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Imperator 01 - Die Tore von Rom

Imperator 01 - Die Tore von Rom

Titel: Imperator 01 - Die Tore von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conn Iggulden
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alten Platz seines Vaters einnehmen; man würde ihn hinauswerfen, und damit wäre alles vorbei. Mit Sicherheit waren die Blutsbande zu seiner Mutter ein wenig Hilfe wert, aber Gaius konnte sich nicht völlig sicher sein. Marius war der strahlende Legat, der seine Schwester hin und wieder besuchen kam, als Gaius noch klein war. Aber als sich ihre Krankheit verschlimmerte, waren die Besuche immer seltener geworden; seit dem letzten Besuch waren Jahre vergangen.
    »Gaius?« Marcus’ Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Komm raus und lass dich massieren. Du denkst schon wieder zu viel nach.«
    Gaius grinste seinen Freund an und erhob sich aus dem Wasser. Der Gedanke, sich seiner Nacktheit wegen zu schämen, kam ihm gar nicht erst. Niemand schämte sich deshalb.
    »Cabera? Hast du dich schon mal massieren lassen?«, fragte er den alten Mann, dem bereits die Augen zufielen, im Vorbeigehen.
    »Nein, aber ich probiere alles aus«, erwiderte Cabera und watete auf die Stufen zu.
    »Dann bist du hier in der richtigen Stadt«, lachte Tubruk mit geschlossenen Augen.
    Sauber und erfrischt, mit neuen Kleidern und etwas gegen den gröbsten Hunger im Magen, wurden die vier bei Sonnenuntergang zu Marius geführt. Als Sklavin durfte Alexandria sie nicht begleiten, worüber Gaius einen Augenblick lang enttäuscht war. Wenn sie bei ihnen war, wusste er kaum, was er zu ihr sagen sollte, aber wenn sie nicht da war, fielen ihm lauter geistreiche Dinge ein, an die er sich dann später nicht mehr erinnern konnte, wenn er sie aussprechen wollte. Er hatte den Kuss in den Stallungen ihr gegenüber nicht wieder erwähnt und fragte sich, ob sie genau so oft daran dachte wie er. Er verscheuchte die Gedanken an sie aus seinem Kopf, denn er wusste, dass er hellwach und konzentriert sein musste, wenn er einem Konsul von Rom gegenübertrat.
    Ein wohlbeleibter Sklave hielt sie vor der Tür zu dem Zimmer auf und nestelte an ihrer Kleidung herum, zog einen geschnitzten Elfenbeinkamm hervor, um Marcus’ Locken zu bändigen und rückte Tubruks Überwurf gerade. Als sich seine fleischigen Finger Cabera näherten, schossen die Hände des alten Mannes vor und schlugen sie zur Seite.
    »Nicht anfassen!«, sagte er giftig.
    Das Gesicht des Mannes blieb ausdruckslos, und er fuhr fort, die anderen zurechtzumachen. Schließlich war er es zufrieden, auch wenn er sich einen strengen Blick auf Cabera gestattete.
    »Der Herr und die Herrin sind heute Abend anwesend. Verbeugt euch zuerst vor dem Herrn, während ihr euch vorstellt, und richtet den Blick während der Verbeugung zu Boden. Dann verbeugt euch vor Frau Metella, ein paar Fingerbreit weniger tief. Falls euer barbarischer Sklave es wünscht, kann er auch ein paarmal mit dem Kopf auf den Boden schlagen.«
    Cabera öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch der Sklave drehte sich um und stieß die Türen auf.
    Gaius trat als Erster ein. Er erblickte einen prächtigen Raum mit einem Garten in der Mitte, der zum Himmel hin offen war. Um das Rechteck des Gartens herum befand sich ein Säulengang, von dem weitere Zimmer abgingen. Weiße Steinsäulen trugen den Überhang des Dachs, und die Wände waren mit Szenen aus der römischen Geschichte bemalt: die Siege Scipios, die Eroberung Griechenlands. Marius und seine Frau Metella hatten sich erhoben, um ihre Gäste zu empfangen, und Gaius, der sich plötzlich sehr jung und verlegen fühlte, zwang sich zu einem Lächeln.
    Als er näher trat, sah er, wie ihn der Mann musterte, und fragte sich, zu welchen Schlüssen er wohl gelangen mochte. Marius selbst machte eine eindrucksvolle Figur. Als Legat Hunderter Feldzüge trug er eine lose Toga, die seinen rechten Arm und die Schulter unbedeckt ließ und den Blick auf gewaltige Muskeln und ein schwarzes Geflecht von Haaren auf Brust und Unterarmen freigab. Er trug keinerlei Schmuck oder Ziergegenstände, als wären solche Dinge für einen Mann von seiner Statur nicht vonnöten. Aufrecht stand er da und strahlte Stärke und Willenskraft aus. Sein Gesichtsausdruck wirkte streng; dunkelbraune Augen funkelten unter dichten Brauen hervor. Jeder seiner Gesichtszüge verriet die Stadt seiner Geburt. Er hatte die Hände hinter dem Rücken gefaltet und sagte nichts, als Gaius vor ihn trat und sich verbeugte.
    Metella war einmal eine Schönheit gewesen, doch die Zeit und die Sorgen hatten sich in ihr Gesicht eingegraben, die Falten eines namenlosen Kummers hatten sich mit den Krallen einer alten Frau an ihrer Haut zu schaffen

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