Imperator 01 - Die Tore von Rom
sagt, ich wachse wie das Korn.«
Sein Vater nickte zur Antwort, und eine friedliche Stille machte sich zwischen ihnen breit, die anhielt, bis sie das Tor zum Gut erreichten. Gaius ließ sich vom Pferderücken gleiten und stieß das Tor weit genug auf, sodass sein Vater hindurchreiten konnte.
»Bleibst du dieses Mal länger zu Hause?«
Sein Vater stieg ab, zauste Gaius’ Haar und zerstörte so den glatten Sitz, an dem Gaius so sorgfältig mit Spucke gearbeitet hatte.
»Ein paar Tage, vielleicht sogar eine Woche. Ich wünschte, es wäre länger, aber es gibt etwas für die Republik zu tun.« Er hielt seinem Sohn die Zügel hin. »Bring den alten Merkur in den Stall und reibe ihn gründlich ab. Wir sehen uns, sobald ich das Gesinde inspiziert und mit deiner Mutter gesprochen habe.«
Gaius’ fröhlicher Gesichtsausdruck verdüsterte sich bei Aurelias Namen. Seinem Vater entging das nicht. Er seufzte, legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter und zwang ihn, ihn anzusehen.
»Ich würde ja gerne mehr Zeit außerhalb der Stadt verbringen, mein Junge, aber was ich tue, ist mir sehr wichtig. Verstehst du das Wort ›Republik‹ überhaupt?«
Gaius nickte und sein Vater sah ihn skeptisch an.
»Das bezweifle ich. Nicht einmal alle meine Mitsenatoren verstehen es richtig. Wir leben eine Idee, eine Regierungsform, die jedermann eine Stimme gibt, selbst dem einfachen Mann. Ist dir klar, wie ungewöhnlich das ist? Jedes andere kleine Land, das ich kenne, wird von einem König oder einem anderen Oberhaupt regiert. Der König gibt seinen Freunden Land und nimmt Geld von denen, die es sich mit ihm verscherzt haben. Das ist so, als ließe man ein kleines Kind mit einem Schwert herumspielen.
In Rom wird alles durch Gesetze geregelt. Die Gesetze sind noch nicht vollkommen oder so gerecht, wie ich sie mir wünschte, aber zumindest versuchen sie es. Und diesem Versuch widme ich mein Leben, denn er ist es wert – auch deines, wenn die Zeit gekommen ist.«
»Aber ich vermisse dich«, erwiderte Gaius, obwohl er wusste, dass das selbstsüchtig war.
Der Blick seines Vaters wurde hart, dann jedoch streckte er die Hand aus und raufte noch einmal Gaius’ Haar.
»Ich vermisse dich auch. Deine Knie sind schmutzig, und diese Tunika würde besser zu einem Straßenjungen passen, aber ich vermisse dich. Geh und wasch dich, aber erst nachdem du Merkur abgerieben hast.«
Er lächelte wehmütig und sah zu wie, sein Sohn mit dem Pferd davontrottete. Tubruk hatte Recht. Gaius war wirklich gewachsen.
Im Stall rieb Gaius die Flanken des Pferdes seines Vaters ab. Er wischte Staub und Schweiß fort und dachte dabei über die Worte seines Vaters nach. Diese Idee von einer Republik hörte sich gut an, aber es war bestimmt viel aufregender, ein König zu sein.
Jedes Mal, wenn Gaius’ Vater Julius längere Zeit weg gewesen war, bestand Aurelia auf einem formellen Mahl im lang gezogenen Triclinium. Die beiden Jungen saßen dann auf Kinderstühlen neben den Liegen, auf denen Aurelia und ihr Mann barfuß und lang ausgestreckt ruhten. Das Essen wurde von den Haushaltssklaven auf niedrigen Tischen serviert.
Gaius und Marcus hassten diese Mahlzeiten. Es war ihnen verboten, miteinander zu schwatzen, und so mussten sie bei jedem einzelnen Gang in quälender Stille verharren. Bevor sie nach etwas griffen, mussten sie den Tischdienern die Hände zum Abwischen hinhalten. Obwohl sie beide über einen gesunden Appetit verfügten, hatten sie gelernt, Aurelia nicht durch zu hastiges Essen zu kränken, also kauten und schluckten sie ebenso langsam wie die Erwachsenen, während die Abendschatten immer länger wurden.
Gebadet und in saubere Kleider gehüllt, fühlte sich Gaius in Gegenwart seiner Eltern unwohl. Ihm war heiß. Sein Vater hatte die Vertrautheit, mit der er ihm bei ihrem ersten Treffen auf der Straße begegnet war, abgelegt und sprach mit seiner Frau, als existierten die beiden Jungen überhaupt nicht. Immer, wenn er Gelegenheit dazu hatte, beobachtete Gaius seine Mutter genau, suchte nach Anzeichen des Zitterns, das einen ihrer Anfälle ankündigte. Am Anfang hatten sie ihm Angst eingejagt und ihn zum Weinen gebracht. Aber nach einigen Jahren hatte sich eine emotionale Hornhaut gebildet, und jetzt hoffte er manchmal sogar auf das Zittern, damit er und Marcus vom Tisch weggeschickt wurden.
Er versuchte zuzuhören und Interesse für die Unterhaltung zu zeigen, aber es ging ausschließlich um Gesetze und Stadtverordnungen. Sein Vater kam nie mit
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