Imperator 01 - Die Tore von Rom
unter seiner Fuchtel hat, ein Triumphzug verweigert worden. Er sagt, die Stadt hätte zu viel Umwälzungen erlebt, aber das ist nicht der eigentliche Grund. Was aber ist der eigentliche Grund?«
»Er will deine Männer nicht in der Stadt haben, unter welchem Vorwand auch immer«, sagte Gaius schnell.
»Gut. Was soll ich also tun?«
»Sie trotzdem in die Stadt bringen?«, riskierte Gaius eine Antwort.
Marius erstarrte. »Nein. Das hier ist meine geliebte Hauptstadt. Noch nie ist eine feindliche Streitmacht durch ihre Tore eingedrungen. Ich will nicht der Erste sein. Das wäre rohe Gewalt, und die ist immer riskant. Nein, ich werde darum bitten! In sechs Stunden bricht der Tag an. Ich würde vorschlagen, ihr schlaft ein wenig, meine Herren. Sagt nur einem der Sklaven Bescheid, wenn ihr in eure Gemächer gebracht zu werden wünscht. Gute Nacht.« Er lachte trocken auf, ging davon und ließ die vier allein zurück.
»Er …«, setzte Cabera an, doch Tubruk hielt warnend einen Finger in die Höhe und machte mit den Augen eine Bewegung zu den Sklaven hin, die unauffällig bereit standen.
»Das Leben hier dürfte nicht langweilig werden«, sagte er leise.
Gaius und Marcus nickten und grinsten sich an.
»Ich würde gerne sehen, wie er darum ›bittet‹«, meinte Marcus.
Tubruk schüttelte rasch den Kopf. »Zu gefährlich. Das geht bestimmt nicht ohne Blutvergießen ab, und ich habe euch nicht nach Rom gebracht, damit ihr gleich am ersten Tag getötet werdet! Wenn ich gewusst hätte, dass Marius etwas Derartiges plant, hätte ich den Besuch noch eine Weile hinausgezögert.«
Gaius legte ihm eine Hand auf den Arm. »Du warst ein guter Beschützer, Tubruk. Aber das will ich sehen. Das lassen wir uns nicht verbieten.«
Seine Stimme war ruhig, aber Tubruk starrte ihn an, als hätte Gaius geschrien. Dann entspannte er sich.
»Dein Vater war nie so tollkühn, aber wenn du fest entschlossen bist und Marius zustimmt, komme ich mit, um auf euch aufzupassen, so wie ich es immer getan habe. Cabera?«
»Wo sollte ich denn sonst hingehen? Ich wandele immer noch auf dem gleichen Pfad wie du.«
Tubruk nickte. »Dann bei Morgengrauen. Ich würde vorschlagen, dass ihr mindestens ein oder zwei Stunden vor Tagesanbruch aufsteht, um Dehnübungen zu machen und ein leichtes Frühstück einzunehmen.« Er stand auf und verbeugte sich vor Gaius. »Herr?«
»Du kannst gehen, Tubruk«, sagte Gaius mit ausdrucksloser Miene.
Tubruk ging.
Marcus hob eine Augenbraue, doch Gaius ignorierte ihn. Sie waren nicht allein und konnten nicht die gleichen lockeren Beziehungen pflegen wie auf dem Gut. Verwandt oder nicht, Marius’ Haus war kein Ort, an dem man sich gehen lassen konnte. Tubruk hatte sie mit seiner formellen Art daran erinnert.
Marcus und Cabera gingen kurz danach und ließen Gaius mit seinen Gedanken zurück. Er streckte sich auf der Liege aus und blickte in die nächtlichen Sterne über dem offenen Garten.
Er spürte, wie seine Augen feucht wurden. Sein Vater war tot, und er war bei Fremden. Alles war neu und anders und überwältigend. Jedes Wort musste genau überlegt werden, ehe es den Mund verließ, jede Entscheidung genau bedacht. Es war anstrengend, und nicht zum ersten Mal wünschte er sich, wieder ein Kind und ohne jede Verantwortung zu sein. Wenn er damals einen Fehler gemacht hatte, hatte er sich immer an andere wenden können, doch wer war jetzt noch für ihn da? Er fragte sich, ob sich sein Vater oder Tubruk wohl jemals so verloren vorgekommen waren wie er. Es schien nicht möglich, dass sie die gleichen Ängste gekannt hatten.
Als er sich wieder beruhigt hatte, stand er im Dunkeln auf und verließ leise den Raum, wobei er sich sein Ziel selbst kaum eingestand. Die Flure lagen still und scheinbar verlassen da, doch nachdem er nur ein paar Schritte gegangen war, trat ein Wachtposten auf ihn zu und sprach ihn an.
»Kann ich dir helfen, Herr?«
Gaius erschrak. Natürlich hatte Marius Wachen in seinem Haus und den Gärten aufgestellt.
»Ich habe heute eine Sklavin mitgebracht. Ich würde gerne nach ihr sehen, ehe ich schlafen gehe.«
»Ich verstehe, Herr«, erwiderte der Posten mit einem feinen Lächeln. »Ich zeige dir den Weg zu den Sklavenquartieren.«
Gaius knirschte mit den Zähnen. Er wusste, was der Mann dachte, aber wenn er jetzt noch etwas sagte, würde er seinen Verdacht nur noch verstärken. Schweigend folgte er ihm, bis sie zu einer schweren Tür am Ende des Gangs kamen. Der Soldat klopfte leise, und
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