche schreckliche Situation wie Peppis geraten können. Er hätte nie gelernt, wie man kämpft oder sich verteidigt, und die Unterernährung hätte auch ihn schwach und kränklich werden lassen.
    »Hör mal«, sagte er, »wenn ich dir schon nicht bei den Matrosen helfen darf, dann lass mich wenigstens mein Essen mit dir teilen. Ich esse sowieso nicht viel und habe immer einen Teil davon zurückgehen lassen, vor allem bei unruhiger See. In Ordnung? Bleib hier, dann bringe ich dir etwas.«
    Peppis nickte stumm und Marcus ging ein wenig fröhlicher unter Deck in seine enge Kabine, um Käse und Brot zu holen, die man ihm zuvor dort hingestellt hatte. In Wahrheit hatte er selber Hunger, doch er konnte auch ohne Essen auskommen; der kleine Junge hingegen war fast verhungert.
    Marcus ließ Peppis mit dem Essen allein und ging nach achtern zu den Steuerrudern, weil er wusste, dass der Erste Maat um Mitternacht das Ruder übernahm. Wie Peppis hatte er den richtigen Namen des Mannes nie erfahren. Alle nannten ihn nur nach seinem Rang, und er schien seine Arbeit gut zu machen, die Mannschaft mit harter Hand zu führen. Das kleine Schiff Lucidae hatte obendrein den Ruf, ehrlich zu sein, weil auf ihren Reisen nur sehr wenig Fracht verloren ging. Andere Schiffe mussten immer wieder derartige kleine Verluste abschreiben, um ihre Mannschaften bei Laune zu halten. Nicht jedoch die Eigner der Lucidae.
    Marcus’

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